Größte Bedrohung der Freiheit im Netz

In einem Interview mit der Berliner Zeitung hat Ober-Piratin Marina Weisband (@Afelia, Homepage)eine bemerkenswerte Einsicht verlauten lassen:

Ich glaube nicht, dass Online-Drohungen so ernst gemeint sind wie Drohungen im realen Leben. Aber das Internet verleitet dazu, sich hochzuschaukeln. Mancher entgleist dann unglaublich. Dazu sage ich ganz klar: Die größere Bedrohung der Freiheit im Netz sind nicht Vorratsdatenspeicherung, Zugangsbeschränkung oder ACTA – sondern dieser Umgang miteinander. Freiheit bringt auch Verantwortung mit sich.

Die Aussage klingt zunächst überspitzt, trifft den Sachverhalt aber recht gut, denn Vorratsdatenspeicherung und Zugangsbeschränkungen lassen sich wirkungsvoll umgehen, was aber nicht heißen soll, daß sie tatsächlich eingeführt werden sollten, aber seinen Mitmenschen kann man sich nicht einfach entziehen.

Die durch Freiheit auferlegte Verantwortung besteht darin, auch anderen das Recht auf Meinungsäußerung zuzubilligen und genau daran hapert es im Internet durchaus. Jeder hat zwar die Möglichkeit sich äußern, wer aber eine abweichende Meinung äußert wird in vielen Fällen gnadenlos durch einen Mob niedergemacht. Es ist nichts dagegen zu sagen, daß mit klaren, auch drastischen Worten der Sachverhalt zerlegt wird. Ebenso muß ein gesundes Maß an Spott ertragen werden, aber die dabei entfesselten Diffamierungen gipfeln regelmäßig in hochpersönlichen Angriffen, die bis hin zu Morddrohungen reichen. Dies zeugt schlicht und ergreifend von fehlendem Respekt gegenüber seinen Mitmenschen. Auf diese Art wird ein sinnvoller Diskurs eher unterdrückt, denn nicht jeder ist dazu gebaut solche Angriffe an sich abprallen zu lassen. Außerdem muß eine Minderheitenmeinung nicht automatisch falsch sein und die Mehrheit hat eben nicht Kraft ihrer Überzahl auch tatsächlich recht, zumal viele selbsternannte Experten nicht wissen wovon sie eigentlich reden.

Im Grunde bestätigt Frau Weisband genau das, daß was ich anderer Stelle auch schon mal kurz angeschnitten habe, nämlich daß momentan die Gesellschaft selbst und nicht die staatlichen Institutionen, der größte Zensor ist. Viele sind einfach nicht Willens eine vernünftig geäußert Kritik auch nur zur Kenntnis zu nehmen, gerade viele „Diskussionen“ um die aktuellen Themen Vorratsdatenspeicherung, ACTA etc. belegen dies eindrucksvoll. Man wirft der Gegenseite Polemik, Propaganda und Desinformation vor, scheut sich aber nicht, mit genau denselben Mitteln zu arbeiten, allerdings in der Form des persönlichen Angriffes um den Anderen zum Schweigen zu bringen.

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