Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) fordert einmal mehr kostenloses W-LAN. Diesmal nicht nur in ICEs wie vor einigen Monaten, sondern auch in S-Bahnen sowie in und rund um Behörden. Ich bin alles andere als ein Gegner von W-LAN, aber ich frage mich warum er das laufend fordert. Gibt es wirklich keine drängenderen Probleme zu lösen, als staatlich finanzierte, kostenlose — wie geht das mit der auf Seiten der Politik immer wieder bemängelten „Kostenloskultur“ zusammen? — W-LAN-Netze?
Aufgabe der Bahn ist es in erster Linie Passagiere sicher und pünktlich von A nach B zu bringen, darauf sollte der Fokus liegen. Allein daran scheitert sie schon, woran allerdings der Eigentümer, die Bundesrepublik Deutschland, nicht ganz unschuldig ist. Seit dem die DB für den Verkauf an der Börse „fit“ gemacht wurde, wird sie an allen Ecken und Enden kaputt gespart, um die Bilanzen zu schönen. W-LAN erscheint mir bei der DB daher nicht zu den dringlichen Problemen zu gehören. Bevor Investitionen in Millionenhöhe für ein W-LAN in Zügen erfolgen, die anschließend selbstredend auf die Fahrpreise umgelegt werden, würde mich mal eine Bedarfsanalyse interessieren. Die Mehrheit der Reisenden befindet sich heute im Besitz eines Samrtphones mit Flatrate. Für die ist ein W-LAN nicht mehr wirklich interessant. Blieben noch Tablett- und Laptopbenutzer, die in größerem Umfang keine SIM-Karte in ihren Geräten haben, sowie ausländische Touristen, denen Roamingkosten erspart blieben (Schmankerl am Rand: Er will eine Straßenmaut für Ausländer, aber Surfen sollen sie kostenlos?!). Wie groß ist also der Bedarf im Vergleich zu den Kosten und warum sollten die Passagiere, die unterwegs kein Internet benötigen und die, die ihren Internetzugang dabei haben durch höhere Fahrpreise, denjenigen evtl. Wenigen ihren Internetzugang finanzieren? Forderungen aufstellen ist immer leicht, wenn es andere bezahlen sollen.
Auch die Forderung nach einem freien W-LAN-Zugang in und um Behörden geht am Problem vorbei. Weitaus nützlicher wäre es, die Wartezeiten in Behörden so weit zu verkürzen, daß man gar nicht erst auf die Idee kommt, Internet nutzen zu wollen. Das Fehlen von freiem W-LAN in Deutschland ist ja nicht auf Technikfeindlichkeit oder Rückständigkeit zurückzuführen, sondern auf die von der Politik so gewollte Rechtslage. Das Problem heißt Störerhaftung. Würde diese für alle, nicht mal bei Providern ist es wirklich sicher, ob diese von der Störerhaftung durch das Providerprivileg befreit sind, auch wenn es momentan so gehandhabt wird, entfallen, würden sich sehr schnell freie W-LAN-Netze etablieren. Nach der derzeitigen Rechtslage ist jedoch jeder W-LAN-Routerbesitzer sehr gut beraten, seinen Zugang nicht frei zur Verfügung zu stellen, will er nicht binnen kürzester Zeit mit Abmahnungen oder Schlimmerem konfrontiert werden.
Momentan sieht es nicht danach aus, als ob die Vernetzung an eine Grenze gestoßen ist. Daher wird es über kurz oder lang zu den von Dobrintdt geforderten W-LAN-Zugängen (oder einem technischen Äquivalent dazu) kommen, momentan sehen mir seine Forderungen aber mehr danach aus, auch mal wieder in der Presse zu erscheinen, weil er als Verkehrsminister auch für digitale Infrastruktur zuständig ist. Anstelle seiner eher kleinlichen W-LAN Forderungen wäre endlich eine Initiative für flächendeckende Hochgeschwindigkeitszugänge in ganz Deutschland notwendig, hier hapert es nämlich ganz gewaltig, aber aus der Richtung kommt nichts Brauchbares. Auch muss endlich mehr Druck auf das Justizministerium bzgl. der Abschaffung der Störerhaftung ausgeübt werden denn dort bewegt sich ebenfalls so gut wie nichts.