Die katholische Kirche erlaubt — Mit welchem Recht?

Quer durch den analogen und digitalen Blätter- und Senderwald wird seit gestern vollmundig verkündet, daß vergewaltigte Frauen jetzt auch in katholischen Krankenhäusern die „Pille danach“ erhalten können, sofern diese nur die Befruchtung der Eizelle verhindert. So haben es die deutschen Bischöfe auf der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) beschlossen und verkündet zu Trier (Frankfurter Rundschau, Focus, Süddeutsche, Tagesspiegel, Tagesschau). Selbst die ansonsten nicht zimperliche TAZ läßt ganz handzahm verlauten:

Bei den Parteien im Bundestag stieß die Entscheidung auf Zustimmung. Der kirchenpolitische Sprecher der Grünen, Josef Winkler, sprach von einer „überfälligen Neubewertung“. Auch die Unionsfraktionen begrüßten die neue Haltung der deutschen Bischöfe.

Nun dürfte die Annahme, daß diese Entscheidung nicht aus innerer humanistischer Überzeugung zum Wohle der Frau handeln zu wollen getroffen wurde, sondern um möglichen (finanziellen) Schaden von der katholischen Kirche abzuwenden, nicht ganz falsch sein, denn das katholische Wohl der Frau besteht in der Schwangerschaft, wie es dazu kam, ist dabei bedeutungslos.

Doch die eigentliche Frage wird überhaupt nicht angegangen: In wie weit steht es der katholischen oder sonst einer Kirche überhaupt zu, irgendetwas zu erlauben oder zu verbieten? Zumindest auf dem Papier haben wir in Deutschland eine weitgehende, wenn auch nicht weitgehend genug, Trennung von Staat und Kirche, die ihre wesentliche Ausprägung in der Neutralitätspflicht des Staates gegenüber Weltanschauungen findet. Es gibt keine Pflicht des Gesetzgebers irgendwelche konfessionellen Räte zu einem Gesetzgebungsprozess zu befragen. In der Praxis sieht es in vielen Bereichen deutlich anders aus, man denke an Religionsunterricht an öffentlichen Schulen, Konkordatslehrstühle, Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter etc. Die Ursache dazu findet sich in der teilweise sehr engen Verflechtung, die streckenweise schon an Hörigkeit grenzt, einer großen Zahl an Politikern und Amtsinhabern mit der Kirche, von denen sich einige sogar offen gegen eine Trennung von Staat und Kirche aussprechen. Trotz dieser unschönen Verfilzung bleibt die Tatsache bestehen, dass die katholische Kirche keinerlei Entscheidungsbefugnis hat, im Gegenteil auch sie ist den allgemeinen Gesetzen unterworfen.

Als zweiter Punkt darf nicht unerwähnt bleiben, daß in Deutschland nur rund ein Drittel der Bevölkerung, mit sinkender Tendenz, katholisch sind und dies auch nur auf der Lohnsteuerkarte. Die Zahl überzeugter Katholiken, die sich an Aussagen katholischer Funktionsträger gebunden fühlen ist verschwindend gering. Allein unter diesem Aspekt steht es der katholischen Kirche in keiner Weise zu, irgendwelche die Allgemeinheit bindenden Entscheidungen zu treffen oder gar eigenmächtig durchzusetzen!

Bei dem öffentlichen Gesundheitssystem kommen beide Punkte zusammen. Einerseits wird das Gesundheitswesen zu praktisch 100% mit öffentlichen Mitteln und denen der Beitragszahler finanziert. Die Trägerschaft und Namensgebung spielt hierbei keine Rolle. Katholische, oder allgemeiner ausgedrückt konfessionelle, Krankenhäuser des öffentlichen Gesundheitssystems werden gerade nicht von ihren jeweiligen Mitgliedern unterhalten. Andererseits stehen alle öffentlichen Krankenhäuser allen Bürgern unabhängig von ihrer Konfession gleichermaßen offen. Bei Notfällen ist sowieso keine freie Entscheidung mehr möglich.

Dementsprechend müssten die Medien nicht im Sinne katholischer Hofberichterstattung großspurig verkünden, was die katholische Kirche jetzt erlaubt, sondern kritische Fragen an die Politik stellen, welche Maßnahmen ergriffen wurden, um die katholischen Träger (und ggf. alle Anderen ebenfalls) auf den Boden der allgemeinen Gesetze zurückzuholen, bspw. durch den umgehenden Entzug der Trägerschaft. Insofern mutet die eingangs zitierte Passage aus der TAZ, dass die Entscheidung bei den Bundestagsparteien auf Zustimmung stößt, ebenso wie ein Offenbarungseid der Politik an, wie
die Aussage der Kirchenbeauftragten der Unionsfraktion, Maria Flachsbarth (CDU), die deutschen Bischöfe hätten „sehr wichtige Akzente gesetzt“ und die „Zeichen der Zeit“ gut erkannt. Anstatt umgehend Maßnahmen einzuleiten, wartet die Politik auf die Entscheidung katholischer Amtsträger. Auch bleibt bisher vollkommen ungeklärt, wie ähnlich gelagerte Fälle in Zukunft verhindert werden sollen, denn bei den abstrusen religiösen Vorstellungen, ist es nur eine Frage der Zeit bis ein vergleichbares Problem erneut zu Tage tritt. Offensichtlich fehlen alle hinreichend bindende, strafbewehrte Richtlinien wie eine ärztliche Behandlung im öffentlichen Gesundheitswesen nach dem aktuellen Stand des Wissens auszusehen hat. Hierbei scheinen etliche Abgeordnete vergessen zu haben, daß sie vom Volk für genau diese Aufgaben in die Parlamente gewählt (und bezahlt) wurden und es vollkommen irrelevant ist was die katholische Kirche entscheidet. Die Zeiten in denen der Klerus der weltlichen Macht Vorgaben zur Umsetzung macht, sollten hier in Deutschland eigentlich endgültig vorbei sein, dachte ich jedenfalls.

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