Andrea Nahles erteilt Trennung von Kirche und Staat Absage

Die SPD präsentiert sich in letzter Zeit immer wieder (Sigmar Gabriel, Frank-Walter Steinmeier) als der politische Arm der christlichen Kirchen. Diesmal spielte die Generalsekretärin der SPD, Andrea Nahles, die 5. Kolonne der katholischen Kirche. Sie sieht in der strikten Trennung von Staat und Kirche

weder eine hinreichende noch eine notwendige Bedingung von Demokratie


Allein durch Trennung von Staat und Kirche erhält man natürlich keine Demokratie, Letztere ist weitaus mehr und nicht nur ein anderes Wort für „Trennung von Staat und Kirche“, aber sie ist genau dann eine Voraussetzung, wenn in einer Gesellschaft mehrere Weltanschauungen vertreten sind. Darüberhinaus sind monotheistische Religionen mit ihrem totalitären Anspruch auf den alleinigen Besitz der Wahrheit bereits im Kern undemokratisch angelegt. Deshalb gibt es keinen Grund zu der Annahme, daß die Kirchen der Demokratie in irgendeiner Art förderlich sein könnten. Bisher waren sie es jedenfalls nicht.

Außerdem scheinen Frau Nahles die Grundprinzipien unserer Republik und des Grundgesetzes fremd zu sein. Gegenwärtig leben wir hier in Deutschland in einer pluralistischen Gesellschaft, mit einem kontinuierlichen Spektrum vom fanatischen Gläubigen über jeden Grad von Spiritualität bis hin zu Ungläubigen. Die derzeitige enge Verflechtung von Staat und Kirche stellt eine nicht zu rechtfertigende Bevorzugung der christlichen Kirchen dar. Ihr Einfluss auf Politik und Gesellschaft durch Entsendung ihrer Vertreter in Kommissionen und Gremien spiegelt nicht mehr die Lebenswirklichlkeit der Mehrheit der Bürger wieder. Darüberhinaus ist im Grundgesetz ein Neutralistätsgebot vorgeschrieben, welches durch die Bevorzugung der Kirchen permanent verletzt wird.

ein strenger Laizismus verzichte sogar auf alle Möglichkeiten, Religionen „an ihr friedensstiftendes und integrationsförderndes Potenzial zu erinnern“

Jetzt müssen die ach so friedliebenden Religionen also regelmäßig durch den Staat an ihr friedensstiftendes Potential erinnert werden? Das ist wohl eher das Argument für eine strikte Trennung von Staat und Kirche. Der laizistische Staat gibt die Regeln vor und alle haben sich daran zu halten. Es gibt keinen Grund den Kirchen hier eine Sonderrolle zuzugestehen. Immer dann wenn in einer Gesellschaft mehr als ein spirituelles Angebot vorhanden war, trugen Religionen durch ihren jeweiligen Wahrheitsanspruch mehr zur Spaltung von Gesellschaften bei. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Von Religionskriegen scheint Frau Nahles auch nie etwas gehört zu haben.

In der SPD hätten „Humanisten, Atheisten und Konfessionslose genauso ihren Platz wie Juden, Christen, Muslime“. Freiheit sei nach dem Verständnis der Partei „immer auch die Freiheit der Andersdenkenden“

Wenn dem so sein soll, dann folgt daraus aber zwingend, daß es auch eine Gleichbehandlung der Denkrichtungen geben muß und eben keine Bevorzugung einzelner Gruppen.

Ein strikter Laizismus sei nicht besser in der Lage, neue religiöse Gemeinschaften wie etwa den Islam besser zu integrieren.

Die Doppelzüngigkeit von Frau Nahles ist bezeichnend. Es geht ihr nur um die Erhaltung der Vormachtstellung der christlichen, in ihrem speziellen Falle der katholischen, Kirche(n). Alle anderen Gruppierungen sind integrationsbedürftig. Sie plädiert hier ganz offen gegen das Neutralitätsgebot des Grundgesetzes. Die eigentliche Antwort auf die Frage, warum das Christentum überhaupt besser geeignet sein soll etwas zu integrieren als der Laizismus bleibt sie schuldig. Es hört sich an, als ob ihre Hoffnung in der Missionierung liegt.
Allein die Idee, eine Religionsgemeinschaft durch eine Andere integrieren zu wollen, ist – gelinde gesagt – wenig durchdacht. Auch hier gilt das oben gesagte, der Laizismus gibt die Regeln für alle vor, dabei ist es vollkommen irrelevant welcher Weltanschauung sich jemand zugehörig fühlt. Gerade hier gibt es Einiges zu tun (z. B. Kirchensteuer, Religionsbekenntnis auf der Lohnsteuerkarte, kirchliches Arbeitsrecht etc.)

