Marion Detjen: Die vier Axiome der Gender Studies


In der Zeit versucht sich Marion Detjen (Humbug-Uni Berlin, @MarionDetjen) an dem Versuch vier Grundprinzipien der von ihr so geschätzen „Gender Studies“ herauszuarbeiten, da sie sie nicht nur von den Naturwissenschaften, sondern auch von weiten Teilen der Soziologie im Stich gelassen fühlt. Der reduktionistische Ansatz ein Fachgebiet auf einige wenige Axiome zurückzuführen klingt interessant und verdient daher nähere Beachtung.

Und auch nicht erst seit gestern werden Irrtümer, Probleme, Fehlentwicklungen, die es in den Gender Studies wie in allen Wissenschaften gibt, auf unfairste Weise dem Fach als Ganzes angelastet, um ihm die Existenzberechtigung abzusprechen. Das ist nicht schön, aber auch keine Katastrophe, so funktioniert eben die Medien- und Meinungsdemokratie.

Zunächst wäre hier ersteinmal einmal anzumerken, daß sich die Protagonisten von „Gender Studies“ im Besitze der allein selig machenden Wahrheit wähnen — daher ja auch Genderwahn — und jedwede Kritik von außen, egal von welcher Seite, günstigenfalls umgehend zurückweisen, meist jedoch mit cholerischem Gekeiffe und Verbalattacken beantworten. Weiterhin sind es die Verfechter von „Gender Studies“, die die Öffentlichkeit suchen, wie auch dieser Artikel beweist, und eine inneruniversiäre/akademische Auseinandersetzung scheuen. Für die behauptete Verweigerung der Solidarität der Geisteswissenschaften mit den „Gender Studies“ wäre der Gang an die Öffentlichkeit gar nicht notwendig gewesen, denn die Öffentlichkeit kann in diesem Falle nicht unbedingt etwas zur Klärung des Problems beitragen, außer man will einer akademischen Grundsatzdiskussion aus dem Wege gehen und nur Druck gegen die Kritiker erzeugen, in der Hoffnung, diese werden durch den entfesselten medialen Entrüstungssturm einknicken.

Diese Art der assymetrischen Kommunikation (Naturwissenschaftler kommunizieren über Fachveröffentlichungen, Genderisten über die Medien — sie haben auch ansonsten praktisch keine Fachveröfffentlichungen) könnte einer der Gründe sein, warum von Seiten der Naturwissenschaften bisher (leider) wenig zum Thema zu hören ist, obwohl von dort die Postulate im Handumdrehen widerlegt werden könnten, sofern selbige überhaupt stringent formuliert und falsifizierbar sind. Aus Sicht der Naturwissenschaft sind „Gender Studies“ in vielerlei Hinsicht unsichtbar, da sie keinen fachlichen Beitrag leisten, der dort eben über Veröffentlichungen in Fachzeitschriften erfolgt. Das der Evolutionsprofessor Kutschera jetzt ebenfalls an die Öffentlichkeit geht, liegt in der Tatsache begründet, daß ganz allmählich auch in den Naturwissenschaften durchsickert, daß die Hypothesen der „Gender Studies“ nicht einfach nur blanker Unsinn sind, sondern zu einer Verblödung der nachwachsenden Generation führen und somit die Wissenschaft als Ganzes einen erheblichen Schaden erleidet. Es verwundert übrigens nicht, daß Prof. Kutschera¹ zu den ersten gehört, die hierzu öffentlich Stellung beziehen, ist es doch er, der schon seit geraumer Zeit dem sich ebenfalls ausbreitenden Unfug des Kreationismus entgegenstellt.

Sex sei für einen Biologen Fortpflanzung, ein Mann sei ein Mann, eine Frau sei eine Frau, und wer das nicht anerkenne, betreibe politische Ideologie. Ein Globalangriff von Wissenschaft gegen Wissenschaft. […] In der Wissenschaft herrscht Klärungsbedarf.

