Tag Archiv für Philip Morris

EU-Abgeordnete sehen ihre Bürgerrechte verletzt

Es ist immer wieder erstaunlich, welch’ ganz eigene Auffassung Politker von Bürgerrechten haben. Die EU arbeitet mal wieder an einer neuen Tabakrichtlinie und die Tabakindustrie hält dagegen. Soweit nichts Neues und nichts Überraschendes. Aber nun ist ein internes Dokument von Philip Morris mit Namen von EU-Abgeordneten aufgetaucht, in dem diese je nach ihrer Haltung gegenüber den Interessen der Tabak-Lobby farblich codiert sind:

Blau für die Sympathisanten, Rot für die Gegner der Zigarettenindustrie, Grün für unentschiedene Parlamentarier, deren Haltung „eine dringende Intervention“ erforderlich mache.

Also ein im Grunde ein vollkommer logischer und richtiger Ansatz, denn jeder der ein (politisches) Ziel verfolgt, sollte wissen, wer Freund und Feind ist. Im Grunde sollte jeder Bürger vor der Wahl genau so mit den, ihm zur (Aus)Wahl stehenden, Abgeordneten und Themen verfahren, um sich eine Meinung bilden zu können. Obwohl das Dokument nur öffentlich verfügbare Angaben enthält, fühlen sich die Abgeordneten in ihren Bürgerrechten verletzt. Nicht nur das, sie wollen auch einen Zugang zu dem Dokument, mit der Möglichkeit von Einspruch und Korrektur. Die EU-Abgeordneten fühlen sich also belästigt, weil sich tatsächlich jemand mit ihrer Arbeit (unabhängig von der Sinnhaftigeit der Tabakrichtlinie) beschäftigt. Wahrscheinlich würden sie viel lieber im Dunkeln vor sich hin werkeln.

Die gleichen EU-Abgeordneten hatten bisher keine Probleme damit, im Rahmen der Überwachung immer neue Listen von EU-Bürgern zu erstellen und deren Daten munter weiterzugeben (Flugpassagierdaten, No-Fly-Lists, Vorratsdatenspeicherung). Auch bei der anlasslosen Totalüberwachung der Privatsphäre von EU-Bürgern im Rahmen von Prism, Tempora und vielleicht anderen Programmen von NSA und GCHQ, regte sich erst dann milder Widerspruch — gegen ihre Überwachung, nicht die der anderen Bürger —, als sie selbst auf der Liste der Überwachten erschienen. Wird aber ihre öffentliche, politische Arbeit genauer beobachtet empfinden sie es umgehend als skandalös.