Der türkische Autokrat Recep Tayyip Erdoğan hat den in Deutschland lebenden wahlberechtigten Türken empfohlen, weder CDU, noch SPD oder Die Grünen zu wählen (FAZ, Tagesspiegel). In den Reaktionen auf die Forderung legen deutsche Politiker — oder sollte ich vielleicht im Merkelduktus besser von „schon länger hier lebenden Politikern“ sprechen? — wieder einmal ein Paradebeispiel für Doppelzüngigkeit an den Tag.
Die SPD und die CDU machten Stimmung gegen die Türkei, um bei der Wahl Stimmen zu gewinnen. „Ich rufe daher alle meine Bürger in Deutschland auf, sie niemals zu unterstützen. Weder die CDU, noch die SPD oder die Grünen. Sie sind alle Feinde der Türkei“, sagte Erdogan. „Gebt den politischen Parteien Unterstützung, die der Türkei nicht feindlich gesinnt sind. Es ist nicht wichtig, ob sie die erste oder zweite Partei sind“, sagte Erdogan. Es handele sich dabei „für meine Bürger in Deutschland“ um eine Frage „der Ehre“.
Auch wenn Erdoğans Begründung Käse ist — die Parteien, insbesondere Merkel, verhätscheln Erdoğan und kriechen ihm in den Hintern –, kann ich dennoch diesmal nur inständig hoffen, daß die Türken seiner Empfehlung folgen. Jede Stimme für die genannten Parteien ist eine zuviel, aber darauf will ich hier nicht hinaus.
Mit seiner klaren Ansage an „seine Staatsbürger“ versucht er ohne Frage den Wahlausgang in Deutschland zu beeinflussen, auch wenn meiner Auffassung nach das Ergebnis Erdoğan erst nicht gefallen dürfte, also das zu tun was man den Russen seit Monaten vorwirft. Merkel mokiert sich ob der Einmischung, ebenso wie Außenminister Sigmar Gabriel
„Diese grobe Einmischung in den deutschen Wahlkampf zeigt, dass Erdogan die Menschen in Deutschland gegeneinander aufhetzen will“, sagte Gabriel dem SPIEGEL.
Ziemlich undiplomatisch bewertete er Erdogans Aussagen vom Freitag als „einmaligen Eingriff in die Souveränität unseres Landes“ und als „böses Spiel“.
Auch Martin Schulz beschwert sich und wirft Erdoğan vor „er sei einen Schritt zu weit gegangen“. Man denke nur ein paar Monate an die Wahlen in den USA zurück. Dieselben Politiker, die sich jetzt lautstark über die Einmischung von außen beklagen, gar einen Angriff auf die Souveränität Deutschlands sehen, haben im Wahlkampf von Hilary Clinton und Doanld Trump mit der größten Selbstverständlichkeit exakt das Gleiche, wenn nicht sogar mehr, getan. Von Zurückhaltung war dort keine Spur finden (jedoch wurde die Einmischung von Seiten Clinton durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen), ein deutsches Ministerium hat sogar an die Clinton-Stiftung Geld gespendet. Noch weiter zurück. Auch im Falle der Ukraine hatte man nicht die geringsten Hemmungen dort in die Abläufe aktiv einzugreifen, um eine genehme Regierung zu installieren, sich aber nun darüber zu echauffieren, daß auch andere in Deutschland mitreden wollen offenbart ein Höchstmaß an Doppelmoral.
Nebenbeibemerkt, jetzt holt man plötzlich die Souveränität heraus. Als es in der Abhörangelegenheit nach Edward Snowden oder beim Massenansturm illegaler Einwanderer notwendig gewesen wäre, genau diese Souveränität auch zu praktizieren, hieß es, man müsse dies akzeptieren.
Deutschland wird schon von einer ziemlichen Clownstruppe regiert, allerdings von einer überaus tristen.
Nachtrag 21.08.2017:
Mehrheit der Türken in Deutschland soll angeblich nicht auf Erdoğan hören:
Türkeistämmige Politikerinnen und Kenner der türkischen Community in Deutschland glauben nicht, dass der türkische Staatspräsident Erdogan die Wahl in Deutschland in seinem Sinne beeinflussen kann.
Mich würde zu allererst interessieren, welches Wahlergebnis denn unter diesen Bedingungen überhaupt in Erdoğans Sinne wäre. Sinkt der Anteil der Stimmen von CDU, SPD und Grünen weil die Türken zu Nichtwählern werden, steigt der (relative) Anteil der AfD-Stimmen, da diese wohl eine vernachlässigbare Zahl an türkischen Wählern hat. Eine starke AfD wiederum kann keinesfalls im Sinne von Erdoğan sein. Eine sinnvolle Erklärung seiner Wahlempfehlung, von reiner (unüberlegter?) Provokation mal abgesehen, wäre es, die Türken generell von Wahlen hier in Deutschland abhalten zu wollen, damit sie nicht „in Gefahr geraten“ sich hier stärker verbunden zu fühlen, womit sie seinem Einflussbereich entgleiten und sein Brückenkopf geschwächt wird.
Erdogans Boykottaufruf sei „unmöglich, auch weil er von einem Staatsoberhaupt kommt“, sagte die nordrhein-westfälische Staatssekretärin für Integration Serap Güler (CDU) dem Tagesspiegel. Das werde aber „unter seinen Gegnern, und das seien ja nicht wenige, eher eine Trotzreaktion auslösen: ‚Wir lassen uns nicht in unser Leben hineinregieren, jetzt wählen wir erst recht'“, sagte sie. Das höre sie auch von türkischen Migranten, die sich bisher eher wenig für die Bundestagswahl interessierten.
Hier sollte sich die deutsche Politik aber zuerst an die eigene Nase fassen. Wie oben bereits gesagt, hat man gegenüber Donald Trump ebenso drastisch Stellung bezogen, wie bspw. das „Hassprediger“ vom damaligen Außenminister Frank-Walter Steinmeier.
Erdoğan wird von Seiten der deutschen Politik seit Jahren massiv hofiert und dabei unterschätzt, weil man nicht wahrhaben will, daß auch er ein Islamist, im Grund ein Muslimbruder, ist, der die Islamisierung massiv vorantreibt. Leider wird derzeit in der Politik die Islamisierung in falsch verstandener Toleranz im Sinne von Vielfalt als etwas Positives gesehen und nicht als das was sie tatsächlich darstellt, eine massive Gefahr für Freiheit und Demokratie, denn der Islam ist eine äußerst gewaltätige, inhumane Welteroberungsstrategie, der es zu begegenen gilt.