Hier irrt die Autorin. In der Wissenschaft herrscht dsbzgl. kein Klärungsbedarf. Den Vorgang, der die Verschmelzung von Samenzelle, deren Träger als männlich bezeichnet werden, mit einer Eizelle, deren Träger als weiblich bezeichnet werden, zum Zwecke der Reproduktion wird als Sex bezeichnet. Da gibt es nichts zu klären. Es ist an den „Gender Studies“ zu beweisen, daß sie erstens, eine Wissenschaft sind, für die sie sich ausgeben und zweitens, daß die auf recht festem Fundament ruhenden Theorien der Naturwissenschaften durch die Hypothesen der „Gender Studies“ ins wanken geraten. Dies erfolgt jedoch nicht, da die übliche wissenschaftliche Vorgehensweise (Belege sammeln, Feldstudien, Datenauswertung etc.) als patriarchalisch diskriminierend abgelehnt wird. Genau dieses „es herrscht Klärungsbedarf“ meinte u.a. Prof. Kutschera als er einen Vergleich zwischen Kreationismus und „Gender Studies“ zog. In beiden Fällen wird der interessierten Öffentlichkeit vorgegaukelt, daß es in der Wissenschaft zu den wesentlichen Punkten unterschiedliche Auffassungen gäbe. In der Biologie sind aber die Begriffe männlich, weiblich und Sex fest definiert und unstrittig.

Mich persönlich würde jetzt noch interessieren welche Fehler denn „Gender Studies“ aus Sicht von Fr. Detjen aufweist, dazu schweigt sie leider. Es ist ja schon viel, daß dort überhaupt jemand die bloße Existenz von Fehlern einräumt.

Die Gender Studies gehen von einigen Grundannahmen und Voraussetzungen aus, die ich hier einmal kurz aufzählen und zur Diskussion stellen will. Wen es langweilt, der möge die nächsten vier Absätze überspringen.

Nur weil jemand von Grundannahmen ausgeht, heißt das noch lange nicht, daß es sich dabei um Wissenschaft handelt. Genau dies macht die Diskussion mit Genderisten abseits ihrer verbalen Aggressivität auch so schwer. Sie besetzen einen frei gewählten, nicht belegten Standpunkt den sie verteidigen, da er nicht aufgegeben werden darf, ein Vorgehen wie in der Theologie, die ebenfalls keine Wissenschaft ist. Das Ziel ist somit bereits im Voraus festgelegt. Diese Art nennt man gemeinhin Ideologie. Wissenschaft hingegen ist ergebnisoffen. Selbstverständlich kann man eine Hypothese (im Voraus) aufstellen, deren Gültigkeit muss jedoch immer mit Belegen in Form von Daten unterfüttert und besser noch versucht werden, zu widerlegen. Wenn viele Belege zusammenkommen und immer wieder in dieselbe Richtung zeigen kann aus der Hypothese auch ein Axiom, ein vielfältig belegter (sic!) Grundsatz, der aus dem System heraus nicht deduktiv abgeleitet werden kann, erwachsen. Typisches Beispiel sind die Haupsätze der Thermodynamik, vielfach belegt, aber nie verletzt. „Gender Studies“ verhalten sich komplett anders. Es wird eine willkürliche Annahme gemacht und umgehend mit politisch-gesellschaftlichen Forderungen verbunden. Eine genderistiche Feldforschung gibt es de facto nicht!

Genderaxiome

Fr. Detjen wäre es wohl wirklich am liebsten, wenn jedermann die vier Absätze mit ihren Axiomen unkommentiert lassen und überspringen würde, aber den Gefallen kann man ihr nicht tun.

1. Genderaxiom: Geschlechtsidentität ist ein soziales Konstrukt

Die Verhältnisse, in denen wir Menschen leben (vielleicht auch Delfine, Hunde und Schimpansen?), also auch die Geschlechterverhältnisse, also auch unsere geschlechtlichen Identitäten, also auch der Sex, sind sozial konstruiert, und das heißt nicht, dass Gene, Fortpflanzungsorgane, Hormone und sonstige Materialitäten keine Rolle spielen würden, sondern nur, dass sie alleine nichts zwangsläufig festlegen und erst durch sozialen Umgang für die geschlechtliche Identität, für den Sex und die Geschlechterverhältnisse relevant werden.

Hier widerspricht sie der Lehrmeinung in den „Gender Studies“. Offiziell wird gelehrt, daß die Biologie keine Rolle spiele. Gegenteilie Auffassungen werden als diskriminierende „Biologismen“ abgekanzelt. Die „Gender Studies“ führen keine Diskussion zur Biologie, die entsprechende Gegenbeweise zu dem Axiom vorlegen kann, sondern negiert sie.

