An mehreren Stellen wurde berichtet (Wall Street Journal, Telepolis), daß der Ende letzter Woche zur Ausreise aufgeforderte US-Geheimdienstkoordinator sich offenbar noch in Deutschland aufhält und wohl keine Anstalten zur Ausreise macht. Dafür von mir ein ernstgemeintes „sehr gut, weiter so Amerika“ über den Atlantik!
Ein Affront gegen die Bundesregierung, sicherlich, aber selbstverschuldet, denn es wurde keine offizielle Frist gesetzt. Dennoch ist dies im Grunde das Beste was passieren konnte, sagt es doch ohne Worte sehr viel über die viel beschworene, ach so alternativlose deutsch-amerikanische Freundschaft aus. Die Amerikaner zeigen hiermit ganz offen, daß ihnen weder an einer spannungsfreien Beziehung auf Augenhöhe und schon gar nicht an einem Überdenken ihrer Strategie gelegen ist. Letzteres hatten sie in den vergangenen Monaten schon des Öfteren betont. Es interessiert sie schlicht und ergreifend nicht, wie hier über die Bespitzelung gedacht wird. Sie legen ein Verhalten wie ein trotziges Kind an den Tag.
Diese offen zur Schau gestellte Missachtung hat durchaus das Potential auch den ein oder anderen hartgesottenen Transatlantiker zum Nachdenken anzuregen, einige fangen schon an, andere sind verunsichert, da sie nicht wissen, wie sie sich der Bespitzelung entziehen sollen. Noch ist die Bundesregierung nicht blamiert, das hängt jetzt von ihrem weiteren Verhalten ab. Hier kann sie jetzt zeigen, ob sie zu souveränem Handeln fähig ist, denn Souveränität bekommt man nicht, sondern man nimmt sie sich. Wenn sie ihr Gesicht nicht vollends in dieser Spionageaffäre verlieren will, muss sie jetzt den Geheimdienstkoordinator zur persona non grata erklären und eine Ausreisefrist von 72 Stunden setzen. Aber bereits jetzt hat die Bundesregierung die Möglichkeit endlich handfeste Maßnahmen gegen die Agentennester in Deutschland einzuleiten, wenn sie denn will und den Mut dazu findet. Die USA manövrieren die Bundesregierung in eine echte Zwickmühle. Einerseits haben die bisherigen Bundesregierungen das amerikanische Protektorat Germany weitestgehend im Sinne der USA geführt, andererseits kann die Situation schnell kippen, wenn die Bevölkerung nicht mehr mitspielt und ihre Apathie aufgibt. Bei einer Revolte gegen die Bundesregierung, könnten die Amerikaner am Ende auch leer ausgehen. Meines Erachtens pokern die USA sehr hoch, zu hoch, denn je länger sich die Affäre hinzieht, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, daß sich die Stimmung vollends gegen die USA dreht. Die Zeit spielt gegen die USA. Es ist immer ein Fehler jemanden ohne Ausweg derart in die Enge zu treiben, daß kann ungeahnte Kräfte entfesseln und im Grunde haben die USA schon längst die Kontrolle über die Affäre verloren.
Wie schon an anderen Stelle von mir geschrieben, das Problem liegt nicht in den USA, sondern bei uns. Im Verhalten der Bundesregierung, im Umgang und vor allen Dingen im Stellenwert moderner Technologien. Die Spionageaffäre könnte den Anstoss dazu geben, in Deutschalnd eine IT-Industrie aufzubauen, die auch den Namen verdient. Ich fürchte aber, mit den funktionalen Analphabeten im Bundestag wird das nicht gelingen.
Ich persönlich empfinde dieses diplomatische Hin und Her als Sandkastenspielereien, lösen sie doch kein einziges Problem. Selbst wenn der Koordinator ausreiste, änderte das nichts an der Massenbespitzelung der Bevölkerung. Zunächst wird sein Stellvertreter in der Botschaft seinen Job wie gehabt weiterführen und in ein paar Tagen ist ein neuer Koordinator da. Den könnte man zwar auch wieder ausweisen, aber das hätte dann schon etwas von „ewig grüßt das Murmeltier“. Problemlösend sind nur aktive Maßnahmen gegen die Ausspähung. Einstellung des Datenaustausches mit den USA (BND, Swift) und der Verhandlungen über das Freihandels- und verwandter Abkommen, Festnahme bekannter Spione ohne Diplomatenstatus, bis hin zu Störsendern an den Stützpunkten und Kappung von Datenleitungen und der Energieversorgung.
Nachtrag 18.07.2014:
Inzwischen hat der Stationschef Deutschland doch noch verlassen. Auf das Bespitzeln der Massen geht unverändert weiter, weil sich die Bundesregierung nicht traut (trauen kann) durchzugreifen.
[…] schon widerholt geschrieben (hier & hier), das Problem liegt nicht bei Greenwald, Snowden, der NSA oder den USA. Sondern einzig […]