March for Science in Berlin: Verlogenheit ist Trumpf

Ich habe mir gestern mal den March for Science“ in Berlin angesehen, mein Fazit gleich vorne weg: Im Wesentlichen war es eine Anti-Trump- und Anti-AfD-Demo, als Rechtfertigung für das Faktum, daß man nicht zuerst vor der eigenen Haustür zu kehren gedenkt. Generell kümmern wir uns für meinen Geschmack viel zu sehr um das, was in den USA passiert, gesagt und vor allen Dingen getwittert wird, als um unsere eigenen Angelegenheiten. Für was hält man sich hier bei uns, als das man meint Anderen vorschreiben zu können was zu tun und zu lassen sei? Hier gäbe es jedenfalls mehr als genug zu tun. Ich habe übrigens auch nicht den Eindruck bekommen, daß das Publikum in der Mehrheit viel von Wissenschaft versteht.

Auftakt der Veranstaltung war der Platz vor Humbug-Universität zu Berlin, dann über Unter den Linden zum Endpunkt auf dem Pariser Platz vor dem Brandenbuger Tor. Donald Trump und die AfD wurden nun nicht direkt namentlich angegangen, sondern nahmen in Form von Verweisen auf Klimawandelleugner, Populisten und als Hinweis auf die Ereignisse in Ungarn als Feindbilder an der Veranstaltung teil. Was mich beim March for Science bereits im Vorfeld skeptisch hat werden lassen, war die Tatsache, daß nach und nach auch die Wissenschaftsorganisationen öffentlich Unterstützung zusicherten, was man als sicheres Zeichen werten kann, daß es weniger um Wissenschaft, als um Politik ging.

Wissenschaftsorganisationen und Uni-Direktoren melden sich immer nur dann freiwillig zu Wort, wenn irgendwo Geld verteilt werden soll, die Werte von Wissenschaft und Wissenschaftsfreiheit werden da ganz schnell über Bord geworfen. Vor einigen Jahren wollte die Steinbeisshochschule einen Unsinnsstudiengang in Homöopathie einrichten. Hier gab es kein Geld für sie, hätte aber politisch nicht opportun sein können. Alle Wissenschaftsorganisationen und Direktoren wussten Bescheid, öffentlich Stellung bezogen für die Wissenschaft hat niemand, man zog es vor, vornehm zu schweigen. Betrüger wie Annette Schavan, die sich übrigens gerade wieder aus der Botschaft im Vatikan zu gemeldet hat, möchte, daß die Humbug-Universität ihren Ruf ausbaut und ein großes Zentrum für katholische Märchenerzählerei mit bis zu acht Professuren bekommt, wurden noch verteidigt. Warum? Na, politisch hoch oben involviert und die Hand am Geldtrog. Weiterhin werden allenthaben weiterhin Blödsinnsstudiengänge wie Gender Studies auf- und ausgebaut. Ist zwar nachweislich keine Wissenschaft, nicht mal näherungsweise, aber dafür gibt es Geld und die Politik von rot-grün kann sich damit brüsten auch noch dem Dümmsten einen akdemischen Abschluss in Hand gedrückt zu haben. Ebenso die Einführung von Master und Bachelor, ein Sargnagel am viel beschworenen Humboldtschen Bildungsideal. Die Universitäten mussten dies keinesfalls, sie hätten nur gegenüber der Politik mal den Mund aufmachen und sich für die Wissenschaft einsetzen müssen. Genau diese Vertreter, die seit Jahren nichts weiter als Wissenschaftsprostitution betreiben, beklagen nun den Populismus in fernen Ländern und faseln von den Werten der Wissenschaft. Ein einig Volk von Heuchlern seid ihr!