Außerdem läuft die Argumentation in den praktizierten „Gender Studies“ in nicht auflösbare Parodoxa. Wenn die geschlechtlichen Identitäten nur sozial konstruiert wären und die biologischen Realitäten keine prägende Rolle spielten, ließe sich die sexuelle Identität zunächst dekonstruieren und anschließend unter anderem Vorzeichen wieder konstruieren. Kurz gesagt, Homosexualität wäre doch heilbar, wie es die Evangelikalen Christen behaupten. Auch Doping im Sport widerlegt dieses Axiom. Eine entsprechende Hormonbehandlung, wie sie auch im Vorfeld von Geschlechtsumwandlungen angeboten wird, hat eine dramatische Änderung der Physis zur Folge. Auch erwachsene Männer, denen aus medizinischen Gründen die Hoden entfernt werden mussten, erfahren eine erhebliche Veränderung ihrer Persönlichkeit, die zu beachtlichen psychischen Problemen führt, sofern keine Hormonsubstitutionstherapie vorgenommen wird. Wäre alles nur ein soziales Konstrukt könnte man sich in diesen Fällen das Brimborium mit den Hormonen sparen. Mehr noch, Geschlechtsumwandlungen wären sogar hinfällig, man würde denjenigen durch soziale De- und Neokonstruktion an seinen Körper anpassen.

Weiterhin können die „Gender Studies“ das Auftreten von Transsexualität nicht erklären. Nach deren Lehre dürfte diese gar nicht existieren, denn die Gesellschaft schreibt niemandem Transssexualität zu, im Gegenteil die meisten Gesellschaften blenden sie eher aus. Im Grunde verweigern die „Gender Studies“ durch die Negierung der biologischen Prägung den Transsexuellen die Anerkennung des ihnen eigenen Wesenszustands, da sie von einer gesellschaftlichen Konstruktion ausgehen. Insofern ist es überaus erstaunlich, daß viele Transsexuelle den „Gender Studies“ mit Begeisterung folgen.

Das 1. Genderaxoim ist schlicht eine falsche Annahme, allerdings mit weitreichenden, für die Gesellschaft überaus teuren Folgen.

2. Genderaxiom: Gesellschaftsverhältnisse

Wenn die Verhältnisse nicht naturwüchsig oder von Gott gegeben, sondern sozial gemacht sind, dann liegt es an uns, uns jenseits der Wissenschaft, aber unter Verwendung ihrer Ergebnisse, darüber zu unterhalten, ob und wie wir sie vielleicht verändern wollen. Es ergeben sich politische Fragen. Und es wäre nett und im Sinne des Grundgesetzes, diese Fragen so zu formulieren und anzugehen, dass die nach wie vor bestehenden, eklatanten vergeschlechtlichten Ungleichgewichte (in der Verteilung der Care-Arbeit, in der Bezahlung, bei der Besetzung von Machtpositionen etc. pp.) beseitigt werden und die Beschwerden auch von kleinen Minderheiten wie den Transsexuellen Gehör und Berücksichtigung finden.

Was hat das alles mit Wissenschaft zu tun? Nichts! Dieses Axiom ist keine eigenständige, wissenschaftlich anzugehende These zu den inhaltlichen Grundlagen von „Gender Studies“, sondern eine politische Handlungsanweisung unter der Prämisse der Gültigkeit des 1. Genderaxioms. Es ist aber ein Beleg dafür, daß Genderismus keine Wissenschaft, sondern Ideologie ist und an Universitäten nichts zu suchen hat. Außerdem wird die angebliche Diskussion, ob man die Verhältnisse ändern möchte auch im Politischen von Seiten der Genderisten gar nicht erst geführt, sondern ein Zwang zur Veränderung aufoktroyiert. Darüberhinaus macht das Grundgesetz auch keine Vorgaben wie Fragen zu formulieren sind, im Gegenteil eine solche Vorgabe würde zu Widersprüchen führen, denn nach Art. 5 GG herrscht Wissenschaftsfreiheit, d.h. der Staat darf die Fragestellung gar nicht vorgeben. Wer dies aber so haben will, handelt grundgesetzwidrig und befindet sich auf dem besten Weg in eine totalitäre Gesellschaft. Solange also die Gültigkeit des 1. Genderaxioms nicht belegt ist, erübrigt sich das Zweite von alleine.

