Zeit-Online berichtet von Plänen in Japan, Großbritannien und den USA die Geisteswissenschaften stark komplett zu reduzieren, wenn es ihnen nicht gelingt ihren gesellschaftlichen Nutzen, in diesem Falle ökonomischen, nachzuweisen.
Pro Abschaffung
Alle Erkenntnisse und Fortschritte der letzten Jahrhunderte stammen nicht aus den Geisteswissenschaften, sondern wurden durch die Naturwissenschaften und Technik erarbeitet. Der geisteswissenschaftliche Beitrag zum Fortschritt liegt de facto bei Null und niemand würde ihr Verschwinden hierbei bemerken. Sie waren und sind bis heute nicht einmal in der Lage, zu den unzweifelhaft möglichen ethischen Verwerfungen der naturwissenschaftlichen Ergebnisse wissenschaftlich Stellung zu beziehen. Wo sind die philosophischen Fakultäten, die zu den Themen der Zeit (Globalisierung, Klimawandel, Flüchtlinge, Überwachungsstaat, Terrorismus, Verdrängung des Menschen aus der Produktion etc.) substanzielle Beiträge leisten? Platon und Aristoteles allein werden unsere Probleme nicht lösen.
Es gibt zwar einzelne Vertreter die auch medial präsent sind, aber etwas wirklich gesellschaftlich Relevantes zu sagen haben sie nicht. Bestes Beispiel für diese Lebensform ist der Peter Sloterdijk, der seine Aufgabe vornehmlich darin sieht, Nullinformationen in möglichst langen, verschwurbelten Sätzen, verschönert mit kreativen Wortneukombinationen zu verklausulieren. Verbalschäume.
Wenn aus der geisteswissenschaftlichen Richtung etwas kommt, handelt es sich so gut wie immer um Meinungsäußerungen von Ideologen, aber nicht durch Fakten, Belege und logische Implikationen gestützte Wortmeldungen, da man sich dort nicht für die Erkenntnisse der Naturwissenschaften interessiert, obwohl man sie im täglichen Gebrauch allerorten gerne nutzt. Das liegt vor allem an der etwas merkwürdigen Denkweise die in den Geisteswissenschaften kultiviert wird. Die Geistenwissenschaften halten sich für die eigentlichen und einzigen Lieferanten neuer Erkenntnisse, denn nur bei ihnen könne wirklich Neues entstehen, wohingegen bei den Naturwissenschaften aus ihrer Sicht im streng logischen Sinne keine neuen Erkenntnisse gewonnen würden, sondern nur bereits vorhandene Sachverhalte und Zusammenhänge entdeckt werden. Alles was die Naturwissenschaften liefern ist also nicht neu, sondern war schon (immer) da, es musste halt bloß mal jemand kommen und nachsehen. Im Gegensatz dazu sind allerdings die Erkenntnisse, sofern man überhaupt davon sprechen kann, der gegenwärtigen Geisteswissenschaften einfach wertlos.
Die Soziologie produziert zwar am laufenden Band Studien zu jedem erdenklichen Thema, doch fehlt es den Protagonisten meist an fundamentalen Kenntnissen der Statistik und Logik um die Ergebnisse der Datenauswertung adäquat einordnen zu können. Man entnimmt den Daten die Interpretation die genehm ist und verallgemeinert sie, selbst wenn die Datenbasis mehr als nur dünn ist. Die Ursache findet sich nicht nur in mangelnder Sachkenntnis, sondern auch darin, daß weite Teile der Geisteswissenschaften hochgradig ideologisiert sind und den geschützten Freiraum der Universitäten nicht für Forschung, sondern zur Verbreitung von Ideologien und als Basis für politische Aktivitäten mißbrauchen, wodurch im Namen der Wissenschaftsfreiheit Mittel für politische Agitation zweckentfremdet, um nicht zu sagen veruntreut, werden. Insofern ist der Titel des Zeitartikels „Angriff auf die freien Denker“ auch mehr als irreführend. Der Denker, gar ein freier, findet sich in den Geisteswissenschaften schon lange nur nur noch allenfalls in homöopathischen Dosen, wenn nicht sogar noch weniger.
