Verhüllungsverbot

Seit dem 01.10.2017 ist in Österreich das Verschleierungsverbot des Gesichts in der Öffentlichkeit, vulgo Burkaverbot, geregelt im Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz (AGesVG) in Kraft (Presseerklärung des Bundesinnenministerium, offizielle Informationsbroschüren: mehrsprachige Info, Zusatzinfo). Ich halte dieses genrelle Verbot für kontraproduktiv, da die Burka — so paradox es klingen mag — einem offenen Visier gleichkommt. Beschlossen wurde das Verbot nicht auf Grund von Sicherheitsbedenken, sondern weil man keine verschleierten Gesichter in der Öffentlichkeit will.

  1. Generell bin ich ein Gegner von Kleidungsvorschriften. Zunächst einmal sollte jeder rumlaufen und auch seine Haare tragen dürfen wie er möchte. Ausnahmen davon muss es aber in bestimmten Bereichen geben, so sind bei bestimmten Berufen allein aus sicherheitstechnischen (chemische Labore, Nähe zu sich bewegenden Maschinenteilen) und hygienischen Gründen (freie lange Haare, Rastalocken im Krkhs. oder Küchen) Kleidungsvorschriften unerlässlich. Bei Tätigkeiten im Staatswesen wie der Polizei, bei Lehrern, in öffentlichen Verwaltungen sowie im Rechtswesen ist die strikte Neutralität im Verhalten des Personals sicher zu stellen. Bei Richtern und Anwälten ist dies besonders augenfällig, denn die Robe dient dazu möglichst alle Unterschiede zu nivellieren, um auch optisch der Neutralität nahe zu kommen. Jemand der sich in derartigen Berufen das Tragen eines Kopftuchs oder analogen symbolträchtigen Kleidungsstücken erklagen will, hat bereits allein durch die Einreichung der Klage bewiesen, daß er für den Beruf ungeeingnet ist, da er nicht gewillt ist, die staatliche Neutralität anzuerkennen.
  2. Die Protagonisten von Verhüllungsverboten bewegen sich mit ihrer Argumentation grundsätzlich oftmals auf demselben Pfad wie diejenigen, die für eine komplette Verhüllung eintreten. Beiden sind die Frauen zu nackt, bei den Einen ist der Bikini zu knapp, den Anderen jeder noch so kleine Schimmer an weiblicher Haut ein Gräuel. Beide Gruppen möchten ihre moralischen Ansichten gerne als für alle verbindlich erhoben sehen.
  3. Ich ziehe es vor abschätzen zu können, mit wem ich es bei meinem Gegenüber zu tun habe. Hier fungiert eine Burka wie ein offenes Visier, man erkennt es auf den ersten Blick.
  4. Kleidungsvorschriften in der Öffentlichkeit lösen kein einziges Problem, spielen aber den Verharmlosern in die Hände. Das Problem ist ja nicht das verhüllende Stück Stoff an und für sich, sondern die dahinterstehende Ideologie, im Falle der Burka der menschenverachtende Islam in seiner konservativsten Form, zu dem sich der Träger bekennt. Durch ein Verbot verschwindet nicht die Ideologie, sie wird nur unsichtbar gemacht. Das Ausmaß eines bestehenden Problems bzw. Änderungen desselben ist nicht mehr für jeden offensichtlich erkennbar. Aus diesem Grunde halte ich übrigens ebensowenig von Gesetzen wie dem Verbot zur „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ (§86a StGB) in Deutschland.
  5. Ein Burkaverbot im öffentlichen Raum verschleiert auch den Umfang des Problems, da nicht mehr für jeden zweifelsfrei erkennbar ist, ob der orthodoxe Islam sich weiter ausbreitet oder zurückgeht.

Bundesgesetz über das Verbot der Verhüllung des Gesichts in der Öffentlichkeit (Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz – AGesVG)

Anti-Gesichtsverhüllungsgeset

Ziel

§ 1. Ziele dieses Bundesgesetzes sind die Förderung von Integration durch die Stärkung der Teilhabe an der Gesellschaft und die Sicherung des friedlichen Zusammenlebens in Österreich. Integration ist ein gesamtgesellschaftlicher Prozess, dessen Gelingen von der Mitwirkung aller in Österreich lebenden Menschen abhängt und auf persönlicher Interaktion beruht.

Verhüllungsverbot

§ 2. (1) Wer an öffentlichen Orten oder in öffentlichen Gebäuden seine Gesichtszüge durch Kleidung oder andere Gegenstände in einer Weise verhüllt oder verbirgt, dass sie nicht mehr erkennbar sind, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 150 Euro zu bestrafen. Die Verwaltungsübertretung kann durch Organstrafverfügung gemäß § 50 VStG in der Höhe von bis zu 150 Euro geahndet werden. Öffentliche Orte oder öffentliche Gebäude sind Orte, die von einem nicht von vornherein beschränkten Personenkreis ständig oder zu bestimmten Zeiten betreten werden können, einschließlich der nicht ortsfesten Einrichtungen des öffentlichen und privaten Bus-, Schienen-, Flug- und Schiffsverkehrs.

(2) Ein Verstoß gegen das Verhüllungsverbot gemäß Abs. 1 liegt nicht vor, wenn die Verhüllung oder Verbergung der Gesichtszüge durch Bundes- oder Landesgesetz vorgesehen ist, im Rahmen künstlerischer, kultureller oder traditioneller Veranstaltungen oder im Rahmen der Sportausübung erfolgt oder gesundheitliche oder berufliche Gründe hat.

Zuständigkeit

§ 3. Die Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen eines Verstoßes gegen § 2 obliegt den Bezirksverwaltungsbehörden, im Gebiet einer Gemeinde, für das die Landespolizeidirektion zugleich Sicherheitsbehörde erster Instanz ist, dieser. § 86 Abs. 2 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, gilt sinngemäß.

Vollziehung

§ 4. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Inneres betraut.

Inkrafttreten

§ 5. Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Oktober 2017 in Kraft.

Es ist fraglich, ob das in §1 genannte Ziel mit diesem Gesetz erreicht werden kann.

  1. Die Gesichtsverhüllung als Solche verhindert in der Regel nicht die Teilhabe an der Gesellschaft, sondern die Denkweise, die dem Islam zu Grunde liegt. Es besteht sogar die Gefahr, daß diejenigen Frauen, die bisher wenigstens verschleiert teilgenommen haben, jetzt fernbleiben bzw. ferngehalten werden.
  2. Das Argument der „Sicherung des friedlichen Zusammenlebens“ ist ein Zweischneidiges, denn es besagt im Grunde, daß die Unverhüllten auf die Verhüllung mit Angriffen reagieren. Das ähnelt sehr stark dem Argument, daß ehrbare Frauen nicht unverhüllt in die Öffentlichkeit sollten, damit sie vor fremden Männern geschützt sind.

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