Juristische Katastrophe: Eckpunkte zum Selbstbestimmungsgesetz

Die Ampelkoalition hat, wie im Koalitionsvertrag von 2021 vereinbart, Eckpunkte zum Selbstbestimmungsgesetz (Juni 2022) als Ersatz für das alte Transsexuellengesetz vorgelegt. Ein Blick in den vierseitigen Entwurf lohnt insofern, weil die darin gemachten Vorschläge vollständig mit Wissenschaft und inhaltlich nachvollziebarer Objektivität von Gesetzgebung brechen.

Nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz wird eine Erklärung mit Eigenversicherung beim Standesamt reichen, dass die Geschlechtsidentität nicht mit dem Geschlechtseintrag übereinstimmt. Weder die Vorlage eines ärztlichen Attests noch eine Begutachtung sind nötig. Wenn eine Person neben der Änderung des Geschlechtseintrags oder der Vornamen auch körperliche Veränderungen anstrebt, sind hingegen wie bisher medizinische Regelungen und Leitlinien einschlägig.

In Zukunft soll die bloße Behauptung einer Person ohne jegliche Beweise ausreichend für eine Änderung des Geschlechtseinrags ausreichend sein. Das ist in zweierlei bedenklich, zum Ersten ist keinerlei Objektivitätt des erfassten Datums mehr erkennbar, zum Zweiten wird nun etwas vollkommen Anderes bzw. verschiedene Dinge gemischt als bisher erfasst. Bisher wurde das biologische Geschlecht vermerkt, nun kann auch die rein subjektive, gefühlte Geschlechtsidentität Grundlage der Erfassung sein. Das dies Zweierlei ist wird selbst von Genderisten nicht bestritten. Als Beleg dafür mag an dieser Stelle ein Zitat aus dem Artikel „Unerwartete Allianzen: Coronaproteste und der Kampf gegen Gender“ von Lucia Killius und Kathrin Peltz aus dem vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) über das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFZA) im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ geförderten Projekt „Gegneranalyse“ (man beachte auch den Namen!) dienen:

Was ist Anti-Genderismus?

Doch was ist überhaupt „Anti-Genderismus“? Der zweite Teil des Begriffs bezieht sich auf den englischen Begriff „gender“, der sich mit „soziales Geschlecht“ ins Deutsche übersetzen lässt [3]. Gemeint ist damit das sozial konstruierte, in sozialen Aushandlungen hergestellte Geschlecht – im Gegensatz zum biologisch begründeten Geschlecht, dem englischen „sex“. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass sich Verhalten, Kleidung, Freizeittätigkeiten oder die Berufswahl an dem orientiert, was gesellschaftlich als weiblich oder männlich und damit als passend oder unpassend für männlich oder weiblich gelesene Personen verstanden wird. Und dass Menschen sich selbst, und auch andere in dieser Hinsicht reglementieren oder sanktionieren, nach dem Muster: zu männlich oder zu feminin, nicht weiblich oder nicht männlich genug.

Auch beim Genderismus geht man also grundsätzlich von nur zwei biologischen Geschlechtern aus, männlich und weiblich. Es gibt nichts weiteres. Die Ausprägungen der Merkmale mögen indviduell unterschiedlich stark sein, aber es bewegt sich immer auf einer Linie zwischen den Polen männlich und weiblich. Um was substantiell Anderes sollte es sich bei dem Dritten (oder Weiteren) auch handeln?
Wichtiger noch ist die Tatsache, daß bisher in den Personalpapieren die objektiv nachprüfpare Eigenschaft des biologischen Geschlechts eingetragen wird, nicht das rein subjektive „soziale Geschlecht“.

Aber die Änderungen sollen noch viel weiter gehen.

„Wir werden das Transsexuellengesetz abschaffen und durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen. Dazu gehören ein Verfahren beim Standesamt, das Änderungen des Geschlechtseintrags im Personenstand grundsätzlich per Selbstauskunft möglich macht, ein erweitertes und sanktionsbewehrtes Offenbarungsverbot und eine Stärkung der Aufklärungs- und Beratungsangebote. Die Kosten geschlechtsangleichender Behandlungen müssen vollständig von der GKV übernommen werden. (…) Für Trans- und Inter-Personen, die aufgrund früherer Gesetzgebung von Körperverletzungen oder Zwangsscheidungen betroffen sind, richten wir einen Entschädigungsfonds ein.“

Gemäß den Genderisten liegt zwar keine behandlungsbedürftige Erkrankung, nicht mal eine Erkrankung, vor, geschlechtsangleichende Behandlungen entsprechen somit im Grunde bloßen Schöngheitsoperationen, aber dennoch sollen die Kosten der Maßnahmen von der GKV, also der Sozialgemeinschaft, getragen werden. Warum?