3. Genderaxiom: Wissenschaft und Politik

Wissenschaft funktioniert nach ihren eigenen Regeln. Und trotzdem nicht unabhängig von der Politik. Die Geschlechterforschung, genauso wie die Evolutionsbiologie, genauso wie die Wirtschaftsmathematik und was immer sonst so an unseren Universitäten gelehrt wird – all diese Forschung verdankt ihre Existenz – nicht ihre Ergebnisse – letztlich politischen Entscheidungen und steht in politischen Kontexten, weil irgendjemand sie ja institutionalisieren und finanzieren muss. Deutschlandweit gibt es 15 eigene Lehrstühle für die Geschlechterforschung; für die Sportmedizin beispielsweise gibt es 28 eigene Lehrstühle. Ob und warum nun das eine oder das andere zu viel oder zu wenig ist, darüber kann und soll man reden.

Wie schon zuvor, was hat das mit den inhaltlichen Grundlagen der angeblichen Wissenschaft „Gender Studies“ zu tun? Wiederum nichts! Die Wissenschftlichkeit eines Fachgebietes ist völlig unabhängig von der Anzahl der auf es entfallenden Lehrstühle, es ist selbst unabhängig davon ob es an einer Universität gelehrt wird oder nicht. Einzig die Methodologie ist entscheidend. Dies hier ist kein Axiom irgendeiner Wissenschaft — es gibt keine fachspezifische Aussage —, sondern nur eine verklausulierte Geldforderung.

Das System Wissenschaft funktioniert durchaus vollkommen unabhängig von Politik, genau aus diesem Grunde versuchen alle totalitären Regime die Freiheit der Forschung einzuschränken. Wissenschaftliche Erkenntnis, wenn auch nicht ihre Protagonisten, ist primär blind für Politik. Die Politik kann sich der Erkenntnisse bedienen oder auch nicht, aber die Erkenntnisse bleiben dieselben. Offenbar setzt sie Wissenschaft mit dem von Staatsgeldern abhängigen akademischen Lehrbetrieb gleich. Um eben diese Unabhängigkeit zu gewährleisten, war u.a. Art. 5 GG gedacht. Genau dies will aber der Genderismus nicht, es soll durch politische Maßnahmen auf allen Ebenen der Gesellschaft, nicht nur bei den Universitäten, ein Abgleich mit den unbelegten Thesen des Genderismus erfolgen. Die genannten 15 Lehrstühle verschleiern die Tatssache, daß es bereits rd. 200 Professorenstellen für Gender in Deutschland gibt (hinzu kommen noch hunderte an Genderkadern in Behörden und privaten Firmen), Staatsfeminismus vom Feinsten.

4. Genderaxiom: Sprachkonstruktabilität

Die Sprache, mit der wir uns ausdrücken, ist ebenfalls kein Naturprodukt, sondern ein Ergebnis sozialer Prozesse. Und leider wurde sie über Jahrtausende so ausgeprägt, dass sie männliche Perspektiven reproduziert, für die das Weibliche das Andere ist, das markiert werden muss, um überhaupt zur Sprache zu kommen. Dieser fundamentale, ja tragische Missstand lässt sich nicht elegant beheben. Die Vorschläge der feministischen Linguistik – das Binnen-I, der Unterstrich, das Sternchen, das x, das generische Femininum – können das Problem nicht lösen, aber machen darauf aufmerksam; sie irritieren, wecken Sensibilität.

Dieses Diktum erinnert mich stark an Religion. Nicht nur weil sich hier die Vorstellung von „Am Anfang war das Wort“ wiederfindet, sondern weil hier die zutiefst religiöse, von den Naturwissenschaften abgekoppelte Vorstellung einer Dichotomie des Seins hervorscheint. Praktisch alle relevanten Religionen konstituieren den Menschen als Zweikomponentensystem. Da ist der bloße (vergängliche) Körper, in dem sich eine zweite (unsterbliche) Entität — Seele, Geist, wie auch immer genannt — befindet, die den Körper wie eine Maschine steuert. Bei den „Gender Studies“ besteht die Dichotomie aus der (passiven) Biologie eines Wesens und der parallel existierenden, von natürlichen Prozessen losgelösten Entität „sozialer Prozess”. Die sozialen Prozesse übernehmen den biologischen Körper und formen ihn. Daß dies so nicht stimmen kann, wurde bereits im 1. Genderaxiom aufgezeigt.

