Bei Anne Will: Sanktionen gegen die USA

In der Talkshow „Anne Will“ fiel gerade das Stichwort von Sanktionen gegen die USA, als Reaktion auf die Abschottungsversuche und angedrohten Importzölle, bspw. die 35% für in die USA importierte deutsche Autos, von Donald Trump. Was für eine Arroganz und Überheblichkeit auf europäischer Seite, eine vollkommen praxisferne Idee. Spielen wir mal einen transatlantischen Handelskrieg gedanklich durch.

Autoindustrie

In Europa werden massenweise Fahrzeuge sowohl für den Binnenmarkt, als auch für den Export gebaut und verkauft, wohingegen nur ein vernachlässigbar geringer Anteil der Europäer amerikanische Importfahrzeuge kauft, d.h. für amerikanische Konzerne ist der europäische Markt gut verzichtbar. Im Gegensatz dazu dürften der europäischen, speziell der deutschen Autoindustrie erhebliche Einbußen ins Haus stehen. Allerdings sind die amerikanischen Unternehmen in der Lage den inneramerikanischen Bedarf an Fahrzeugen, wenn auch mit qualitativ deutlich Schlechteren, vollumfänglich zu bedienen. Fiele der Fahrzeugimport weg, geht in den USA niemand zu Fuß, aber in Deutschland liefen die Bänder langsamer. Ergebnis: Europa benötigt den amerikanischen Markt, dieser aber nicht den Europäischen.

Contentindustrie

Die eurpopäischen Medien (Radio, Kino, TV, Tonträger) sind geradezu durchtränkt mit amerikanischen Produkten, wohingegen europäische Produkte dieser Klasse auf dem amerikanischen Markt keine relevante Rolle spielen. Ein Handelskrieg würde unter finanziellem Gesichtspunkt klar zu Lasten der amerikanischen Contentindustrie gehen, jedoch wäre der verbleibende amerikanische Markt groß genug und bereits jetzt für die Unternehmen der Wichtigere von Beiden. Es steht nicht zu erwarten, daß die Produktion der Contentindustrie wesentlich abnimmt, da nicht speziell für den europäischen Markt produziert wird.

IT-Produkte

Taucht man in die wuderbare Welt der Informationstechnologie ein, stellt man schnell fest, daß sich die europäischen Länder de facto auf dem Stand von Entwicklungsländern befinden. Wird Facebook abgeschaltet, freuen sich Heiko Maas und Konsorten zunächst, denn das Problem der „Hate Speech“ wäre kurzfristig erstmal scheinbar vom Tisch und ohne Google gingen dem einzelnen Bürger bereits wesentliche Teile seiner kommunikationstechnischen Infrakstruktur verloren. Die alternativen Suchmaschinen sind leider auch fest in amerikanischer Hand, so daß es in Europa zu erheblichen Problemen beim Auffinden von Inhalten im Netz käme. Politiker hier werden dann beklagen, daß das Internet kaputt sei, dabei funktioniert es weiterhin, nur halten sie Facebook und Google für das Internet. Richtig lustig wird es mit einiger zeitlicher Verzögerung, wenn keine Produkte von Microsoft mehr geliefert und deren Server abgeschaltet würden. Dann stünden in Europa nämlich Behörden, sonstige öffentliche Verwaltungen, Nah- und Fernverkehrsmittel sowie weite Teile der Wirtschaftsbetriebe still. Das würde die USA sicherlich beeindrucken und zum Einlenken bewegen.

Bei der Hardware sieht es nicht viel anders aus. Die Asiaten (Samsung, Huawei) könnten den Mobiltelefonbedarf decken, doch ein gleichwertiger Ersatz für Google (Playstore) müsste erst einmal her (F-Droid ist zwar googleunabhängig, aber US-gehostet!). Anders hingegen beim Bedarf an technsichem Gerät zum Betrieb des Internet (bspw. Router), alles fest in amerikanischer Hand.

Vollkommen anders hingegen die Folgen in den USA. Dort hieße es schlicht „business as usual“, die Bürger, Unternehmen und Institutionen würden dort nicht einmal merken, daß sie keine Produkte aus Europa mehr erhalten. Die IT-Konzerne müssten zwar mit erheblichen Mindereinnahmen rechnen, jedoch dürften die Auswirkungen auf den amerikanischen Arbeitsmnarkt vernachlässigbar gering sein.

Der komplette Bereich rund um die IT-Technologie wurde in Europa verschlafen, die Politik hat dieses Thema die letzten 30 Jahre großzügig ignoriert (oder wurde sie motiviert es zu ignorieren?). Adäquate Strukturen für eine eigenständige IT-Industrie werden sich allein aus Personalmangel nicht so schnell schaffen lassen.

Fazit

Von Europa gegen die USA gerichtete Sanktionen dürften zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu der dümmsten Idee gehören, ist also der Intelligenz unserer Politiker angemessen. Den Handelskrieg hat Europa bereits verloren, bevor es ihn angefangen hat! Einzig, es könnte dadurch zu massiven Bestrebungen kommen, eine autarke IT-Industrie aufzubauen, aber bis diese in einem funktionsfähigen Zustand ist – sofern man sich von der Idee lösen kann, die „Digitalisierung“, wie es im Politsprech gerne heißt, Soziologen und ähnlichen Schwätzern zu überlassen –, wird noch viel Wasser die europäischen Flüsse hinunterfließen.

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