Am 25.02.2014 hat die Senatsverwaltung von Berlin für Bildung, Jugend und Wissenschaft, vertreten durch Maria Bering (CDU), eine Stellungnahme zu den um die Jahreswende bei ihr eingegangenen Anfragen bzgl. der Akkreditierung der Homöo-Akademie in Traunstein abgegeben. Der vorletzte Satz der Stellungnahme ist der Wichtigste, stellt er doch die Haltung des Senats unmissverständlich klar:
Der Studiengang wurde vom Land Berlin genehmigt und dabei hinsichtlich der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und der inhaltlichen Plausibilität geprüft; hinsichtlich der weiteren inhaltlichen Ausgestaltung und der Studierbarkeit wird der Studiengang derzeit in einem Programmakkreditierungsverfahren überprüft.
Der Rest des Schreibens ist eine typisch politische Mischung aus Beschwichtigung, Beantwortung nicht gestellter Fragen und Nichteingehen auf die ursprüngliche Poblemstellung.
Ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass diese Bedenken gegenstandslos sind
Ganz im Gegenteil, die Kenntnisnahme der gesamten Stellungnahme hat meine Befürchtungen nicht nur bestätigt, sondern noch weiter vertieft.
Im medizinischen Anwendungsbereich ist die Homöopathie fest im deutschen Gesundheitssystem verankert. So finanzieren 70% der gesetzlichen Krankenkassen homöopathische Behandlungen durch entsprechend ausgebildete Mediziner. In Deutschland gibt es rund 7.000 homöopathische Ärzte, die nach schulmedizinischem Studium und Facharztausbildung eine von den Landesärztekammern anerkannte homöopathische Weiterbildung absolviert haben.
Was hier als Beruhigung dargestellt wird und wohl auch aus Überzeugung so gemeint war, ist genau das eigentliche Problem. An deutschen Universitäten hat sich in den letzten Jahren ein ganz eigenes pseudowissenschaftliches Biotop — Hogwarts an der Oder oder der Gender-Studiengang an der Humboldt-Universität sind nur besonders prominente und peinliche Beispiele — herausgebildet, dessen Existenz nun als Begründung für seine eigene Richtig- und Wichtigkeit dient. Dies kann man allerdings nicht allein der Politik vorwerfen. Politiker sind so gut wie immer technisch-wissenschaftliche Analphabeten, sie orientieren sich an denjenigen die Stimmen und Geld bringen. Das Prinzip „Wissenschaft“ halten sie für beliebig verhandelbar, sofern sie es überhaupt verstanden haben. Den größten Teil der Schuld tragen hier die Universitäten, bzw. die Wissenschaftler an diesen, die diesen Unsinn mindestens schweigend geduldet, wenn nicht sogar aktiv gefördert haben.
Vornehmliches Ziel der gesetzlichen Krankenkassen ist die Gewinnung Besserverdienender als Kunden. Da Homöopathie bevorzugt von diesen nachgefragt wird, ist es eine logische Konsequenz, daß die miteinander im Wettbewerb stehenden KVs die Homöopathie als Mittel der Kundenakquise für sich entdeckt haben. Dies lässt daher keinen Rückschluss auf den Nutzen einer Methode zu. Bisher übernehmen die Krankenkassen soweit mir bekannt ist glücklicherweise noch nicht die Kosten einer kompletten, längeren homöopathischen Behandlung.
Die Landesärztekammern sind bzgl. Wissenschaftlichkeit ebenfalls keine maßgeblichen Institutionen, verstehen sie sich doch als Interessenvertretung der Ärzte. Sie folgen den ökonomischen Trends, bildet doch der Wunsch vieler Patienten nach diesen fragwürdigen Methoden eine nicht zu unterschätzende, hochwillkommene Einnahmequelle für viele Praxen. Auch hier ist die Nachfrage kein Maß für den Nutzen.
Angesichts dessen ist es aus meiner Sicht sehr sinnvoll, dass die Homöopathie Gegenstand akademischer Forschung und Lehre in Deutschland ist. Schon jetzt bieten nahezu alle staatlichen medizinischen Universitäten in Deutschland, z.B. an den Universitäten München, Bonn, Bochum, Göttingen und Erlangen, Homöopathie als Wahlfach an; an Fakultäten gibt es Lehrstühle, die sich mit Homöopathie und ihrer Wirksamkeit beschäftigen. Und an mehreren anderen privaten und staatlichen Hochschulen in Deutschland gibt es Studiengänge zu Komplementärmedizin aus medizinischer oder kulturwissenschaftlicher Sicht.
Hier müsste Fr. Bering bzw. der Senat im Sinne der inhaltlichen Prüfung auf Plausibilität darlegen können, warum eine Methode die nicht nur allen wissenschaftlichen Erkenntnissen widerspricht und der alle ernstzunehmenden wissenschaftlichen Studien entweder Wirkungslosigkeit oder eine nicht über den Placeboeffekt hinausgehende Wirkung bescheinigen, eines eigenständigen Studienganges mit akademischem Grad als Abschluss bedarf. Fr. Bering nennt in ihrer Aufzählung bekannte Universitäten, die (leider) Homöopathie als Wahlfach anbieten und suggeriert damit, daß die Homöopathie zu den relevanten Forschungsgebieten in Deutschland zählt, die gleichberechtigt neben denen von Chemie und Physik steht. Im Gegenteil, jemand der anfängt Homöopathie ernsthaft zu vertreten landet auf Grund ihrer Absurdität schnell im o.g. Biotop und wird wissenschaftlich nicht mehr ernst genommen. Als weiteres Maß für die Verankerung der Homöopathie als „Gegenstand akademischer Forschung und Lehre in Deutschland“ können die Veröffentlichungen zum Thema dienen. Nach der geringen Anzahl dsbzgl. wissenschaftlicher Veröffentlichungen findet entweder keine Forschung statt oder die ach so vielen beteiligten Arbeitsgruppen machen sich auf Steuerzahlers Kosten einen schönen Lenz.