Damit dieses Genderaxiom Gültigkeit erlangen könnte, müsste zunächst der Beweis erbracht werden, daß die Sprache kein Naturprodukt ist. Um dies zu erreichen müsste aber wiederum vorher eine klare Abgrenzung von natürlich zu unnatürlich, in diesem Falle zu sozial, gezogen werden. Warum sollten soziale Prozesse unnatürlich sein und was sind die Kennzeichen von Unnatürlichkeit? Allein dies aufzuzeigen lieferte schon genug Arbeit für die „Gender Studies“. Als Sahnehäubchen könnten sie dann auch noch ein Modell für das Wesen der (Parallel-) Existenz der sozialen Prozesse vorschlagen. Und erst wenn dies geschehen ist, können sie mit dieser These wiederkommen. Bis es soweit ist, darf man — nach Ockhams Rasiermesser — weiter die weitaus plausiblere, weil belegbehaftete, These verfolgen, daß soziale Prozesse natürlichen Ursprungs sind und während der Evolution zum Vorteil der Arterhaltung hervorselektiert wurden. Demzufolge müsten die „Gender Studies“ weiterhin erklären, warum, entgegen ihrer Annahme natürlicher Grundlagen, es in allen Sprachen männliche und weibliche Zuschreibungen gibt und warum diese nicht auf biologischen Grundlagen beruhen sollten.

Daß es in vielen Gesellschaften Ungerechtigkeiten u.a. auch zwischen Männern und Frauen gibt, ist unbestritten, gelöst werden diese aber mit Sicherheit nicht durch einfache Abänderung von Bezeichnungen und Satzkonstruktionen. Jemand der misandrisch oder misogyn ist, wird seine Einstellung nicht ändern, weil es keine geschlechtsspezifischen Wortbestandteile mehr gibt. Sprache kann die Realität reflektieren, sie aber nicht schaffen.

Lamenti

Nun ist es so: In den Geistes- und Sozialwissenschaften gehört die Grundannahme, dass unsere Verhältnisse – inklusive Volk, Staat, Nation, Subjekt, Familie etc. pp. und eben auch Körper, Sprache und Geschlecht – nicht naturwüchsig existieren, sondern sozial konstruiert und veränderbar sind, seit Jahrzehnten zum Kernbestand.

Wie bereits oben gesagt, die Existenz einer Annahme, unabhängig vom Zeitraum ihrer Existenz, allein macht noch keine Wissenschaft. Annahmen können auch schlicht willkürlich und falsch sein. Auch ist die Art menschlichen Zusammenlebens tatsächlich von der Natur vorgegeben. Der Homo sapiens ist eine Chimpansenart, deren Sozialverbände aus Kleinhorden bestehen. In Einzelhaltung (Einzelhaft über lange Zeit ist Folter!) oder zu große Gruppen überfordern den Menschen. Genau diese vorgegebene Organisationststruktur bereitet ab einer bestimmten Anzahl von Menschen auf einem Raum auch Probleme, da wir nicht wirklich aus unserer vorgegebenen Natur ausbrechen können. Die Hypothese, daß der Körper nicht naturwüchsig, sondern sozial konstruiert ist, ist derart dämlich, daß ich auf sie nicht weiter eingehen will.

Wer etwas anderes behauptet, disqualifiziert sich wegen Essentialismus. Ich weiß nicht, wie es die Naturwissenschaften halten, in der Biologie scheint in den Fragen des Geschlechts wenig Einigkeit zu herrschen.

Was soll man jetzt dazu sagen? Mir jedenfalls war bisher vollkommen unbekannt, daß die Biologie aus den Naturwissenschaften entfernt wurde. Warum und vor allen Dingen wer hat sie dort ausgeschlossen? Und nochmals, in Fragen des Geschlechts gibt es in der Biologie keine Uneinigkeit. Auch eine These, welche die Autorin in den Raum stellt ohne sie zu belegen.

Dennoch stehen die Gender Studies auch in den Geistes- und Sozialwissenschaften weitgehend alleine. Wenn sie angegriffen werden, aus Gründen, die den Kernbestand aller treffen, erfahren sie kaum Solidarität.

