Kultursensibles Urteil aus der Schweiz in einem Vergewaltigungswurf

Eine arrangierte Ehe unter Türken erregte nicht alle Beteiligten gleichermaßen:

Die Vorgeschichte, wie sie von der Anklage dargestellt wurde: Der jetzt 29-jährige Tas soll vor vier Jahren die fünf Jahre jüngere Gül in der von den Eltern arrangierten Ehe während dreier Monaten mehrfach sexuell genötigt und vergewaltigt haben. Die einander zuvor Unbekannten heirateten im Dezember 2016. Die Türkin kam direkt aus der Heimat, während Tas, ein türkischstämmiger Deutscher, bereits seit dem 15. Altersjahr in der Schweiz lebte. Gül kannte die hiesige Sprache und Kultur nicht, hatte hier keine Vertrauenspersonen.

Das Paar lebte im Wasseramt in der Wohnung von Tas Eltern, zusammen mit vier Geschwistern. Die bald nach Eheschluss vollzogenen Geschlechtsakte – insgesamt 25- bis 30-mal – seien meist gegen Güls Willen erfolgt. Auch mit Gewalt (etwa Schläge auf Rücken und Po, Bisse, Ziehen an den Haaren). Drei bis vier Mal habe Tas vergeblich versucht, anal in sie einzudringen. Ihren Schmerz biss und schrie sie aus Scham ins Kissen. Er soll ihr gedroht haben, zu sagen, dass sie keine Jungfrau mehr gewesen sei, oder sie wieder zur Mutter in die Türkei zurückzuschicken. Er habe sie so «unter grossen psychischen Druck» gesetzt.

Er war also mit den hiesigen Sitten und Gesetzen bestens vertraut, „kulturelle Aneignung“ kann man ihm jedoch nicht vorwerfen. Aber der sich zierenden Ehefrau scheint es an der gebotenen Gottesfürchtigkeit bei der Religion des Friedens zu fehlen, denn u.a. in Sure 2:223¹ („Die Kuh“) [1] heißt es unmissverständlich:

Eure Frauen sind ein Saatfeld für euch; darum bestellt euer Saatfeld wie ihr wollt. Doch schickt (Gutes) für eure Seelen voraus und fürchtet Allāh und wisst, daß ihr Ihm begegnen werdet. Und verheiße den Gläubigen die frohe Botschaft.

Und da kommt jetzt so ein schnöder Staatsanwalt und sieht das robuste Liebesspiel als Vergewaltigung an, das ist Gotteslästerung.

Staatsanwalt Martin Schneider deutete an, dass die sexuell unerfahrene Gül mögliche sexuelle Vorlieben wie das Beissen und Saugen vielleicht missinterpretiert haben könnte («Sie hatte keine Ahnung, wie es beim Sex abläuft.»), aber «der psychische Druck bleibt natürlich bestehen», es könne kein Freispruch erfolgen. Das Thema Sex sei in ihrer Umgebung soziokulturell tabuisiert gewesen. Im Januar 2017 reiste Gül kurz in die Türkei zurück, erfuhr dort aber, dass selbst ihre Mutter sie zurückstiess. «Es gab für sie nichts Schlimmeres als diesen Gesichtsverlust.» Nach der Rückkehr in die Schweiz sei sie von Tas noch abhängiger und ihm ausgelieferter gewesen. So «gab sie sich halt hin». Gül habe sich schlafend gestellt, ihn weggestossen, sei ihm ausgewichen. «Mehr Abwehrverhalten kann man von ihr nicht verlangen.»

Der psychische Druck sei zwar vom Kollektiv geschaffen, aber Tas habe den «schamlos ausgenützt». Am vor einem Jahr korrekt erstellen psychiatrischen Gutachten, das Güls Aussagen als real erlebt ausweist, sei nicht zu zweifeln, unterstrich Schneider. Gül besässe nicht die kognitiven Fähigkeiten, ein Lügengebilde über lange Zeit hinweg aufrechtzuerhalten. Tas psychische Probleme könnten auch von der Angst vor den Konsequenzen herrühren. Er habe auf der Erfüllung der im Koran festgelegten ehelichen Pflichten beharrt. Bei uns gälten aber «unsere Gesetze, nicht die türkische Kultur», so der Staatsanwalt. Er forderte fünf Jahre Haft und sieben Jahre Landesverweis.

Höre ich hier etwa Kritik an anderen Kulturen? Ist das nicht rassistisch? Man muss andere Kulturen respektieren, sie halt nehmen wie sind und sich auf sie einlassen. Aber das Gericht ließ sich nicht beirren und sprach ein kultursensibles Urteil:

Das Obergericht sprach einen Mann von den Vorwürfen der mehrfachen Vergewaltigung und mehrfachen sexuellen Nötigung frei. Vom Amtsgericht Bucheggberg-Wasseramt war Tas* im Oktober 2020 zu einer teilbedingten Gefängnisstrafe von 28 Monaten verurteilt worden, wovon sieben zu vollziehen gewesen wären. Die Staatsanwaltschaft hatte gar 77 Monate unbedingt sowie einen zehnjährigen Landesverweis verlangt.

Referenzen

  1. Zitiert nach der Koranausgabe, wie er von den Salafisten bei der Aktion „Lies!“ verteilt wurde:
    Die ungefähre Bedutung des Al Qur’ān Al Karīm. Aus dem arabischen von Abu-r Ṛidā’ Muhammad ibn Ahmad ibn Rassoul, 5. überarbeitete Auflage März 2012. Hrsg. Ibrahim Abou Nagie, 50765 Köln.

1 Nummerierung der Absätze variiert je nach Koranübersetzung etwas.

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