Lizenzentzug für Google, Facebook und Co.

Die Fraktion der Konservativen im Europäischen Parlament droht Google, Facebook und Co. mit Betriebsverboten. Zunächst ist es natürlich lachhaft, daß die Konservativen, die seit Jahren gegen Datenschutz agitieren, kaum zu bremsen waren, den Amerikanern die Daten europäischer Bürger (Swift, Fluggastdatenübermittlung) zu überlassen und sich für die Bespitzelung europäischer Bürger stark machen (Vorratsdatenspeicherung), auf einmal den Datenschutz für sich entdecken. Der Vorschlag der EVP erscheint mir nicht nur unausgegoren, sondern sogar noch gefährlicher zu sein, als die derzeitigen Abhörprojekte, denn technische Inkompetenz könnte mal wieder die Mutter des Gedankens sein.

Zunächst ist interessant, daß man nicht den Urhebern der Schnüffelprogramme, also den USA oder dem EU-Mitglied (!) Großbritannien, droht, sondern amerikanischen Privatunternehmen. Dass hier in den Verfassungen garantierte Bürgerrechte auf staatliches Geheiß hin massiv mißachtet werden, wird dabei vollkommen außer acht gelassen, lieber beruft man sich auf Verletzung des Datenschutzes durch einige Privatunternehmen. Offensichtlich will man gegen die eigentlichen Verantwortlichen nichts unternehmen oder man hat nichts in der Hand, also geht man gegen Dritte vor. Im Prinzip ähnelt das, der im deutschen Recht verankerten Störerhaftung. Außerdem steht im Grunde noch gar nicht fest, ob die Unternehmen in diesem Falle überhaupt gegen europäisches Recht verstoßen haben. Der NSA-Aussteiger Edward Snowden behauptet die Unternehmen hätten freiwillig geliefert, die Unternehmen bestreiten dies. Bisher steht Aussage gegen Aussage. Ein Beweis der vor Gericht stand halten würde, sieht anders aus. Auch könnten die Unternehmen durch das amerikanische Geheimgericht FISA gezwungen gewesen sein, die Daten zu liefern. Genausowenig wie sich deutsche Unternehmen dem deutschen Recht entziehen können, können dies amerikanische Unternehmen gegenüber dem amerikanischem Recht. Ein Betriebsverbot für diese Unternehmen würde jedenfalls an der Abhörpraxis nicht das Geringste ändern.

Ich frage mich, wie sich die Konservativen ein Betriebsverbot überhaupt vorstellen. Gegen Microsoft (M$) ließe sich dieses noch relativ leicht wirkungsvoll umsetzen, da M$ hier präsent ist und die Mehrheit der Computer mit vorinstalliertem M$-Windows ausgeliefert wird. Doch wie soll ein Betriebsverbot für die Onlinedienstleistungen umgesetzt werden? M$ könnte sogar erheblichen Druck ausüben, in dem es kurzfristig die Zugänge zu den Installations- und Authentifizierungsservern abschaltet. Wir sind inzwischen derart abhängig von M$ geworden, daß wir das daraus entstehende Chaos eigentlich nicht riskieren können. Immerhin leben in der EU rd. 450 Millionen Bürger mit ihren Verwaltungen, in einer solchen Volkswirtschaft stellt man nicht von heute auf morgen auf ein neues Betriebssystem um.

Das relevante Geschäftsmodell von Facebook und Google etc. ist immaterieller Natur, für die besagten Unternehmen ist es ziemlich egal wo auf der Welt sich die Rechenzentren befinden, solange schnelle Breitbandanbindungen zur Verfügung stehen. Es ist einfach nicht sinnvoll möglich ein Betriebsverbot für einen online tätigen Dienstleister auszusprechen, der sich außerhalb des eigenen Rechtsrahmens befindet. Mal angenommen es ginge, was passiert dann mit den Daten (e-Mail, Fotos, Blogs etc.) der Benutzer bei diesen Anbietern? Ist der Zugriff dann staatlicherseits verboten?

Online-Dienste brauchen und haben gar keine Lizenz um in Europa tätig zu werden, die Forderung ist daher ziemlicher Unfug. Und genau an diesem Punkt sehe ich die Gefahr heraufziehen. Wenn man den Feindsender schon nicht kaltstellen kann, dann muß man eben den Empfang unterbinden und ggf. die Empfänger bestrafen. Das Problem sollte den Politikern von den Online-Glücksspiel- und Sportwettenanbietern her ebenso hinlänglich bekannt sein (Sperrverfügungen gegen Wettanbieter), wie bei Seiten mit rechtsextremistischem Inhalt in den USA, die auf Grund der dort herrschenden Meinungs(äußerungs)freiheit gehostet werden dürfen. Auch in diesem Falle gab es von der Bezirksregierung Düsseldorf Sperrverfügungen gegen Access-Provider. Immerhin geht es jetzt um Spionage im großen Stil, warum also sollte man nicht versuchen wollen Sperrverfügungen, sprich Zensur, auf europäischer Ebene durch die Hintertür einzuführen? Die Rezipientenfreiheit war den Konservativen sowieso schon immer ein Dorn im Auge und eine Kontrolle des Internet wird auch regelmäßig gefordert. Hier hätte man nun den Aufhänger gefunden endlich die „Große Europäische Firewall“ aufzubauen. „Was die Chinesen können, sollten wir auch können.“, sagte schon Hans-Peter Uhl (CSU), dumm nur das die auch abgehört w[ue]rden.

Dann die Forderung der EVP zum „Zwang zur EU-Cloud“. Wer soll hier zu was gezwungen werden? Darf der Bürger dann nur noch mit Unternehmen die in der „EU-Cloud“ speichern kommunizieren? Ich fürchte hier offenbart sich ein weiteres Mal technischer Unverstand.

Nachtrag:
Im Zusammenhang mit der bestätigten Abhöraffäre durch die Briten wird der Kauf eines deutschen Unternehmens durch ein Britisches richtig brisant: Vodafone will Kabel Deutschland für 10,7 Milliarden Euro kaufen.

Ein Kommentar

  1. Bujgds sagt:

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