Erstaunlich ist auch, daß es den Senat nicht stutzig macht, daß eine angeblich so wirkmächtige Methode seit rd. 250 Jahren unverändert eingesetzt wird, aber gleichzeitig während der ganzen Zeit keinerlei Beiträge am Erkenntniszugewinn in der medizinischen Forschung geleistet hat.
Insofern stellt der geplante Studiengang der Steinbeis-Hochschule eine weitere Facette der transparenten und wissenschaftsgeleiteten Auseinandersetzung mit diesem Bereich dar, die angesichts der anhaltenden Diskussion um das Fach wüsnchenswert ist.
Das Verfahren ist alles andere als transparent, denn die beteiligten Aufsichtsgremien sind nicht sonderlich auskunftsfreudig. Im Gegenteil, die anhaltende Kritik an der geplanten Homöo-Akademie führt inzwischen sogar dazu, daß die Transparenz abnimmt (die Homöo-Akademie lässt die Seite mit den Lehrkräften verschwinden, die Akkreditierungsagentur wird geheimgehalten, die Senatsverwaltung „übersieht“ die Anforderung von Dokumenten nach dem IFG zum Thema). Ein wesentlicher Antrieb ist rein ökonomischer Natur — die SHB ist ein Wirtschaftunternehmen der Erwachsenenfortbildung —, der Andere der Wunsch nach akademischer Anerkennung. Es ist diesselbe Triebkraft, die Menschen dazu verleitet ihre Dissertationen von Anderen abzuschreiben: Der Titel. Wenn in Zukunft Homöopathen ein „Prof.“ auf ihr Praxisschild schreiben können hat dies für sie eine enorme Werbewirkung, allerdings mit fatalen Auswirkungen für die Wissenschaft als Ganzes.
Was Ihre Bedenken hinsichtlich der Einrichtung und Durchführung des Studienganges angeht, so kann ich Ihnen mitteilen, dass diese gegenstandslos sind: Der Studiengang soll von der Steinbeis Hochschule in Kooperation mit der „Akademie für Homöopathie“ durchgeführt werden. Das heißt, dass wie bei solchen Kooperationen üblich und von den Ländern vorgegeben die akademische Federführung bei der Hochschule liegt (Stellung der Professoren, Auswahl der Lehrbeauftragten, Entscheidung und Prüfungen, Gradvergabe), während der Kooperationspartner für administrative Tätigkeiten und Studierendenrecruitment zuständig ist und gegebenenfalls Lehrbeauftragte stellt, wenn diese die rechtlichen Vorgaben erüllen. Der Studiengang wurde vom Land Berlin genehmigt und dabei hinsichtlich der Einhaltung der rechtlichen Vorgaben und der inhaltlichen Plausibilität geprüft; hinsichtlich der weiteren inhaltlichen Ausgestaltung und der Studierbarkeit wird der Studiengang derzeit in einem Programmakkreditierungsverfahren überprüft.
Warum sollte es mich beruhigen, daß der Studiengang von der Steinbeis-Hochschule in Kooperation mit der Homöo-Akademie durgeführt wird? Fr. Berings Aussage ist selbstreferentiell. Die Steinbeis-Hochschule ist aus Sicht der Forschung im Allgemeinen und in diesem speziellen Fall ein unbeschriebenes Blatt und die „Homöo-Akademie“ ist eine Neugründung um deren zweifelhafte Anerkennung es gerade geht. Somit kann sie nicht selbst allein durch Nennung ihres Namens für Qualität bürgen. Auch ging es eben u.a. bei den Anfragen um die für eine Lehrtätigkeit an einer Hochschule mangelhafte Qualifikation der Lehrkräfte (einfache Heilpraktiker), was an dem Auswahlverfahen der Beteiligten starke Zweifel bei Senat hätte aufkommen lassen müssen.
Es besteht jetzt zwar noch die Möglichkeit, daß die Programmakkreditierung scheitert, aber bei dem Berliner Filz habe ich daran so meine Zweifel. Oder anders ausgedrückt: Wieviel muss man für eine Programmakkreditierung auf den Tisch legen?
Zum Abschluss noch zwei Bitten:
- Jeder der meint, er könne in irgendeiner Form beitragen (Aktionen, Insiderwissen & -unterlagen, Verwaltungsfachleute etc.), den Unsinn des Senats zu korrigieren, möge sich melden.
- Es gibt eine Petition (s.a. hier) zum Thema. Um äußerst rege Teilnahme wird gebeten: Gegen die Akkreditierung des BSc/MSc Homöopathie-Studiengangs der Homöo-Akademie Traunstein
[…] an Spree und Traun: Berliner Senat bestätigt Genehmigung, Feuerwächter am 2. März […]
[…] Blogartikel http://www.feuerwaechter.org/2014/03/hogwarts-an-spree-und-traun-berliner-senat-bestaetigt-genehmigu… […]
[…] auf den Wortlaut der Meldung: Die SHB hat die Planungen eingestellt, nicht die Verwaltung die Genehmigung zurückgezogen! Über die Gründe kann man nun vortrefflich spekulieren. Für mich gilt jedoch als […]
[…] von Fr. Bering vom 25.02.2104 aus der SenBJW bekannt, dessen Inhalt bereits hier und hier widerlegt wurde. Das Vertrauen vieler Menschen in Etwas, beweist weder dessen Richtigkeit, […]