VerwG Schwerin: Kein Ehrendoktor für Edward Snowden

Nach einer heutigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Schwerin wird es (vorerst?) für Edward Snowden keinen Ehrendoktor (Dr. h. c., Dr. honoris causa) der Universität Rostock geben, da es nach Auffassung des Gerichts an der vom Gesetz in Mecklenburg-Vorpommern (MV) verlangten besonderen wissenschftlichen Leistung fehle. Das bloße übergeben von Daten an die Öffentlichkeit sei dafür nicht ausreichend (Netzpolitik, Spiegel, Zeit).

Unabhängig vom jeweiligen Gesetzestext halte ich prinzipiell diese Einstellung für vollkommen richtig. Seit langem werden Ehrendoktorwürden generell und weltweit viel zu schnell vergeben, sind in der weit überwiegenden Zahl rein politisch motiviert und haben mit Wissenschaft nicht das Geringste zu tun, sind daher wertlos geworden. Exemplarisch seien hier die Verleihungen eines Dr. h. c. an Plagiatorin Annette Schavan durch die Universität Lübeck, erst kürzlich an Angela Merkel durch die Universität Nanjing oder Joachim Gauck sowohl durch die Universität Augsburg, als auch durch die Universität Rostock genannt (von den inzwischen über 40 Dr. h. c. für Erdoğan will ich erst gar nicht anfangen). Keiner der Genannten hat auch nur irgendeine wissenschaftliche Leistung vollbracht. Das Joachim Gauck von der Universität Rostock geehrt werden konnte, liegt einzig darin begründet, daß er noch nach dem alten Gesetz von 1999 „geehrt“ wurde.

Genau diese politische Instrumentalisierung und Wissenschaftsprostitution einzuschränken war, sicherlich auch eine Folge der DDR-Vergangenheit, die Intention des Gesetzgebers, als er 2002 die strengeren Maßstäbe in das Gesetz von MV hineinschrieb. Es ist ein elementarer Fortschritt, daß wenigstens irgendeine wissenschaftliche Leistung verlangt wird. Nicht das Gesetz von MV ist somit zu streng, sondern die Anderen viel zu lasch und sollten entsprechend nachjustiert werden.

Die Taten von Edward Snowden erforderten zweifelsohne den Mut das eigene, gesicherte Leben in Frage zu stellen, gar zu riskieren, um auf Mißstände aufmerksam zu machen, aber eine eigenständige wissenschaftliche Leistung war es nicht. Nicht alles was gesellschaftlich positiv ist, ist auch eine wissenschaftliche Leistung. Für solche Fälle gibt es andere Möglichkeiten. Der Fall Snowden dürfte noch etwas komplizierter sein, da man davon ausgehen kann, daß der Einspruch gegen die Verleihung wiederum selbst politisch motiviert war, weil eine Ehrung von Edward Snowden politisch unerwünscht ist, dennoch wäre eine Verleihung ein Fehler, auch in diesem Falle und auch in anderen Bundesländern. Allerdings kann gegen das Urteil noch Berufung eingereicht werden.

Die Pressemitteilung des Gerichts im Wortlaut:

(Mi, 15.06.2016) Das Verwaltungsgericht Schwerin hat mit Urteil vom heutigen Tage die Klage der Philosophischen Fakultät der Universität Rostock (Az.: 1 A 2088/15 SN) abgewiesen.
Die Klägerin hatte auf Empfehlung einer eigens dafür eingesetzten Prüfungskommission beschlossen, Herrn Edward Snowden die Ehrendoktorwürde zu verleihen. Diesen Beschluss beanstandete der Beklagte, der Rektor der Universität Rostock, als rechtswidrig. Die Voraussetzungen für die Verleihung der Ehrendoktorwürde seien nicht erfüllt. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Nach Auffassung der zuständigen 1. Kammer stellt sich die Beanstandung als rechtmäßig dar. Die Klägerin habe die engen gesetzlichen Vorgaben zur Verleihung der Ehren- doktorwürde verkannt. Das Landeshochschulgesetz und in Umsetzung dessen auch die Promotionsordnung der Philosophischen Fakultät selbst sähen seit 2002 ausdrücklich vor, dass die Ehrendoktorwürde nur aufgrund besonderer wissenschaftlicher Leistungen verliehen werden könne. Abweichend davon habe die Klägerin ihre Entscheidung darauf gegründet, dass es bei der Verleihung der Ehrendoktorwürde um die Ehrung einer Persönlichkeit und ihrer Handlungen geht, denen für die Wissenschaft und die Universität eine besondere Bedeutung zukommt. Dieses weite, traditionelle Verständnis der Voraussetzungen zur Verleihung einer Ehrendoktorwürde sei vom Gesetzeswortlaut des Landeshochschulgesetzes – der, anders als dies in den meisten anderen Bundesländern geregelt sei, strengere Vorgaben aufstelle – nicht gedeckt.

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