Hinweise auf Ungarn begründeten sich in der (angedrohten) Schließung der Central European University (CEU). Allgemein ist jedoch mein Eindruck, daß sich eigentlich niemand mit der CEU befasst hat, aber ganz klar gegen ihre Schließung Stellung bezieht, denn auf Nachfrage in Unterhaltungen im Publikum bekommt man nur Allgemeinplätze wie „Victor Orbán sei gegen die Wissenschaftsfreiheit, weil er eine Universität schließe“ zu hören, aber kaum einer kann mal konkret sagen, was an dieser Universität überhaupt gelehrt wird und warum sie erhaltenswert ist. Ist sie tatsächlich ein Ort der Wissenschaft oder nur eine der vielen Einrichtungen auf denen zwar Universität drauftseht, aber keine Wissenschaft drin steht? Immerhin wurde die Universität von Mitläufern um George Soros gegründet, bewegt sich im Bereich der Gesellschafts- und Geistens„wissenschaften“ und wurde bisher von ihm über sein Open Society Institute (OSI), jetzt Open Society Foundations (OSF), mit über 420 M€ finanziert. Nun ist George Soros alles andere als ein Philanthrop und Förderer der Wissenschaften, sondern er verfolgt mit seinen Aktivitäten knallharte gesellschaftspolitische Ziele. Insofern sollte man da sehr genau hinsehen, macht aber offenbar niemand. Man geht also zu einer Demo, hat vom Thema nicht wirklich Ahnung und beklatscht die Redner. Soviel zum Thema kritisches Denken bei den Linken.

Dann das ständige Herumreiten auf dem Begriff der „alternativen Fakten“, durch die Pressekonferenz von Kellyanne Conway zu einem Mem geworden, aber inzwischen aus seinem ursprünglichen Kontext herausgelöst, erscheint mir alles andere als wissenschaftlich, denn die allseits gern aufgestellte Behauptung alternative Fakten seien keine Fakten, sondern schlicht falsch ist selbst eine Falschbehauptung wie sich mit Hilfe alter Experimente leicht zeigen lässt. Nebenbeibemerkt ist es auch zweierlei, ob von alternativen Fakten oder von Alternativen zu Fakten die Rede ist.

Bestrahlt man einen hinreichend engen Doppelspalt mit Licht oder Elektronen, zeigt sich auf der anderen Spaltseite ein Beugungsmuster. Die Bildung von Interferenzmustern ist das typische Ergebnis bei der Ausbreitung von Wellen, die auf ein Hindernis stoßen, d.h. sowohl Licht als auch Elektronen (sowie andere Elementarteilchen, selbst Atome) zeigen in diesem Experiment Welleneigenschaften. Nun gibt es andere — alternative — Experimente, deren Ergebnisse auf eine korpuskuläre Natur des Lichts (Photonen) und der Elementarteilchen hindeuten. Welches Faktum ist nun falsch, welches richtig? Welle oder Teilchen? Hier haben wird es ganz klar mit alternativen Fakten zu tun, die sich diametral widersprechen. Man kann heute in der Wissenschaft das Verhalten von Elementarteilchen und Licht sehr gut mathematisch beschreiben und vorhersagen, aber bis heute spricht man vom Welle-Teilchen-Dualismus. Die Realität ist eben meist deutlich komplizierter. Wenn also jemand mit behaupteten Fakten kommt, sollte man sie sich zunächst einmal ansehen und ggf. versuchen zu reproduzieren bzw. zu falsifizieren, aber alternative, sprich widersprüchliche, Ergebnisse einfach vom Tisch zu wischen ist genau das Gegenteil von Wissenschaft.

Plakat Gendersupport=Wissenschaftsfreiheit beim March for Science Berlin

Plakat auf dem Berliner March for Science: Support Gender Studies = Wissenschaftsfreiheit. Solche Plakate waren allerdings die absolute Ausnahme.