Das wäre ja mal eine gute Nachricht, die hoffen lässt, wenn es denn stimmen täte. Aber nach all dem Unsinn den die Autorin bisher von sich gegeben hat, kann man sich nicht mal mehr dessen sicher sein. Darüberhinaus verzapfen die Geisteswissenschaften derzeit nicht viel weniger Unsinn als die „Gender Studies“. Aber davon mal abgesehen, Wissenschaft ist auch keine Solidaritätskundgebung.

Resümee

Festzuhalten bleibt, daß sich zwei der vier Axiome überhaupt nicht mit den inhaltlichen Grundlagen der „Gender Studies“ beschäftigen, sodnern politische Forderungen darstellen. Klassischer Fall von Thema verfehlt. Die zwei verbleibenden Axiome markieren zwar die Grundlagen von „Gender Studies“, sind aber ohne empirisches Fundament und werden von den Naturwissenschaften klar widerlegt.

Es hat alles nichts geholfen. Selbst nach Vorstellung ihrer vier Thesen präsentieren sich die „Gender Studies“ genauso unwissenschafltich wie zuvor. Im Gegenteil, Fr. Detjen verfestigt nur weiter das Bild, daß es sich bei „Gender Studies“ nicht um Wissenschaft, sondern um reine Ideologie handelt, die ihre Legitimierung als Wissenschaft durch Akademisierung sucht. Ihre Grundannahmen bleiben unbelegte Annahmen, die den Erkenntnissen der Naturwissenschaften widersprechen, sofern sie sich überhaupt mit inhaltlichen Grundlagen von „Gender Studies“ befassen und keine politischen Forderungen sind.

Weiterhin hat Fr. Detjen mit diesem Text gezeigt, daß sie selbst offenbar nicht mal in Grundzügen verstanden hat, was die Kernelemente von Wissenschaft sind.

Gender ist und bleibt bis auf Weiteres gaga.


1 Ein kleines Detail am Rande:

Mit dem Evolutionsbiologen und Lehrstuhlinhaber Ulrich K.

Ulrich K., eine interessante Schreibweise für einen Professor, der freiwillig öffentlich zur Verfechtung seiner Thesen auftritt. Normalerweise wählt man diese Form der Schreibung wenn man die Identität der Person schützen möchte, bspw. bei nicht verurteilten Angeklagten.

4 Kommentare

  1. uwe hauptschueler sagt:

    vielen dank für Ihren artikel. ich weiss zwar immer noch nicht was gender wissenschaften sind, hab aber auch nicht das gefühl da etwas zu versäumen.

  2. @Uwe Hauptschüler
    Das ist eines der Probleme mit Gender, die große Mehrheit, sofern sie von Gender überhaupt schon gehört hat, ignoriert die Spinner ohne bisher zu erkennen, daß hier eine gesellschaftliche Revolution im Gange ist. Es ist keine Wissemnschaft; Es geht um nichts Geringeres als die Schaffung des neuen Menschen für ein Paradies auf Erden unter der Herrschaft der Frauen durch Beseititung des größten Übels seit Anbeginn der Menschwerdung, des weißen, heterosexuellen Mannes.

    Intellektuell verpassen tun sie mit Sicherheit nichts, aber die Folgen werden sie zu spüren bekommen und finanzieren tun sie das bereits jetzt schon mit ihren Steuergeldern. Das ganze Gendergedöns kostet die Volkswirtschaft bereits mehrere Milliarden Euro, die bei anderen, wichtigen Dingen fehlen. Deshalb wird es langsam Zeit, daß sich eine breite Masse den Genderunfug, der die gesellschaftlichen Institutionen wie ein metastasierendes Krebsgeschwür durchzieht, mal genauer ansieht.

  3. WikiMANNia sagt:

    Die WikiMANNia-Redaktion hat auch Schwierigkeiten, herauszufinden, was die Gender Studies/der Genderismus nun eigentlich sind. Es ist etwas tröstlich, dass andere dieselben Problem haben.

  4. Wir wissen nicht was es ist, aber wir wissen was es nicht ist!

    Es ist keine Wissenschaft. Es gibt keinerlei Defintionen des und innerhalb des Genderismus, außer daß der weiße heterosexuelle Mann schuldig ist, im Gegenteil Festlegungen werden wann immer möglich vermieden.

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