Merkels Problem heißt Säkularisierung

Fr. Merkel hat der FAZ (16.01.2015) ein ausführliches Interview zu verschiedenen aktuellen Themen gegeben. Interessant sind hierbei ihre Auslassungen zum Thema Islam und Christentum, auf die ich im Folgenden näher eingehen werde.

Heißt das, die Muslime und deren Verbände in Deutschland tun noch nicht genug, um das Abgleiten junger Menschen in den Terrorismus zu verhindern?

Das ist mir zu pauschal. Die muslimischen Verbände haben am Mittwoch eine Mahnwache veranstaltet und sich dabei sehr deutlich geäußert. Es ist besonders wichtig, dass sie diese klare Trennlinie zu allen Gewaltbereiten ziehen.

Vielleicht sollte man auch mal fragen, inwieweit man den Verbänden überhaupt trauen kann und ob sie nicht Teil des Problems sind. Finanzierungen aus Saudi Arabien und indirekte Weisungen von der türkischen Religionsbehörde sprechen eine andere Sprache. Gerade die Verbände vertreten eine (hoch-)konservative Auslegung des Korans und über die Islamkonferenz sind sie es, die einen politischen Einfluss erhalten, nicht die liberalen Glaubensvertreter.

Eine wachsende Zahl der Deutschen fürchtet sich vor dem Islam. Verstehen Sie das?

Ich weiß, dass viele Menschen ein Unbehagen spüren, vielleicht auch, weil wir zu wenig über den Islam wissen. Darauf müssen wir Politiker, die Kirchen, die Gesellschaft insgesamt reagieren. Die Menschen fragen auch, wie man dem so oft gesagten Satz noch folgen kann, dass Mörder, die sich für ihre Taten auf den Islam berufen, nichts mit dem Islam zu tun haben sollen. Ich halte eine Klärung dieser berechtigten Frage durch die Geistlichkeit des Islams für wichtig und dringlich. Die überwiegende Zahl der Muslime, die bei uns leben, steht fern jeder Gewaltbereitschaft. Sie ziehen selbst eine Trennlinie zur Gewalt. In den vergangenen Tagen ist das in Frankreich und in Deutschland auch geschehen.

Was macht Fr. Merkel eigentlich so sicher, daß die Ablehnung bei mehr Kenntnis des Islam nicht noch größer wird? Sie unterstellt von vornherein, daß die Ablehnung ausschließlich auf Vorurteilen auf Grund von Unkenntnis beruht. Sie vergisst dabei allerdings, daß Ex-Mohammedaner zu den schärfsten Kritikern des Islam gehören.

Höre ich hier von Fr. Merkel etwa Zweifel an der These, daß die Ereignisse der letzten Jahre (Charlie Hebdo, IS etc.) alle nichts mit dem Islam zu tun haben? Bisher hat die Politik sich in ungewohnter Einigkeit diese Hypothese zu eigen gemacht und Andermeinungen hierzu umgehend als indiskutabel zurückgewiesen und in die rechte Ecke gestellt. Von alleine werden sich hier die islamischen Kleriker dazu nicht ohne Not erklären, denn sie haben defintiv ein Begründungsproblem, wollen sie nicht ihre „heiligen Schriften“ verraten. Dies wird nur unter Druck der Politik geschehen, ist dann aber unglaubwürdig, da derzeit kein hier lebender Geistlicher gegenüber der Politik öffentlich wohl etwas Anderes, als daß von ihm Erwartete zum Besten geben würde.

Wo ziehen Sie die Trennlinie zwischen Islam und Islamismus?

Der Islamismus findet statt, wo unter Berufung auf die Religion Gewalt angewendet wird oder zur Gewaltanwendung aufgerufen wir, um andere zu unterwerfen. Es gibt keinerlei Rechtfertigung, im Namen einer Religion Gewalt anzuwenden.

Der zweite Satz zeugt von einer stark eingeschränkten Vorstellung von Religion. Offensichtlich geht sie davon aus, daß in religiösen Texten keine Gewaltaufrufe vorkommen, die als Rechtfertigung für Gewalt dienen. Religionen sind in ihrem Weltbild prinzipiell gewaltlos und gut. Im Koran und den begleitenden Schriften (Hadithe und Sunna) sind hingegen zweifelsfrei unzählige Gewaltaufrufe gegen Andersdenkende, Abtrünnige, Ungläubige, Juden und Homosexuelle enthalten. Die lassen sich nicht einfach weginterpretieren.

Es gibt Stimmen, die sagen, die Gewalttätigkeit sei im Islam angelegt.

