Der BND und Saudi Arabien

Als ob ein Damm gebrochen wäre, sind die Medien voll mit Artikeln zur Kritik an der Politik von Saudi Arabien. Bisher wurde über Saudi Arabien nur am Rande berichtet, aber meist ohne allzu offene Kritik. Das Ventil geöffnet zu haben scheint der BND mit einer von ihm erstellten Analyse, dessen Inhalt von den Medien begierig aufgegriffen wurde.

Der Bundesnachrichtendienst (BND) warnt vor einer destabilisierenden Rolle Saudi-Arabiens in der arabischen Welt. „Die bisherige vorsichtige diplomatische Haltung der älteren Führungsmitglieder der Königsfamilie wird durch eine impulsive Interventionspolitik ersetzt“
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König Salman und sein Sohn Mohammed wollten sich als „Anführer der arabischen Welt profilieren“, schreiben die BND-Analysten. Sie versuchten, die außenpolitische Agenda Saudi-Arabiens „mit einer starken militärischen Komponente sowie neuen regionalen Allianzen zu erweitern“.
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Saudi-Arabien wolle vor allem das syrische Regime von Präsident Baschar al-Assad absetzen, schreibt der BND. Dadurch soll der Einfluss Irans und die Unterstützung Syriens für die schiitische Hisbollah aus dem Libanon zurückgedrängt werden.

Das überraschende an der Analyse ist weniger ihr Inhalt, als der Autor. Warum verteilt der BND das Dokument offen, aber anscheinend unaufgefordert, an die Presse wenn doch sonst alles wegen Gefährdung der inneren Sicherheit oder der außenpolitischen Beziehungen unter Verschluss bleibt bzw. bleiben sollte? Bisher jedenfalls war der BND nicht gerade dafür bekannt, regelmäßig mit (Länder-) Analysen an die Öffentlichkeit zu gehen. Warum jetzt auf einmal? Spielt der BND wieder einmal sein eigenes Spiel und versucht der deutschen Bundesregierung, die bisher treu zu Saudi Arabien steht, eine Retourkutsche zu verpassen? Oder handelt der BND im Auftrag der Bundesregierung, damit diese öffentlich Kritik an Saudi Arabien äußern kann, ohne die Beziehungen allzusehr zu belasten? Das die inhaltlich richtige BND-Analyse der Politik der deutschen Bundesregierung entegengesetzt ist, dürfte den Schlapphüten nicht entgangen sein. Insofern hat die Bundesregierung — der BND untersteht immerhin dem Kanzleramt — ihren eigenen Dienst mal wieder nicht unter Kontrolle. Zumindest die offizielle Reaktion der Bundesregierung, die Saudi Arabien und andere Golfstaaten kontinuierlich mit Waffen beliefert, kam dann auch prompt (FAZ, Die Welt, Dei Zeit):

„Der BND spricht sicher nicht für die deutsche Außenpolitik, schon gar nicht über Dritte“, heißt es aus dem Auswärtigen Amt (AA) unter Minister Frank-Walter Steinmeier (SPD).
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Auch in Regierungskreisen zeigt man sich ungehalten. „Die Einschätzungen des BND zu Saudi-Arabien spiegeln nicht 1:1 die Haltung der Bundesregierung wider“, heißt es dort.

Allerdings ist man sich in der Regierung nun auch wieder nicht so ganz einig, denn Vizekanzler Sigmar Gabriel und Mitglied der Regierung fällt sich sozusagen selber in den Rücken, wenn er Saudi Arabien davor warnt weiter den Extremismus durch Unterstützung radikaler Moscheen in aller Welt zu unterstützen. Doch was passiert wenn sich Saudi Arabien nicht durch Gabriels Warnung einschüchtern lässt? Wer Warnungen ausspricht, muss auch die Folgen deutlich machen, woran es hier fehlt, und bereit sein Konsequenzen zu ziehen. Aber selbst in Saudi Arabien dürfte man inzwischen mitbekommen haben, was für Witzfiguren in der SPD ihre Klappe aufreißen und bei erstbester Gelegenheit lautstark umfallen. Immerhin scheint es noch Weitere zu geben, welche die Auffassung des BND-Papiers teilen:

Hinter vorgehaltener Hand teilen viele in der Regierung die BND-Kritik an Riad. Für die Realpolitik allerdings braucht man einen Draht zum Königshaus.

Unter diesen Bedingungen von Heuchelei, Rückgratlosigkeit und Politik der gespaltenen Zunge muss man sich nicht wundern, wenn den westlichen Demokratien kein Vertrauen geschenkt wird.

Und im Übrigen ist die Bundesregierung ja auch der Meinung, daß das, was der IS veranstaltet nichts mit dem Islam zu tun hat und der Verweis auf gewisse Paralleln zwischen dem Handeln des IS und dem von Saudi Arabien nur verleumderische Hetzparolen von Seiten des rechten Packs sind.

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