Will mich die Gesellschaft?

Werbeplakat: „Will mich die Gesellschaft?“

Werbeplakat: „Will mich die Gesellschaft?“

Die Plakataktion des Juga-Projektes ist gestartet und das erste Plakat auf welches man stößt, zeigt eine ziemlich eingepackte junge Frau, offensichtlich eine Mohammedanerin, mit der Frage „Will mich die Gesellschaft?“. Die Bildunterschrift verrät uns darüberhinaus noch, daß sie Houda heiße, ihre Konfession muslimisch und sie von Beruf Studentin der Wirtschaftswissenschaften sei.

Abgesehen von der Tatsache, daß es gerade in Mode zu sein scheint diese Frage zu stellen (Charlotte Knobloch: Wollt ihr uns Juden noch?), sollte man auf klare Fragen klare Antworten geben. In diesem Falle lautet die Antwort schlicht Nein! Houda stellt sich selbst als angehende Wissenschaftlerin¹ dar, hängt aber gleichzeitig (mindestens) einer vollkommen irrationalen, hochdogmatischen Ideologie an. Religion und Wissenschaft sind nicht miteinander vereinbar und die Vergangenheit hat gezeigt, daß im Zweifelsfalle Gläubige, egal welcher Theofiktion sie anhängen, die wissenschaftlichen Erkenntnisse beugen, um die religiösen Dogmen zu retten. Warum also sollte eine sich zunehmend säkularisiernde Gesellschaft diese offensichtlich tiefreligiöse Frau wollen?

Es gibt aber noch einen anderen Punkt, der sich aber nicht aus dem Plakat selbst erschließt, sondern erst aus den Zielen des dahinter stehenden Juga-Projektes:

JUGA ist eine Initiative junger, gläubiger, aktiver Muslime, Juden, Christen und Bahá’í, die im Rahmen des JUMA-Projektes entstanden ist. Wir JUGAs setzen uns für ein respektvolles Miteinander und ein friedliches Zusammenleben ein. Wir lehnen die Instrumentalisierung und den Missbrauch unserer Religionen ab.

Weiterhin wollen sie mit der Plakataktion für Weltoffenheit und Toleranz werben. Unter diesem Aspekt hat das Plakat mit seiner Frage schlicht und ergreifend das Thema verfehlt, denn Toleranz und Wollen sind zwei Dinge die miteinander nichts zu tun haben. In einer freiheitlichen Gesellschaft hat jeder für sich das Recht nach seiner Façon zu leben. An Grenzen stößt er jedoch dann, wenn er die Freiheiten Anderer einzuengen beginnt. Solch eine Gesellschaft verhält sich tolerant (im modernen Sinne des Wortes)², dies bedeutet aber nicht zwangsläufig, daß sie alle diese Verhaltensweisen auch als nützlich, förderungswürdig oder als gewollt ansehen muß.

Konkret bezogen auf das Plakat bedeutet dies, daß Houda selbstverständlich das Recht hat ihre Religion auszuüben — sofern selbige nicht gegen das Grundgesetz und die Menschenrechte verstößt —, Verschleierung und Selbstschädigung inklusive, und zu studieren, aber es bedeutet eben nicht, daß wir ihre Lebensweise und Weltanschauung auch wollen müssen, nur tolerieren — gewährenlassen — müssen wir sie. Desweiteren schließt der Toleranzgedanke die Freiheit der Anderen ein, eine Weltanschauung zu hinterfragen, Unfug als Solchen zu benennen und auch Spott zu äußern. Es gibt keine „Naturschutzgebiete“ für Weltanschauungen!

Zu guter Letzt halte ich es für äußerst zweifelhaft, daß ein offensichtlich religiöses Projekt aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird. Wundern tut es mich allerdings nicht wirklich.

Nachtrag 03.11.2012:
Was herauskommt, wenn Religiöse der Meinung sind Wissenschaft zu betreiben, zeigt derzeit Prof. Alparslan Açıkgenç von der Technischen Universität Yıldız in Istanbul.


1Ich spare mir an dieser Stelle die Diskussion, ob es sich bei den praktizierten Wirtschaftswissenschaften überhaupt um Wissenschaft handelt.

2Von seinem Ursprung her bedeutete tolerare, etwas eigentlich nicht Hinnehmbares zu erdulden, somit also genau das Gegenteil von Wollen.

Ein Kommentar

  1. […] Wehklagen bei der Berliner grünen Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, dabei sind doch alle Kulturen gleichwertig und müssen mit ihren Eigenheiten in der diversen Gesellschaft akzeptiert werden. So ist das nun einmal in einer bunten Gesellschaft, mit ihrer Realitätsblindheit, die jeden hereinlässt, aber auf gar keinen Fall irgendjemand abschieben will, egal wie er sich er auch benommen hat. Man ist halt tolerant, ganz im Sinne des Wortes tolerare. […]

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