Volljährige Personen können im Sinne einer echten Selbstbestimmung die Änderung ihres Geschlechtseintrags und ihrer Vornamen durch Erklärung mit Eigenversicherung veranlassen.

Wie eingangs beerits erwähnt, soll in Zukunft ein simple, beleglose Behauptung für eíne Änderungs des Geschlechtsantrag ausreichen. Aber das soll noch nicht alles sein:

Nach einer erfolgten Änderung des Geschlechtseintrags und der Vornamen gilt für eine erneute Änderung grundsätzlich eine Sperrfrist von einem Jahr. Dies dient dem
Übereilungsschutz und soll die Ernsthaftigkeit des Änderungswunsches sicherstellen.

Möglichleit der jährlichen Änderung des Eintrags für das biologische Geschlecht? Biologisches Geschlecht als Modetrend oder je nachdem welches gerade die angestrebten Vorzüge bietet? Sollen dann jedesmal auch alle Dokumente geändert werden? Polemisch formuliert: Derzeit mus einer einen Test oder Impfungbescheinigung vorlegen und als gesund zu gelten, aber das Gechlecht soll auf Zuruf änderbar sein.

Das Gesetz wird ein bußgeldbewehrtes Offenbarungsverbot enthalten.

Das nennen von zutreffenden Tatsachen soll also in Zukunft strafbewehrt sein? Wird es dann in der polizeilichen Kriminalitätsstatistik eine Rubrik Geschlechtsleugner und Quergeschlechtler geben?

Es wird weiterhin darauf geachtet werden, dass Schutzbereiche für vulnerable und von Gewalt betroffene Personen nicht missbräuchlich in Anspruch genommen werden. Gewalttätige Personen gleich welchen Geschlechts haben z.B. wie bisher keinen Zugang zu Frauenhäusern. Zugangsrechte zu Frauenhäusern richten sich weiterhin nach dem jeweiligen Satzungszweck der privatrechtlich organisierten Vereine.

Wie ist diese Forderung mit dem Offenbarungsverbot in Einklang zu bringen? Rein logisch würde es dann in Zukunft bspw. zwei Gruppen von Frauen geben, echte Frauen und gefühlte Frauen. Anhand welcher Kriterien soll dies erfolgen, denn das Merkmal Geschlecht wird ja nun in Zukunft variabel, alśo wertlos, sein?
Analoges Problem findet sich beim Sport:

Entscheidungen zur Frage der Teilnahme z.B. von transgeschlechtlichen Sportler:innen trifft der autonom organisierte Sport in eigener Zuständigkeit.

Autonom organisierter Sport heißt nicht, daß dieser außergesetzlich, im Sinne von den Gesetzen nicht zu unterliegen, ist. Wie ist das jetzt mit dem geplanten Offenbarungsverbot in Einklang zu bringen? In dem Moment, wo bspw. ein Sportler nicht zugelassen werden würde wäre es doch eine strafbewehrte Offenbarung.

Fazit

Der Entwurf ist schon nur beim Überfliegen inkonsistent und widersprüchlich.

Der Entwurf kam unter Mitwirkung des Bundesministers für Justiz, Marco Buschmann, zu Stande. Es ist außerordentlich erstaunlich, daß ein promovierter Jurist, noch dazu im Ministeramt, sich traut etwas derart Unausgegorenes zu präsentieren.

Literatur

  1. Eckpunkte des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und des Bundesministeriums der Justiz zum Selbstbestimmungsgesetz, Juni 2022.
    Metadaten:
    Verfasser: —
    Dokumentdatum: Do 30 Jun 2022 12:12:21 CEST
    Größe: 4 Seiten DIN A4, 158,6 kB
    Prüfsumme: sha512 e13290443d8c155ce649c67262e63f4474c64ce27895885ee54bbf4c57c2152d
  2. Koalitionsvertrag von 2021. MEHR FORTSCHRITT WAGEN BÜNDNIS FÜR FREIHEIT, GERECHTIGKEIT UND NACHHALTIGKEIT.
    Metadaten:
    Verfasser: —
    Dokumentdatum: Mi 24 Nov 2021 13:46:34 CET
    Größe: 178 Seiten DIN A4, 1,4 MB
    Prüfsumme: sha512 3ba3525a79bd02f49477d9b4e98e56b98e38d1b30d0b2d081731b18eb47c52bf

Ein Kommentar

  1. uwe hauptschueler sagt:

    Man kann aber auch Chancen sehen. Wenn alle Männer sich zu Frauen erklären, gibt es keinen gender pay gap mehr und die Leitungspositonen in Firmen wären zu 100% mit Frauen besetzt.

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