Bundestag legalisiert Genitalverstümmelung

Bundestag: Den Religionen der Welt

Bundestag: Den Religionen der Welt

Wie von den meisten Realisten wohl bereits befürchtet, hat heute der Bundestag den ethisch-zivilisatorischen Rückwärtsgang eingelegt und mit großer Mehrheit leider gegen das Kindeswohl und für die Legalisierung der Genitalverstümmelung bei Jungen gestimmt. In Zukunft dürfen also Hunde Ohren und Schweif behalten, sich Kinder und Jugendliche auch mit Einwilligung der Eltern nicht ohne Weiteres im Solarium bräunen oder tätowieren lassen, aber kleine männliche Säuglinge auf Anforderung der Eltern von medizinischen Laien Teile ihres Penis amputiert bekommen. Eine grandiose intellektuelle Fehlleistung welche die Abgeordneten heute hingelegt haben.

Man sollte jetzt aber nicht den von Charlotte Knobloch, ehemalige Präsidentin des Zentralrates der Juden, sehnlichst gehegten Wunsch in Erfüllung gehen lassen und die Debatte über die Knabenbeschneidung aus der Öffentlichkeit verschwinden lassen. Eben dieser Wunsch zeigt das grundlegende Problem deutlich auf: Es geht nicht um das Kindeswohl, sondern darum, daß religiöse Riten auf keinen Fall hinterfragt werden sollen und sie als übergesetzliches Tabu zu betrachten sind.

Generell halte ich die Debatte um die Beschneidung für eine Stellvertreterdebatte, wie meines Erachtens die beharrliche Weigerung rationale Argumente gegen die Beschneidung zur Kenntnis zu nehmen zeigt. Für die Abgeordneten die heute für die Legalisierung der Genitalverstümmelung gestimmt haben, ist das Kindeswohl von nachrangiger Bedeutung, für sie steht allgemein der Erhalt religiöser Privilegien an erster Stelle, denn es gibt eine ungeschriebene, aber parteiübergreifende Allianz (bspw. SPD, Grüne), sich einer weiter zunehmenden Säkularisierung mit aller Kraft zu widersetzen und Einfluss sowie Bedeutung der Religionen zu erhalten. Die Debatte um die Beschneidung ist somit nur ein Scharmützel in einer viel weitergehenden gesellschaftlichen Auseinandersetzung. Wahrscheinlich hat dies Frau Knobloch auch erkannt und genau deshalb will sie jede Diskussion so schnell als möglich beendet wissen. Ich für meinen Teil bin jedoch der Überzeugung, daß das Thema weiter aktuell bleiben sollte und auch wird, da im Ausland, selbst in Israël, ähnliche Debatten geführt werden.

Abschluss der Kundgebung gegen Beschneidung.

Abschluss der Kundgebung gegen Beschneidung vor der Lesung im Bundestages.

Nachtrag 23.12.2012:
Wer mehr von der Kundgebung auf dem Pariser Platz sehen will, findet dies bei Nicsbloghaus.

9 Kommentare

  1. Nic sagt:

    Schönes Titelfoto 🙂

    Das untere… Ist das von mir oder warst du dort (und wir sahen uns nicht)? Wenn es von mir ist: bitte zeichne es entsprechend.

    Und: wir machen weiter! Das Thema ist mit dem gestrigen Beschluss eben nicht vom Tisch. Die nächste Station heißt Karlsruhe!

    Nic

  2. 1.) Danke.
    2.) Offensichtlich ist es nicht dasselbe (Bildausschnitt), sondern zeigt nur dasgleiche. Wie sollte ich an mögliche andere Fotos von Dir gekommen sein? Das Foto ist tatsächlich selbst gemacht.
    3.) Davon gehe ich aus.

  3. Happyidiot sagt:

    Als nächstes zu vermelden:
    DQS-Med bereitet die Festlegung von
    Zertifizierungskriterien für Beschneider vor.

  4. Darauf warte ich auch, denn soetwas wurde im Grunde vom Oberrabiner vorgeschlagen. Die Frage hatte ich auch schon bei http://www.feuerwaechter.org/2012/09/bmj-legt-als-diskussionsgrundlage-ein-eckpunktepapier-zur-beschneidung-des-maennlichen-kindes-vor/ kurz angesprochen. Ich nannte es dort „Zirkumziseur“.

  5. […] haben doch die Bundestagsabgeordneten die männliche Genitalverstümmelung erst legalisiert, bleibt dennoch die Frage offen, mit welchem Druckmittel der Landesverband der […]

  6. […] Erlangen-Nürnberg — hat in einem Interview mit der Westdeutschen Zeitung das unsägliche Beschneidungsgesetz verteidigt. Das könnte man als die übliche akademische Wichtigtuerei eines katholischen Theologen […]

  7. […] Diese Entwicklung sollte zu denken geben, da sie nicht ungefährlich ist, wie letztens die Beschneidungsdebatte, in der einseitig religiöse Vorstellungen gegenüber den Menschenrechten bevorzugt wurden, […]

  8. […] an männlichen Kindern erst kürzlich gesetzlich durch Regelung im Familienrecht erlaubt worden, andererseits soll nun die Verstümmelung der weiblichen Sexualorgane ausdrücklich […]

  9. […] langer und teils heftiger Diskussion alle Bedenken zum Jugendschutz über Bord geworfen und die Gentialverstümmelung an kleinen Jungen explizit legalisiert. Jetzt hat sich die werdende große Koalition außerhalb des […]

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