Ich bin als Bundeskanzlerin die falsche Ansprechpartnerin für die Auslegung theologischer Fragen. Das ist Aufgabe der Geistlichkeit des Islams. Meine Aufgabe ist es, die übergroße Mehrheit der Muslime in Deutschland vor einem Generalverdacht zu schützen und Gewalt im Namen des Islams zu bekämpfen.

Es ist sicherlich nicht zu bestreiten, daß die Mehrheit der Mohammedaner keine Gewalttäter sind und auch ein Generalverdacht gegen alle Mohammedaner nicht angebracht ist, d.h. aber nicht, daß der Islam selbst eine gewaltfreie Religion wäre. Dennoch ist ihre Aussage unlogisch, denn wenn sie keine klare Meinung zum Islam hat, kann sie eigentlich nicht beurteilen, ob ein Generalverdacht angebracht ist oder nicht.

Einen Generalverdacht gegen Mohammedaner lehnt sie entschieden ab, aber gleichzeitig hat sie sich nach den Mordanschlägen in der Redaktion von Charlie Hebdo für die Wiedereinführung der durch den EuGH verworfenen Vorratsdatenspeicherung (VDS) ausgesprochen. Was Anderes als ein Generalverdacht gegen die gesamte Bevölkerung eine Landes ist die VDS?

Ferner kokettiert Fr. Merkel hier mit ihrer angeblichen Unwissenheit, als ob von theologischer Seite die Gewaltaufrufe nicht nur immer wieder legitimiert worden sind, sondern sogar ausgingen. Ihr dürften diverse islamische Rechtsgutachen („Fatwas“) von religiösen Autoritäten (bspw. Tötungsaufrufe gegen Salman Rushdie, Shahin Najafi u.v.m.) genausowenig entgangen sein, wie die brutale Strafpraxis wegen Nichtigkeiten gemäß der Scharia in islamischen Ländern.

Von den islamischen Klerikern eine Lösung zu erwarten, ist mehr als nur naïv. Diese sind das Problem, nicht die Lösung! Es gibt ungezählte Fatwas (z.B. Apostasie-Fatwa der Al-Azhar-Universität von 1978) die nicht nur mit dem Grundgesetz unvereinbar sind, sondern geradezu ein friedliches Zusammenleben verhindern. Heiratet bspw. ein Mohammedaner einen Nicht-Mohammedaner, werden die Kinder automatisch zu Mohammedanern. Sollten sich diese vom Islam abwenden, sind sie zu töten. Selbstverständlich ist für alle anderen Apostaten ebenfalls die Todesstrafe vorgesehen. Gläubige Mohammedaner leben praktisch permanent in einer Welt sich diametral widersprechender Rechtsräume. Das muss zwangsläufig zu Problemen mit führen, insbesondere wenn der Anteil an Mohammedaner zunimmt. Strenggläubige Juden und Christen stehen vor exakt demselben Problem, mit denselben negativen Auswirkungen auf die Gesellschaft.

Gehen Politik und Justiz schon entschlossen genug gegen Muslime in Deutschland vor, die unsere Rechtsordnung nicht akzeptieren und nach den Regeln des Scharia leben wollen? Der Salafismus gehört eindeutig nicht zu Deutschland.

Richtig, der Salafismus gehört nicht zu Deutschland. Wir begegnen ihm mit den Mitteln unseres Rechtsstaates. Das Strafrecht schützt unsere Werteordnung. Sogenannte Ehrenmorde, Gewaltexzesse in Familien oder Versuche, hier mit der Scharia eine Paralleljustiz zu etablieren, sind damit eindeutig nicht vereinbar.Das müssen wir klar sagen und durchsetzen. Unsere unabhängige Justiz hat die Aufgabe, strafbares Verhalten insoweit konsequent zu ahnden.

Vor ein paar Sätzen, sprach sie sich noch die Kompetenz zu theologischen Fragen ab, aber jetzt weiß sie ganz genau, daß der Salafismus als islamische Richtung nicht zu Deutschland gehört. Nun ist die Scharia keine Besonderheit des Salafismus, sondern konstituierender Bestandteil des Islam. Ein Mohammedaner der die Scharia ablehnt, lügt entweder oder er muss sich den Vorwurf gefallen lassen, kein guter Mohammedaner zu sein.

