Menschliches Versagen?

Die niederländische Verteidigungsministerin Ank Bijleveld (Bielefeld? Die gibt’s doch gar nicht!) wollte medial beweisen, daß sie auch während der coranabedingten Wohnhaftquarantäne voll bei der Sache ist und ließ sich bei einer geheimen Video-Sitzung mit den EU-Verteidigungsministern am heimischen Schreibtisch für einen Tweet fotografieren. Nur leider vergaß sie vorher den Brief mit den Zugangsdaten vom Schreibtisch zu entfernen, denn darauf waren fünf der sechs Ziffern der PIN zu erkennen. Nach einem Hinweis ist es daraufhin in einem bravourösen Akt europäischen Hackertums dem niederländischen Journalisten Daniel Verlaan völlig überraschend gelungen die fehlende sechste Ziffer der PIN zu ermitteln und am — dann nicht mehr so ganz geheimen — Treffen teilzunehmen. Das niederländische Verteidigungsministerium sprach von einem „dummen Fehler“, menschliches Versagen Nr. 1, gemeint war allerdings das Foto mit den inkriminierenden Daten, menschliches Versagen Nr. 2.

Nachdem Wolfgang Ischinger, ehemaliger deutscher Botschafter und derzeit Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, richtigerweise die technische Rückständigkeit sogar bei Ministertreffen bemängelte, meldete sich Fritz Felgentreu von der SPD zu Wort:


Mir scheint nicht nur, daß hier jemand intellektuell überhaupt nicht das vorliegende Sicherheitsproblem verstanden hat, welches definitiv nicht das versehentliche veröffentlichen der Zugangsdaten in dem Foto ist, menschliches Versagen Nr. 3.
Muss denn Fritz Felgentreu als Lehrer und Politologe mit Interessengebiet der staatsnahen Dichtung und Rhetorik der Spätantike (sic!) und erschwerend aus der Berliner SPD stammend überhaupt das eigentliche Problem erkennen können, schließlich ist er doch bloß Deutscher Bundestagsabgeordneter? Immerhin hat aber die SPD aus den Kompetentesten in ihren Reihen ihn zum Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion für Sicherheits- und Verteidigungspolitik erkoren. Als Vorsitzenden des Berliner Landesverbands des Volksbunds Deutsche Kriegsgräberfürsorge sind ihm die Toten sowieso näher als die Lebenden, da schadet dann ein verlorener Krieg auf Grund von Sicherheitsmängeln nicht.

Wolfgang Ischinger hat zweifelsohne Recht, denn das eigentliche Problem ist, daß zum Schutz solcher Angelegenheiten ausschließlich eine sechsstellige PIN verwendet wird, state of the art wäre die Verwendung kryptografischer Schlüssel. Aber offenbar verwendet man hier noch nicht einmal eine individuell nur für jeweils auf einen Zugang beschränkte PIN. Jeder der die PIN kennt, hat von jedem Ort aus im Universum Zugang und das soll als geheim gelten? Durch wie viele Hände und Computer das Schreiben mit den Zugangsdaten dazu gegangen sein mag bis es jeden einzelnen der Verteidigungsminister erreicht hat, brauche ich da schon gar nicht mehr zu fragen. Zwischendrin ein Mailkonto bei Googlemail, welches standardmäßig den Inhalt aller e-Mails scannt, würde mich nicht überraschen.

Dieses Verfahren kann man nicht anders als hoffnungslos rückständig beschreiben, das ist nicht einfach menschliches Versagen, dabei handelt es sich um fundamentales Systemversagen auf Grund mangelnder Qualifikation der Entscheider durch ganze Instanzen. Und Fritz Felgentreu demonstriert diese Unfähigkeit (das allerdings klappt bei der der SPD ausgesprochen gut) in pars pro toto in Perfektion. Man kümmert sich um drei Sorten Toiletten, aber versteht es nicht sicherheitsrelevante Sitzungen wenigstens durch individuelle Zweifaktorauthentifizierung der Teilnehmer zu schützen.

So halb richtig hat Hr. Felgentreu schon mal zumindest eines erfasst, daß Abgeordnete eine Mehrheit benötigen. Das er dies für eine Qualifikation hält entspricht eben dem intellektuellen Niveau der SPD.


Das menschliche Versagen ist also tatsächlich gegeben, allerdings wieder einmal bei der Auswahl des Personals bei der SPD und anderswo und durch die Wähler. Ich frage mich ja schon lange was für Leute das sind die noch immer SPD wählen.

Ein Kommentar

  1. uwe hauptschueler sagt:

    Qualifikation wird überbewertet. Es gibt Jobs, die brauchen keine.

    Seit August 2020 ist Andrea Nahles Präsidentin der BAnst
    PT. Sie regelt die innere Organisation durch eine
    Geschäftsordnung und vertritt die Behörde gerichtlich und
    außergerichtlich. Die Präsidentin führt die Geschäfte in
    eigener Verantwortung nach Maßgabe des
    Bundesministeriums der Finanzen.

    Q.:https://www.banst-pt.de/ueber-uns/struktur-und-organisation/

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