Personalpapiere auf Verdacht hin markieren

Die Hilflosigkeit im Kampf gegen die Organisation Islamischer Staat (IS) fängt an seltsame, wenn nicht sogar gefährliche Blüten zu treiben. Zu den Vorschlägen gehört nicht nur die merkwürdige, unwirksame Idee bei Doppelstaatlern beide Pässe, also nicht nur den Deutschen, einzuziehen, sondern auch der Vorschlag bei Verdacht im Personalausweis eine Markierung mit einem Ausreiseverbot anzubringen, weil man im Gegensatz zum Reisepaß den Personalausweis nicht so einfach entziehen kann (Paßgesetz § 7, § 8, § 10), um ein Reisen zu verhindern. Das Problem ist dadurch entstanden, daß inzwischen für die Einreise in viele beliebte Urlaubsländer ein Personalausweis (PA) ausreichend ist und ein Paß nicht mehr benötigt wird. Nebenbeimerkt halte ich das Reisen mit PA generell für keine gute Idee, da darin leider immer die vollständige Heimatanschrift enthalten ist, aber das ist ein anderes Thema.

Die dehnbare Formulierung in §7 Pkt. 1 Passgesetz hat mich schon immer an die DDR erinnert hat, wo es heißt, daß der Paß versagt werden kann, wenn der Paßbewerber

§ 7 Paßversagung

(1) Der Paß ist zu versagen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, daß der Paßbewerber

  1. die innere oder äußere Sicherheit oder sonstige erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährdet,
  2. […]

Im Personalausweisgesetz fehlen derartige Regelungen. Das wird auch nur schwer zu ändern sein, denn gleichzeitig sind deutsche Staatsbürger verpflichtet gültige Personalpaiere (PA oder Paß) zu besitzen, was bei gleichzeitigem Entzug von PA und Paß dazu führt, daß die Betroffenen sich überhaupt nicht mehr würden ausweisen können und somit ein Leben in Deutschland verunmöglicht werden würde. Bliebe noch die Möglichkeit anders gestaltete Ersatzausweise einzuführen, was aber der Einführung einer Markierung im herkömmlichen PA faktisch gleichkommt. Die Bewegunsgfreiheit innerhab Europas würde dadurch nicht behindert werden, da es keine Grenzkontrollen mehr gibt. Diese Makierungen müssten dann aber konsequenterweise an den Außengrenzen des Schengenraumes ihre Wirkung entfalten, andernfalls wären sie sinnlos.

Abseits der organisatorischen Probleme, erscheint mir aber die Idee jemanden auf Verdacht hin zu markieren äußerst bedenklich und nicht mit der Idee des Rechtsstaates vereinbar. Offenbar scheinen aber die für die Markierung heranzuziehenden Kriterien eher weicher Natur zu sein, denn nach §129a StGB sind etliche Handlungen der IS-Dschihadisten bereits heute strafbar.

§ 129a Bildung terroristischer Vereinigungen

(1) Wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

  1. Mord (§ 211) oder Totschlag (§ 212) oder Völkermord (§ 6 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 des Völkerstrafgesetzbuches) oder Kriegsverbrechen (§§ 8, 9, 10, 11 oder § 12 des Völkerstrafgesetzbuches) oder

[…]
zu begehen, oder wer sich an einer solchen Vereinigung als Mitglied beteiligt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer eine Vereinigung gründet, deren Zwecke oder deren Tätigkeit darauf gerichtet sind,

  1. einem anderen Menschen schwere körperliche oder seelische Schäden, insbesondere der in § 226 bezeichneten Art, zuzufügen

[…]

Eine solche Verdachtsregelung lädt geradezu zum Mißbrauch ein. Die Gesetzesänderungen der letzten Jahre im Bereich Sicherheit haben gezeigt, daß die, trotz dehnbarer Formulierungen, zunächst enggefassten Geltungstatbestände binnen kürzester Zeit auf minderschwere Delikte als die Ursprünglichen ausgeweitet wurden. Wird an dieser Stelle unsauber gearbeitet — wovon ich ausgehe —, besteht schnell die Möglichkeit generell unliebsame Bürger am Reisen zu hindern. Kandidaten hierzu sind bereits in Sicht. So forderte vor Kurzem ein EU-Abgeordneter die Bestrafung von Journalisten, die nicht russlandkritisch genug berichten bzw. die für das „falsche“ Medium arbeiten. Gäbe es eine bessere Bestrafung für Journalisten als Reisebeschränkungen?

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