Der Wert von Vertrauen am Beispiel der Costa Concordia

Egal wieviel man in Sicherheit investiert, Unglücke und menschliches Versagen wird es immer geben. Dies ist Teil des allgemeinen Lebensrisikos, auch wenn dessen Existenz — insbesondere in Deutschland wie mir scheint — versucht wird wegzureden. Das folgende Video (alterntiv) zeigt eindrucksvoll, wie man Vertrauen weit über ein aktuelles Problem hinaus zerstören kann.

In diesem Video werden die Passagiere durch ein Crewmitglied der Costa Concordia informiert, daß ein technischer Defekt am Generator vorläge und sie bitte in ihre Kabinen oder — wenn sie es vorziehen — in die Lounge gehen sollen. Ich gehe mal davon aus, das sie Order von oben hatte, dies so zu sagen und wohl selbst nicht mehr Informationen besaß. Unter der Annahme – auch wenn es schwer fällt — zu Gunsten der Schiffsführung, das sie zunächst nichts von einem 70 m Leck unterhalb der Wasserlinie wußten, ist das Ganze ein Musterbeispiel für die Fehleinschätzung einer Situation. Nur wenige haben so daneben gelegen, wie in diesem Falle. Aber selbst als der Schiffsführung klar gewesen sein mußte, daß ein weitaus gravierenderes Problem vorliegt, haben sie wertvolle Zeit verstreichen lassen und das Leben von mehreren tausend Menschen auf’s Spiel gesetzt. Vermutlich ist es nur der modernen Schiffskonstruktion zu verdanken, daß die Costa Concordia mit einem Leck auf nahezu einem Drittel der Schiffslänge nicht binnen Minuten mit Mann und Maus wie ein Stein gesunken ist.

Die Frage ist aber, wie sich Passagiere bei einem kommenden Unglück verhalten werden? Kapitän Francesco Schettino und seine Offiziere haben binnen Minuten das Vertrauen, welches die Passagiere in die Schiffsführung(en) haben müssen, zerstört. Kapitäne werden es wohl in Zukunft schwieriger haben, Passagiere zu beruhigen, denn auch in Zukunft wird es keinen Sinn machen, mehrere tausend Menschen auf hoher See wegen eines tatsächlich vorliegenden Generatorschadens in die Rettungsboote auszuschiffen. Aber wenn die Panik einmal um sich gegriffen hat, ist ein Appell an die Ratio nicht mehr möglich, insbesondere dann, wenn der Führung ohnehin schon misstraut wird.

Führungskräfte und Politiker sollten sich dieses kurze Video ein Lehrstück für ihr zukünftiges Handeln sein lassen. Es geht nicht darum, ob Fehler gemacht werden (hier: Insel springt vor den Bug), denn das werden sie mit Sicherheit, sondern darum wie mit Fehlern umgegangen wird. Dies betrifft die (eher) kleinen Dinge (wie aktuell bei der Affäre von Bundespräsident Christian Wulff) ebenso, wie das Verhalten bei echten Katastrophen (bspw. Nuklearkatastrophe von Fukushima). Intransparenz und Lügen der Führung kommen immer als vielfach vergrößerter Boomerang nach einiger zeitlicher Verzögerung zurück und treffen dann andere. Unter diesem Aspekt ist es auch nicht mehr wichtig, was mit dem vermutlich Hauptschuldigen, dem Kapitän, passiert. Die Toten sind tot und das Vertrauen zumindest stark angeschlagen.

Vertrauen ist eines der kostbarsten Güter die es gibt, auch, oder gerade weil man es nicht mit Geld kaufen kann.

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