Falsche Vorstellungen von Deutschland

Ich gebe hier einfach mal wieder, welche Auffassungen Schwarzafrikanerinnen, die schon lange in Deutschland leben (Heirat) bei Besuchen in der alten Heimat Westafrika über Deutschland zu hören bekommen.

  • Deutsche gelten grundsätzlich alle als reich. Begründet wird diese Vorstellung mit den (vergleichsweise wenigen) Touristen die Schwarzafrika besuchen. Der Einspruch, daß es sich dabei einerseits um eine selektive Auswahl handelt, andererseits da teilweise auch Menschen dabei sind, die sich den Urlaub hart zusammgespart haben und im Alltag keineswegs ein Leben wie im gebuchten afrikanischen Hotel führen, wird vom Tisch gewischt. Allein die Tatsache, daß sie sich einen Hin- und Rückflug leisten konnten, katapultiert sie in die Klasse „reich“ und mit ihnen das ganze Volk.

    Ein Punkt der durchaus auch meinen Erfahrungen bei Reisen in andere Teile der Welt entspricht.

  • Viele die hierher kommen wollen, äußern durchaus die feste Absicht arbeiten zu wollen, um Geld nach Hause schicken zu können. Das Argument, daß man hier einfach so Geld bekommt wird wohl nicht geäußert, allenfalls wird die Krankenversorgung erwähnt, für den Fall, daß mal etwas passieren sollte. Interessant wird es auf Nachfrage, welche Tätigleiten sie ausüben wollen. Hier gibt es zwei Gruppen, die, die in ihren Heimatländern bereits einfache handwerkliche Tätigkeiten ausüben und die ungelernten Tagelöhner, die sich ihrem Mangel an Ausbildung bewusst sind.
    Die Handwerker sind der festen Überzeugung ihre (einfache) Tätigkeit auch in Deutschland weiter ausüben zu können, nur eben zu deutlich besseren Bedingungen. Die Idee, daß viele der in Westafrika ortsüblichen Tätigkeiten hier (so) nicht benötigt werden und sie auch nicht konkurrenzfähig wären ist meist nicht vermittelbar („ich kann hart arbeiten“). Die ungelernten Tagelöhner wissen zwar, daß ihnen eine Ausbildung fehlt, gehen aber davon aus, hier entweder etwas lernen zu können oder wenigstens eine feste Anstellung mit einer einfachen Tätigkeit bekommen zu können. Daß man sich in Deutschland nicht einfach so an den Straßenrand oder auf ein wildes Grundstück setzen kann und dort seine Dienste anbieten und ausführen darf, wird nicht Ernst genommen. Überhaupt ist ihnen die Vorstellung, daß viele einfache Tätigkeiten nicht durch ein Heer an Dienstboten erledigt wird, nicht eingängig. Dienst-, Garten- und Wachpersonal sowie Reinigungskräfte aller Art würden schließlich immer benötigt. Daß sie in Deutschland vollkommen überflüssig sein werden, verstehen sie nicht oder wollen es vielleicht auch nicht wahrhaben. Man könnte es wohl als blinden Optimismus bezeichnen.
  • Die Vorstellungen zu Unterkunftsmöglichkeiten sind ebenfalls eher unrealistisch. Man weiß, daß hier keine afrikanischen Temperaturen herrschen, aber das Problem könne man mit warmer Kleidung lösen. Daher wird anfangs auch nur eine kleine, einfache Unterkunft benötigt, selbst eine Heizung muss nicht unbedingt sein, wie gesagt warme Kleidung löst das Problem. Das Heizmaterial kostet Geld, welches man anderweitig besser einsetzen könne. Viele haben keine Vorstellung davon, was Winter in Deutschland tatsächlich bedeutet bzw. bedeuten kann. Es hat übrigens Fälle gegeben, die das so ausprobiert haben, aber sich nach ein paar Wochen nach Herbstbeginn bei Freunden Hilfe holen mussten. Das Argument, daß man in Deutschland vom Staat eine Wohnung gestellt bekommt, wird hingegen nicht vorgebracht.

Diesen Vorstellungen mögen nicht alle anhängen und stammen auch aus Westafrika, aber es besteht nicht unbedingt Grund zur Annahme, daß andernorts ein realistischeres Bild über Deutschland herrschen könnte.

Die Gründe nach Deutschland zu gehen sind allesamt nachvollziehbar, die Hoffnung auf ein besseres, sichereres Leben. Ein Auskommen für einen selbst und die Möglichkeit Geld an die Familie in Afrika schicken zu können.

Nachtrag 14.10.2015

Offenbar räumen die aktuellen Nachrichten aus Deutschland in Westafrika Restzweifel aus und lassen noch mehr ihre Koffer packen.

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