Bei den Reden war ich mehrmals dazu geneigt ein kräftiges „erbärmlicher Heuchler“ dazwischen zu brüllen, habe es mir jedoch aus Anstand gespart. Dem Applaus nach haben dem Publikum die Reden gefallen, offenbar haben nicht viele gemerkt, daß sie von diesen verarscht wurden. Beklagt wurde mehrmals der Entzug von Mitteln für die Klimaforschung in den USA, nicht erwähnt wurde hingegen, daß im Bundestag Parteien sitzen (Die Grünen und SPD), die Forschungsmittel nur dann zur Verfügung stellen wollen, wenn „Genderaspekte“ berücksichtigt wurden, intern es sogar Forderungen gibt Veröffentlichungen nur dann zuzulassen, wenn „Genderaspekte“ darin abgehandelt werden. Wie gesagt, nicht in die USA blicken, sondern zuerst die Scheiße vor der eigenen Haustür beseitigen, dann können wir weiter sehen. Einer der Redner war bspw. der regierende Bürgermeister von Berlin Michael Müller (SPD), in Personalunion auch Wissenschaftssenator, mit dem üblichen Geseiere von Internationalität, Weltoffenheit und Wissenschaftsfreiheit und dann auch noch mit einem peinlichen Verweis von ihm auf das Humboldtsche Bildungsideal. Nur hätte er nicht Redner, sondern Adressat der Reden sein müssen, denn Michael Müller gehört als Vertreter der SPD zu eben jener Partei, die wie kaum eine andere für den Verfall der Bildung und ihrer Institutionen, sowie einer systematischen Absenkung des Niveaus aktiv verantwortlich zeichnet. Jetzt ständig auf die Gefahr durch Populisten zu verweisen ist, wie ein Dieb der permanent haltet den Dieb schreit. Lange bevor es die heutigen sogenannten Populisten gab, war es die SPD mit ihrem Populismus, welche die Fundmente des Bildungswesens untergrub. Seit Beginn der Bundesrepublik Deutschland ist die SPD in der einen oder anderen Form immer irgendwie an der Regierung beteiligt gewesen, mal mehr mal weniger. In all den Jahren hat sie sich nie für Wissenschaftsfreiheit eingesetzt, im Gegenteil sie hat Schulen und Universitäten immer nur als politisches Werkzeug und als Infiltrationsobjekt für ihre Ideologie gesehen. Es ging ihr weder um das Humboldtsche Bildungsideal — im Gegenteil, dies ist ihr Feind — noch um Wissenschaftsfreiheit, sondern nur darum ihr potentielles Wählerklientel mit akademischen Graden zu versorgen. Ohne die von der SPD (mit)verursachte Bildungsmisere gäbe es Viele derer die man heute als Populisten verachtet überhaupt nicht. Die Geister die man rief …

In eine ähnlich dumme Kerbe schlug auch Jutta Allmendinger (SPD), Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), die verkündete wir bräuchten an unseren Universitäten mehr Studenten deren Eltern nicht studiert haben. Es gibt keinen logischen Grund warum Universitäten dies brauchen sollten, was sie allerdings brauchen sind allein fähige Köpfe, vollkommen unabhängig vom Werdegang der Eltern.

Ach ja, und zum Abschluss eine große Bitte, falls jemand der Mitorganisatorin des Berliner March for Science, Sara Krieg, begegnen sollte, bitte nicht danach fragen, was sie mit dem, was sie studiert (irgendwas mit Medien) später mal machen kann. Es ist für sie unschön und schwierig das immer wieder erklären zu müssen und außerdem steckt hinter der Frage immer der für sie unangenehme Gedanke, daß man wohl an Unis einen Beruf lernen solle, sie aber brauche Freiräume um sich entfalten und engagieren zu können.

Nachtrag 25.04.2017:

Während man sich in der allgemeinen Presselandschaft mehr oder weniger enthusiastisch in Jubelarien zum „March for Sciene“ hingab, brennen in einigen Ecken des Internets doch noch die wärmenden Feuer des Denkens:

5 Kommentare

  1. Fiete sagt:

    kleine Korrektur: Die erwähnte Frau Allmendinger ist nicht die Julia, sondern Jutta 😉

  2. Danke, hab’s korrigiert, rettet den Marsch aber auch nicht.

  3. Fiete sagt:

    Stimmt. Sciencefiles, Rubikon und Danisch haben übrigens auch was dazu geschrieben, ich verlinke der Einfachheit halber einfach mal auf meinen öffentlichen Diasporapost ( die Links in den Kommentaren ):
    https://joindiaspora.com/posts/9183098

  4. uwe hauptschueler sagt:

    „Wäre die Belegschaft des örtlichen Großbordells angetreten, um für Jungfräulichkeit und Keuschheit zu demonstrieren, hätte das auf mich immer noch glaubwürdiger gewirkt.“
    aus: http://www.danisch.de/blog/2017/04/23/aufmarsch-der-wissenschaftsheuchler/
    An dem Artikel haben Sie vermutlich auch Spass.

  5. Danke für die Links. Ich habe die und noch zwei weitere im Nachtrag zum Artikel direkt verlinkt.

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