Wir begrüßen ein neues Mitglied in der „Hall of Shame“ urbaner Architektur: „Mall of Berlin“

„Mall of Berlin“ Eingang Leipziger Platz.

„Mall of Berlin“, Eingang Leipziger Platz.

Mit großer Verzögerung, wie sollte es in Berlin auch anders sein, wurde am vergangenen Wochenende ein weiterer Konsumtempel mit 270 Geschäften auf 76.000 m², diesmal buchstäblich mitten in der Stadt am Leipziger Platz, eröffnet: die „Mall of Berlin“. Ein wesentlicher Grund für die Verzögerung dürfte ein Wassereinbruch im daneben liegenden U-Bahntunnel beim Ausheben einer der Baugruben gewesen sein.

Die Namenswahl „Mall of Berlin“ ist wohlüberlegt, denn führte sie nicht „Berlin“ in ihrem Namen, wüßte man tatsächlich nicht wo man sich befindet und man hätte es beim Verlassen binnen Sekunden auch wieder vergessen.

Das Archtitekturbüro hat sich innen wie außen sträflich genau an die Vorgaben moderner Berliner Architektur gehalten und ihnen oberste Priorität eingeräumt. So ist es auch hier erfolgreich gelungen eine weitere klaffende Brache in der Mitte Berlins durch exellente Einfaltslosigkeit mit urbaner Langeweile zu füllen. Man scheut sich auch nicht seine Ideenlosigkeit im direkten Vergleich herauszustreichen, werden doch die unvermeidlichen Leerflächen im Inneren eines solchen Bauwerkes mit historischen Fotografien des an gleicher Stelle gestandenen, während des 2. Weltkrieges zerstörten, Wertheim geschmückt.

Passage der „Mall of Berlin“ im Mittelteil mit dem Bundesrat im Hintergrund.

Passage der „Mall of Berlin“ im Mittelteil mit dem Bundesrat im Hintergrund.

Löst sich die Starre der Ehrfurcht von der, vom Rest des Platzes tradierten, architektonischen Belanglosigkeit, eröffnet sich dem Besucher nach dem Betreten ein vollkommen anderes Reich, welches die Sinne erregt. Man ist geradezu überwältigt von dem Ausmaß entfesselter Banalitäten. Als echten Dienst am Kunden hat man im Inneren durch Weiterführung des globalen Trends auf einen hohen Wiedererkennungswert gesetzt, in dem man nur die auserlesenen Filialen der immer gleichen, üblichen Verdächtigen (wie C&A, Deichmann, H&M, Saturn, Zara etc. pp.) hat einziehen zu lassen. Für Irritationen bei den Kunden dürfte allenfalls sorgen, daß die Läden auf anderen Stockwerken liegen. Hier offenbaren sich noch enorme Potentiale in der Standardisierung unseres Lebensumfeldes.

Dem Konsum wird die gelungene Kombination aus äußerer Belanglosigkeit und innerer Banaltät vielleicht keinen Abbruch tun, denn nichts gereicht dem Wesen der gemeinen Teutonin mehr zum Vergnügen, als einen erheblichen Teil des monatlichen Haushaltsbudgets für den Erwerb immer neuer Produkte aus der Kategorie „Fashion & Styling“ zu verpulvern — wofür ihr hier rund 120 Läden zur Verfügung stehen —, um in immer neuen Variationen abenteuerlicher Kombinationen ihren schlechten Geschmack immer wieder erneut unter Beweis zu stellen.


Disclaimer:
Es sind keine Interessenkonflikte erkennbar. Weder wurde der Beitrag gesponsort, noch steht der Autor in irgendeiner Beziehung zu den Eigentümern, Planern oder Erbauern.

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