Über Religion müsse auch öffentlich gestritten werden können, „um fundamentalistischen Tendenzen offen begegnen zu können“

Aus welchem tieferen Grunde sollte eine Verflechtung von Staat und Kirche (hier: christlich) das öffentliche Streiten über Religion erst ermöglichen? Es ist doch viel mehr so, daß eine öffentliche Diskussion über Religion durch die Bevorzugung einer oder mehrerer Religionsgemeinschaften eher unterdrückt wird. Die SPD selbst liefert doch mit dem Verbot eines Arbeitskreises für Laizismus ein Beispiel für die Behinderung eben dieser Diskussion. Auch im öffentlich-rechtlichen Fernsehen haben es religionskritische Themen schwer, weil Vertreter der christlichen Kirchen in den Gremien sitzen.
Träfe ihr Argument tatsächlich zu, müßte der Staat mit allen Religionsgemeinschaften eine Verflechtung eingehen, und diese Verflechtung müßte umso enger sein, je eher bzw. stärker mit fundamentalistischen Strömungen zu rechnen ist. Kurz gesagt: Verfassungsfeinde an die Macht!

Und wenn ein Teil der Bevölkerung zentralen Werten der Gesellschaft die Zustimmung verweigert, entsteht für den Zusammenhalt der Gesellschaft ein ernsthaftes Problem

Dem kann man nur zustimmen. Nur scheint sie nicht zu erkennen, daß sie selbst — wie der gesamte Vorstand der SPD — eben zu denjenigen gehören, die den zentralen Werten einer pluralistischen Republik und dem Grundgesetz ihre Gefolgschaft verweigern. Das sich Deutschland mit seinen Parteien ein ernsthaftes Problem eingehandelt hat, ist unübersehbar.

Andrea Nahles befindet sich übrigens mit ihren unsinnigen Aussagen in Übereinstimmung mit der von Sigmar Gabriel verkündeten Parteilinie:

Der Parteivorstand hat schlicht beschlossen, dass kein Arbeitskreis in seinem Auftrag die strikte Trennung von Kirche und Staat propagieren soll, weil es nicht Mehrheitsmeinung in unserer Partei ist.

Wenigstens mal eine klare Positionierung und ein weiterer Grund die SPD nicht zu wählen.

Nachtrag 11.02.2012:

Auch interessant zu diesem Thema:

Nachtrag 25.03.2019:

Die SPD möchte weiterhin die Partei der Religionen bleiben, immerhin ein Gebiet bei dem sich die SPD treu bleibt:

Während Christen, Muslime und Juden eigene Foren in der Partei haben, ist für Atheisten kein Platz. Sie dürfen auch nicht als „Sozialdemokraten“ auftreten.

Im vergangenen Jahr nun befasste sich der SPD-Parteivorstand mit dem Antrag der „Säkularen Sozis“ auf einen „Arbeitskreis Säkularer SozialdemokratInnen“. Bescheid: negativ.

Gleichberechtigung nach Art des Sozialismus, alle haben gleiche Rechte, bis auf die, die anderer Meinung sind. Sozialismus wie er leibt und lebt braucht halt Massenorganisationen um das Volk zu steuern.

8 Kommentare

  1. Nic sagt:

    Weil ich es gerade via Kontaktformular sagte… hier ein Beispiel: http://nicsbloghaus.org/2012/02/08/andrea-nahles-gegen-trennung-von-staat-und-kirche/ 🙂

  2. […] anders, aber auch die FDP und in den letzten Jahren besonders die SPD frömmeln massiv (Gabriel, Nahles, Steinmeier) und das bei einer immer weiter zunehmenden Säkularisierung der Bevölkerung. Auch die […]

  3. Ferhard sagt:

    Hallo,
    ich bin eigentlich eher durch Zufall auf Ihre Seite gekommen. Nachdem ich mich ein wenig durchgelesen habe, muss ich sagen Ihre Seite gefällt mir sehr. Ich werde in Zukunft öfters mal vorbei schauen!

    Viele Grüße aus Sinsheim

  4. […] Feuerwächter » Andrea Nahles erteilt Trennung von Kirche und Staat Absage […]

  5. […] sich eine SPD-geführte Landesregierung, unter Anregung und Zustimmung der CDU, als Speerspitze der Gegenaufklärung. Nachdem bereits NRW mit Beginn des Schuljahres einen bekenntnisorientierten islamischen […]

  6. […] an erster Stelle, denn es gibt eine ungeschriebene, aber parteiübergreifende Allianz (bspw. SPD, Grüne), sich einer weiter zunehmenden Säkularisierung mit aller Kraft zu widersetzen und […]

  7. […] Nahles (SPD) spricht sich ausdrücklich gegen eine Trennung von Staat und Kirche […]

  8. […] einer großen Zahl an Politikern und Amtsinhabern mit der Kirche, von denen sich einige sogar offen gegen eine Trennung von Staat und Kirche aussprechen. Trotz dieser unschönen Verfilzung bleibt die Tatsache bestehen, dass die katholische […]

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