Auweia Aveda

Die Firma schönBerlin hinter dem Hackeschen Markt in Berlin präsentiert sich in einem modernen Ladengeschäft als Spezialist für Haarpflege und LifeStyle auf Grundlage der Aveda-Produktlinie. Da auch der Geist nicht zu kurz kommen sollte, findet der Kunde gleich im Schaufenster die Möglichkeit seine Bildungslücken zu verkleinern:

Was ist das Besondere an Quinoa? Quinoa, eine Getreideart die bereits von den Inkas verwendet wurde, enthält alle neun Aminosäuren und ist somit ein Protein. Da das Haar hauptsächlich aus Proteinen besteht, ist Quinoa ideal geeignet um es zu reparieren. Die kleinen Aminosäureverbindungen des Quinoa dringen tief in den Haarschaft ein und reparieren von innen heraus. In jeder Dosis von Daily Hair Repair steckt hoch wirksame Pflanzenkraft!


Werbeaufsteller für Quinoa.

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Für dieses Schmuckstück wissenschaftlicher Prosa muss man dem Autor höchsten Respekt zollen, denn es ist eine wirklich reife Leistung derart viel groben Unfug in diesem kurzen Text unterzubringen. Das gelingt nur jemanden in vollkommener Ahnungslosigkeit. Aber der Reihe nach:

Quinoa ist ein Getreide
Zugegeben, es ist eine Pflanze die Körner produziert. Dies hat sie mit einer erheblichen Anzahl anderer Pflanzen gemein. Soll man deshalb neuerdings alle Pflanzen die Körner produzieren als Getreide einstufen? Man kennt die Methode ja bereits: Alles was im Wasser schwimmt ist ein Fisch, also sind Enten Fische. Bis sich diese Neuerung durchgesetzt hat, bleiben wir bei der bewährten Auffassung, daß unter Getreide Nutzpflanzen verstanden werden, die zur Familie der Süßgräser gehören und belassen Quinoa der Übersichtlichkeit halber in der Familie der Fuchsschwanzgewächse.
Enthält alle neun Aminosäuren
Ach wie schön, alle Neune, wie beim Kegeln. Sind die anderen Aminosäuren etwa alle ausgestorben? Brauchen wir gar eine „Rote Liste“ für bedrohte Aminosäuren? Irgendwie tut es mir leid um die anderen Aminosäuren, die waren so praktisch.
Quinoa ist ein komplettes Protein
Da haben wir aber Glück gehabt. Man stelle sich nur vor Quinoa wäre eine inkomplettes Protein, sozusagen ein halbes Getreide, nicht auszudenken die Folgen. Wenigstens ist da nichts anderes drin. An mein Haar lasse ich nur Wasser und ein Protein, also Quinoa. Nur so als Tipp nebenbei, auf keinen Fall die Samenkörner nehmen, deren Proteingehalt liegt unter 15%, so π × Daumen ≈ ⅟₇ Getreide nach Aveda-Wissenschaft.
Haar beststeht aus Protein, Qunioa ist/besteht aus Protein, also repariert Quinoa Haar
Alle Lebensformen auf dem Planeten Erde enthalten einen erheblichen Anteil an Eiweißen. Warum sollte sich nun also gerade Quinoa besonders gut für die Reparatur von Haar eignen, besser als bspw. Eier? Zu der mehr philosophischen Frage, ob man Haar überhaupt reparieren kann will ich an dieser Stelle nur bermerken, daß Haar tot ist, da kein aktiver Stoffwechsel stattfindet. Ich persönlich neige mehr zu der Auffassung, daß Totes nicht reparabel ist. Aber vielleicht möchte uns der Autor auch etwas ganz anderes sagen. Im Grunde teilt er uns mit, daß Ähnliches Ähnliches repariert. Das Konzept kommt einem doch sehr bekannt vor, genau so sehen Homöopathen die Welt und genau so funktioniert sie nicht.
Aminosäureverbindungen des Quinoa dringen tief in den Haarschaft (vulgo Haar)
Wie süß, nein nicht das große Protein Quinoa dringt da ein, sondern die kleinen, süßen Aminosäureverbidnungen dringen da ein, einfach so. Wo kommen die Kleinen eigentlich jetzt auf einmal her? Kommt sonst nicht was Kleines erst nach dem Eindringen von was Großem, aber ich schweife wohl ab, denn wir wissen ja alle auf die Größe kommt es nichtg an.

Aber in fast jedem Mythos steckt ein Körnchen Wahrheit, so auch hier. Von den aufgezählten Haarspaltereien mal abgesehen, ist es richtig, daß bereits die Inkas die Pflanze kannten und nutzten, was übrigens auch schon Andere einige tausend Jahre vor ihnen taten. Da die Inkas aber nichts von LifeStyle verstanden, haben sie sich die Pflanze nicht in die Haare geschmiert sondern einfach aufgegessen. Was für kulturlose Barbaren!

Ein Unternehmen welches „Wissenschaft“ zu seiner Firmenphilosophie macht (Aveda — The Art and Science of pure flower and plant essences) und dann mit einem solchen Text seine Produkte propagiert kann man guten Gewissens meiden, denn sie wissen nicht was sie tun. Und was soll man von der Sachkunde eines Salons halten, der mit diesem Aufsteller Kunden kobert?

2 Kommentare

  1. Angela sagt:

    Als wär dieses Werbegeschwurbele nicht schon lustig genug, so ist doch der Firmenname „Aveda“ der eigentliche Clou an dem ganzen Spaß. Soll wohl indisch klingen, ist es in der Tat auch: nur, dass er – völlig unfreiwillig – die Wahrheit sagt. Wenn auch hier gilt „Nomen est omen“, dann sagt doch der Name „Un-Wissen“, Sanskrit „a-veda“, allein schon alles.

  2. Gemäß der Firmenlegende habe Horst Rechelbacher während einer Einführung in Ayurveda und Aromatherapie auf einem Indientrip den Namen Aveda vor seinem geistigen Auge gesehen.

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