Inzwischen ist es sogar so weit gekommen, daß mit der metastasierenden Ausbreitung von Genderstudien ein „Fachgebiet“ nicht nur die Deutungshoheit über alle Wissenschaften für sich reklamiert, sondern sogar offen die Wissenschaftlichkeit als Solche komplett ablehnt und an deren Abschaffung arbeitet. Kontroverse Diksussionen werden, wenn das Thema oder der Teilnehmer nich genehm ist, systematisch auch unter Anwendung von Bedrohungen verhindert. Es geht nicht um die Führung eines Diskurses, wie es die Geistenwissenschaften formulieren, sondern um die Durchsetzung einer Ideologie. Einer einfältigen Ideologie die sich zwar Vielfalt auf den Fahne geschrieben hat, im Ergebnis aber nur einen Einheitsbrei realisiert sehen will. Wer anderer Meinung ist, gilt als zu zerstörender Feind, wird auf höchst unredliche Weise verunglimpft und verleumdet, denn einerseits kennt man argumentatives Abwägen nicht mehr, andererseits ist diese Form der Diskreditierung der schnellste Weg andere davon abzuhalten ihm Gehör zu schenken. Einmal als Persona non grata gebrandmarkt, ist sie permanent dem Risiko ausgesetzt, ihre Lebensgrundlage entzogen zu bekommen. Genau das ist auch so gewollt. All dies hat aber mit einem akademischen Schlagabtausch, der durchaus auch hart geführt werden darf, nichts zu tun.
Da die Geisteswissenschaften ihre Nutzlosigkeit täglich auf’s Neue beweisen und sie nicht in der Lage sind einen Beitrag für die Lösung der gesellschaftlichen Probleme zu leisten, ist in Zeiten knapper Mittel ihre Abschaffung ein Gebot der Stunde. Kurz gesagt sie kosten Geld, sind ineffizient, haben aber keinen gesellschaftlichen Return-of-Investemnt (ROI).
Contra Abschaffung
Universitäten, von univsersitas, die Gesamtheit der Dinge, wurden geschaffen um einen Ort zu haben, um die Dinge und Phänomene dieser und ggf. auch anderer Welten zu erforschen. Ein Ort, frei vom täglichen kommerziellen Druck, an dem das Wissen systematisch gesammelt, kategorisiert und wann immer möglich erweitert werden soll. Unzweifelhaft gehören auch die Geisteswissenschaften dazu, können sie doch etwas, was die Naturwissenschaft nicht kann, nämlich uns etwas über die Geisteshaltungen heute und früher, hier und an anderen Orten sagen.
Wissenschaft besteht oftmals nur darin Fakten zu sammeln und systematisch aufzubereiten. In vielen Fällen handelt es sich dabei um ein Generationenprojekt — vielleicht sogar eines der letzten Generationprojekte in den schnellebigen Zeiten moderner republikanischer Gesellschaften — und ein Nutzen kann, muss aber nicht, erst dann erkennbar werden, wenn eine große Zahl an Daten vorliegt oder ein Werk komplettiert werden konnte. Und nur dann könnnn auch Veränderungen über die Zeit überhaupt festgestellt werden.
Es ist wie in der Architektur, man kann als Gebäude einen grauen fensterlosen Kasten hinsetzen oder auch vereinzelte spielerische Elemente hinzufügen, die zwar nicht die tragenden Elemente sind, aber Auge und Geist gefällig sind und neue Anregungen verheißen. Den Geisteswissenschaften fällt auch die Aufgabe zu, über die übergreifenden gesellschaftlich-ethischen Implikationen der von den Naturwissenschaften hervorgbrachten Ergebnisse zu sinnieren, Vorteile aufzuzeigen, aber mehr noch auf Gefahren und Grenzen hinzuweisen. Es geht immer um die Beantwortung der Frage sollen wir das tun, was wir können? Daher gehören die Geisteswissenschaften und ihre diversen Orchideenfächer untrennbar zur Universität, da nur in der Vielfalt auch das Potential zum Erkenntnisfortschritt liegt.