Außerdem schützt unser Strafrecht nicht die Werteordnung, da es erst im Nachhinein zum Tragen kommt. Wenn mit den Mitteln des Strafrechtes vorgegangen werden muss, wurde die Werteordnung bereits verletzt. Mindestens in Berlin gibt es bereits sich an der Scharia orientiertende „Friedensrichter“, was nichts anderes als eine Paralleljustiz, wenn nicht gar eine Form von Mafia, ist. Hier wird nichts klar kommuniziert, sondern aus Gründen politischer Korrektheit unterbleibt eine klare Stellungnahme.

Auf die Unabhängigkeit der Justiz in Deutschland sollte man sich nicht allzu viel einbilden, da die Justiz weisungsgebunden ist. Wäre sie unabhängig, dann hätte bspw. die durch die Snowden-Dokumente an die Öffentlichkeit gekommene Abhörpraxis durch die Geheimdienste (NSA, GCHQ, BND) einen vollkommen anderen Verlauf genommen. Ich bin sogar der Meinung, daß eine unabhängige Justiz in dieser Angelegenheit für amtierende und ehemalige Regierungsmitglieder eine große Bedrohung wäre.

Halten Sie die Furcht vor der Islamisierung Deutschlands für berechtigt?

Nein. Die Muslime und ihre Religion, der Islam, sind Teil unseres Landes. Eine Islamisierung sehe ich nicht. Ich sehe eher für Christen die Notwendigkeit, noch mehr und selbstbewusst über ihre christlichen Werte zu sprechen und ihre eigenen Kenntnisse ihrer Religion zu vertiefen. Mit fortschreitender Säkularisierung lassen die Kenntnisse über das Christentum immer mehr zu wünschen übrig. Jeder sollte sich selbst fragen, was er zur Stärkung der eigenen Identität, zu der bei der Mehrheit immer auch noch die christliche Religion gehört, tun kann. Das ist aber keine klassische Aufgabe für die Politik. Im Wesentlichen sind hier Kirchen und in erster Linie die Gläubigen selbst gefordert. Die Politik kann hier nur die Rahmenbedingungen schaffen wie etwa mit dem Religionsunterricht, den ich sehr befürworte.

Ob sich tatsächlich heute noch eine Mehrheit zum Christentum bekennt, wage ich zu bezweifeln, in den Kirchen findet sich diese Mehrheit jedenfalls nicht wieder und die Kirchenaustrittszahlen sprechen auch nicht dafür. Nun braucht man als Christ nicht unbedingt eine Kirche, weder als Gebäude, noch als Organisation, aber auch die Lebensführung weiter Teile der Republik lässt nicht unbedingt einen christlichen Glauben erkennen.

An dieser Stelle des Interviews wird jedoch klar, warum die Politik massiv den Schulterschluss zwischen Christentum und Islam sucht, weil sie hoffen, nur so einen gemeinsamen, größeren Feind bekämpfen zu können: Die Säkularisierung! Ein Umstand den ich bereits vor einigen Wochen andeutete. Auch hatte Fr. Merkel bereits 2012 zu einer verstärkten Missionierung durch die christlichen Kirchen aufgerufen, sowie sich für eine gesetzliche Erlaubnis der religiös motivierten Genitalverstümmelung bei Knaben eingesetzt. Auch wenn sie es nicht wörtlich sagt, aber Angela Merkel und die Parteien wollen das Rad zurückdrehen, denn sie streben eine religiöse Gesellschaft an. Daher gibt es in den letzten Jahren auf politischer Seite auch keine Fortschritte im Bereich der Säkularisierung.

3 Kommentare

  1. […] Wanka betreibt hier, wie auch Angela Merkel, ganz offensichtlich Gegenaufklärung. Ein säkularer Staat ist zur Neutralität verpflichtet, dies […]

  2. Ebert sagt:

    Vielen Dank für die klare Analyse. Man muss sich klar machen, dass die mordenden Islamanhänger in Paris im Grunde nur dasselbe wollen wie die Religionsgesellschaften in Deutschland: der hiesigen Gesellschaft ihre Moralvorstellungen aufzuzwingen. Die hiesigen Religionsgesellschaft versuchen das über ihre Einflussagenten in Presse, Parlamenten und Gerichten, übrigens bisher mit bemerkenswertem Erfolg (s. Verbot der Abtreibung, der Kampagne gegen Sterbehilfe, der Zulassung der männlichen Genitalverstümmelung bei Kindern etc.). Die Pariser Attentäter mit dem Mittel der Ermordung. Das Ziel ist dasselbe.

  3. […] Deutschland sind. Offenkundig scheint mir zu sein, daß Angela Merkel auf intellektueller Ebene ein massives Problem mit der zunehmenden Säklarisierung Deutschlands hat. Eine gläubige Bevölkerung wäre ihr wohl weitaus […]

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