Rechtsanwälte im Internet

Ich hatte in den letzten Monaten, bereits lange vor der Snowden-Affäre, viel Kontakt mit Rechtsanwälten. Neben der Suche nach geeigneten Kanzleien kam es dabei auch zu, über den Erstkontakt hinausgehender, Korrespondenz, die unter Anderem per e-Mail geführt wurde. Einige Anwälte bevorzug(t)en sogar ausdrücklich die Abwicklung per e-Mail, auch gegenüber dem Telefon, da sie schwer erreichbar sind. Schon damals ist mir aufgefallen, daß zwar fast jede Kanzlei im WWW vertreten ist, aber die Allerwenigsten einen Hinweis auf die Möglichkeit einer verschlüsselten Kontaktaufnahme bieten (weder auf der Webseite, noch in den Mailsignaturen). Gerade bei RA sollte man eigentlich ein höheres Sicherheitsbewusstsein erwarten. Selbst wenn die Leistung vom Klienten nicht aktiv nachgefragt wird, müsste ein RA spätestens bei der ersten Mailantwort seinem Mandanten die Möglichkeit zumindest anbieten.

Wahrscheinlich kommt bei RA dasselbe zum Tragen wie bei Politikern, die oftmals ebenfalls Juristen sind. Technisch wenig kompetent sieht man das Internet als eine Art Mischung aus Telefon und Fernsehen, erkennt aber nicht, daß es eine qualitativ andere Dimension aufweist. Darüberhinaus gilt eben das grundgesetzlich geschützte Post- und Fernmeldegeheimnis, dessen Wertlosigkeit wir gerade mal wieder durch die Snowden-Affäre vor Augen geführt bekommen, und die Regelungen für Berufsgeheimnisträger.

Interessant wird sein zu sehen, wie es sich in Zukunft entwickelt, denn prinzipiell gibt es drei mögliche Handlungsweisen:

  1. weiter wie gehabt
  2. Der Erstkontakt kann aus Wettbewerbsgründen noch per e-Mail erfolgen, danach steigt man auf Briefpost um
  3. man bietet vermehrt verschlüsselte Kommunikation an (PGP, S/MIME)

Ich hoffe, daß ich mich irre, aber mein Verdacht ist, daß die erste Variante zum Tragen kommt, weil Juristerei kein innovatives Fachgebiet ist, sondern man dort immer versucht ist, Bestehendes durch neue Regelungen zu ergänzen. Eine wirklich neue Strategie durch Infragestellen des Althergebrachten ist im Normalfall von Juristen nicht zu erwarten. Klassischer Fall ist hier das DE-Mail-System, welches eigentlich für genau diesen Zweck gedacht ist, aber durch Juristen per Dekret für sicher erklärt wurde, obwohl es technisch eben gerade nicht sicher ist.

Nachtrag 08.07.2013:
In der FAZ vom 05.07.2013 (Nr. 153, S.15) gab es einen Artikel mit über die Datev eG mit dem unsinnig reißerischen Titel „IT-Dienstleister Datev legt sich mit Geheimdienst an“ und ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden Dieter Kempf. Er fordert darin nur Aufklärung und von der Politik mehr Transparenz. Interessanter in dem Zusammenhang sind aber seine Aussagen im Interview bzgl. Rechtsanwälten:

Wie regulieren Sie den Zugriff?
[…]
Und wenn wir schutzwürdige Daten an unsere Kunden — das sind Steuerberater, Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer und die mit ihnen zusammenarbeitenden Unternehmen — übermitteln, tun wir das nur in verschlüsselter Form.
[…]
Was kosten diese Maßnahmen?
[…]
Schwieriger ist es, den Anwendern die Beeinträchtigung auf den Bedienkomfort zu erklären, die die Sicherheitsmaßnahmen mitunter mit sich bringen.
Und die Anwender ziehen da mit?
Unsere Kunden bringen in der Regel das notwendige Verständnis dafür auf, da sie als Steuerberater oder Rechtsanwälte oder die mit Ihnen zusammenarbeitenden Unternehmen selbst sehr hohe Ansprüche an die Sicherheit und den Schutz ihrer Daten stellen.

Wenn dem so sein sollte ist, reicht das Verstädnnis aber nicht soweit, ein ähnliches Sicherheitsniveau auch gegenüber den Mandanten walten zu lassen, noch dazu da die Verschlüsselungstechnik gratis erhältlich ist, im Gegensatz zu den Leistungen der Datev.

Nachtrag 24.07.2013:
Der Spiegel hat das Thema Berufgeheimnisträger jetzt auch kurz angerissen.

4 Kommentare

  1. […] — höchst befremdlich. Darüber, daß sich die Rechtsanwälte mit der Benutzung von kryptografischer Verfahren im e-Mailverkehr schwer tun, hatte ich bereits mal geschrieben. Selbst wenn Kanzleien einen PGP-Schlüssel anbieten, […]

  2. […] macht ist etwas Anderes und genau passend zu zwei anderen Artikeln zu Rechtsanwälten hier im Blog (hier und […]

  3. […] der e-Mailverschlüsselung auch nur ansatzweise andeutet. Bei Rechtsanwälten hatte ich dies schon hier und dort beklagt. Da Verschlüsselung nicht zum Standard gehört, ist zu erwarten, daß diejeigen, […]

  4. […] Rechtsanwalt für Internetrecht klagt gegen BND bietet aber keinen PGP-Schlüssel an […]

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