Fazit
Die Geisteswissenschaften in der heutigen Form können tatsächlich weg, doch aus anderen Gründen, als dem des rein Ökonomischen. Wird, wie es seit einigen Jahren gehandhabt wird, alles unter dem Kriterium der Kommerzialisierbarkeit betrachtet, geraten nicht nur die Geisteswissenschaften unter Druck, sondern auch die Naturwissenschaften, da Grundlagenforschung dadurch über kurz oder lang verunmöglicht wird, denn diese kann ihre Existenz ebenfalls nicht umgehend durch kommerzielle Verwertbarkeit ihrer Erkenntnisse legitimieren, da der Prozess der Erkenntnisgewinnung leider ein sehr langer, steiler und steiniger Weg mit unbekanntem Ziel ist. Die Geisteswissenschaften trifft der Bannstrahl nur zuerst. Auch gelingt nur wenigen Wissenschaftlern ein richtig großer Wurf, aber dieser beruht immer auf Vorarbeiten vieler Anderer. Sehr Vieles in der Wissenschaft ist Routinearbeit und besteht im weistesten Sinne aus dem Sammeln von Daten. Selbst eine bahnbrechende Erkenntnis zeitigt keinesfalls zwangsläufig sofort kommerzialisierbare Auswirkungen. So liefert Einsteins Relativitätstheorie die theoretischen Grundlagen für das Funktionieren der heute allgegenwärtigen Mobil- und Satellitenkommunikation. Zu damliger Zeit waren diese Möglichkeiten nicht vorhersehbar. Unter den heutigen Prämissen drohte einem Einstein wegen Nutzlosigkeit seiner Forschung die Kündigung.
Das generelle Problem der Universitäten ist nicht unbedingt die relative Nutzlosigkeit der Geisteswissenschaften, sondern die komplette Durchkommerzialisierung mit dem stark eingeengten Blick auf den kurzfristigen Nutzen, welcher langfrsitig zu einer Zerstörung der Forschungslandschaft führt. Wissenschaft, das Wort drückt es sehr gut aus, dient auch dem Zweck die Erkenntnisse über die Welt zu mehren. Dieser Aufgabe kann sie unter dem stetigen Druck des Kommerzes nicht gerecht werden.
Was die Geisteswissenschaften anbelangt, haben diese sich schon lange aus der Wissenschaft verabschiedet und sind zu verzichtbaren Ideologieschleudern übelster Sorte verkommen. Verstärkt wird dieser Prozess durch den Druck der Politik sowohl immer mehr Bereiche akademisieren, als auch in der Summe mehr Akademiker produzieren zu wollen. Um Letzteres zu erreichen wurden und werden weiterhin die Anforderungen kontinuierlich abgesenkt, infolgedessen eine Unmenge nicht universitätstauglicher Individuen an die Universitäten gespült wird, die dann in Fächern wie Soziologie oder Genderstudien akkumulieren, um dann dort günstigenfalls einfach nur erkentnisfreie Wissenschaftssimulation zu betreiben, da sie nicht mal ansatzweise das Prinzip Wissenschaft verstanden haben und „Safe Spaces“ fordern um nicht mit konträren Auffassungen konfrontiert zu werden. Hinzu kommt der Irrweg des, nach meinem Wissen nicht zwingend notwendig gewesenen, Bologna-Prozesses mit seiner totalen Verschulung des Studiums bei gleichzeitiger Betonung auf Aneignung von „Kompetenzen“ ohne tiefes Fachwissen, hat zu einer Zerstörung des Bildungsanspruchs der Universitäten geführt. So lange aber von den wenigen in den Geisteswissenschaften noch verbliebenden Denkern kein lauter Widerspruch kommt und sie aus sich heraus keine Aktivitäten entwickeln, um die Geisteswissenschaften wieder auf den Weg der Wissenschaft zurückzuführen, sind sie tatsächlich nur unnötier Ballast, der abgeworfen gehört.
[…] fest, also sucht man bis man etwas Bestätigendes gefunden hat. Daher ist die Forderung nach einer Abschaffung der Geisteswissenschaften nicht vollkommen ungerechtfertigt, da keine Wissenschaft, sondern Ideologie betrieben […]
Ein sehr guter, ideologiefreier Artikel von profunder Sachkenntnis! Danke dafür!