Die Berliner Ärztekammer holt mal wieder zur Speerspitze der Esoterik auf. Inzwischen erkennen zwar praktisch alle Ärztekammern Veranstaltungen zur Homöopathie als gültige Fortbildungsmaßnahmen an, da das monetäre Interesse der Mitglieder deutlich schwerer wiegt, als das Interesse an einem auf wissenschaftlichen Grundlagen basierenden Gesundheitssystem. In regelmäßigen Abständen wird aber selbst bei der Zulassung dieses Unsinns noch deutlich übertrieben. So fiel die Berliner Ärztekammer bereits Ende 2012 mit der Anerkennung einer Forbildungsveranstaltung mit Jeremy Sherr zur Therapie von AIDS mittels Homöopathie auf. Dieser Tage bietet man dort nun eine mit acht Punkten bewertete Fortbildung (oder sollte man besser Werbeveranstaltung sagen?) unter dem scheinbar harmlosen Titel „Einführung in die Sehgal-Methode“ an (#2761102013161890004).
Die nach ihrem Erfinder, dem Inder Madan Lal Sehgal, benannte, von ihm selbst als „Revolutionierte Homöopathie” („Revolutionised Homoeopathy”) bezeichnet, die wiederum der Hahnemannschen Homöoapthie zuwider läuft, firmiert auch als „gemütsorientierte Homöopathie”. Der Veranstalter ist der Eva Lang Verlag und als „wissenschaftlicher Leiter“ dieser Fortbildung fungiert der berliner Allgemeinmediziner Dr. med. Ekkehard von Seckendorff.
Das irrsinninge revolutionäre an dieser Homöopathieform ist die Art der Diagnosestellung, die zur Wahl des homöopahtischen Therapeutikums (in der Homöopathie als Repertorisierung/Repertorisation bezeichnet) führt. Die Wahl des Mittels erfogt hierbei nicht anhand der krankheitsbedingten Symptomatik, sondern nach dem jeweiligen Gemütszustand des Patienten. Bei Herrn von Seckendorff hört sich das dann so an:
Die so entstandenen Sammlungen nennt man Arzneimittellehre bzw. Arzneimittelbilder. Dazu gibt es Verzeichnisse, die möglichst alle Mittel zu den – nach Rubriken zusammengefassten bzw. gegliederten – einzelnen (Prüfungs-) Symptomen enthalten, diese nennt man Repertorien. Das sind die wichtigsten Werkzeuge für den Homöopathen.
Bei der Sehgal-Methode werden die Rubriken in einem erweiterten Sinne angewendet. Dabei wird der gebräuchliche Wortbegriff analog bzw. im metaphorischen Sinne aus seinem ursprünglichen Bedeutungszusammenhang auf andere Bedeutungen im Sinne einer exakten Ähnlichkeit übertragen. So könnte man die Rubrik „Verlangen nach Licht“ z.B. auch in dem Sinne verstehen, dass jemand „Aufhellung“ wünscht über die Ursache für seine Beschwerden.
Die Geist- und Gemütssymptome der Person kommen durch die Sprache, durch Mimik und Gestik und durch ihr ganzes Verhalten zum Ausdruck. Der Homöopath nimmt diese Informationen in der Anamnese auf. Dabei geht es nicht nur um die sachlichen Informationen, sondern auch um die Art, wie es zum Ausdruck gebracht wird.
Das Arzneimittel, welches dem gegenwärtigen, vorherrschenden und anhaltenden Geist- und Gemütszustand des Patienten am meisten ähnlich ist, das wird für eine erfolgreiche Therapie als Medizin verordnet.
In der Sehgal-Homöopathie ist es sehr wichtig, den Verlauf der Behandlung nach der Mittelgabe genau zu beobachten. Kriterien sind dabei wiederum die Veränderungen im Geist- und Gemütszustand, aber auch die Stoffwechselfunktionen der „Assimilation“ und „Elimination“ (Ausscheidungsreaktionen).
Ist die Hahnemannsche Homöopahtie schon Unsinn, handelt es sich bei der Revolutionierten Homöopahtie nach Sehgal um die Krönung der Quacksalberei und die Berliner Ärztekammer adelt diese Kurpfuscherei auch noch mit Fortbildungspunkten. Übrigens läuft es unter Einführung, was ganz zwanglos zu der Annahme führt, daß auch noch eine Vertiefung droht. (Liest hier jemand von der Steinbeis-Hochschule mit? Wär’ das nicht was für Euch, als eigener Studiengang?)
Dr. Ekkehard von Seckendorff ist auch Begründer und Betreiber der geradezu legendären „Begegnungsstätte zur Vertiefung der Gemütsorientierten Homöopathie“ in Berlin-Lichterfelde mit ihren wahrhaft revolutionären Erkenntnissen:
• Quantenphysik
Die Fragen, die sich die Quantenphysiker stellen, sind genauso wichtig für die Grundlagen der Homöopathie, wie die Philosophie. Kenntnisse der Quantenphysik widerlegen das Dogma der avogadroschen Zahl und damit bricht die Argumentation gegen die Homöopathie über diese Zahl zusammen.
Irgendwie verstehe ich die Aussage über die Quantenphysik und dem zusammenbrechenden Dogma der avogadroschen Zahl nicht 🙂 Vor allem… was um Avogadros Willen hat Homöopathie mit Quantenphysik zu tun ?
Man merkt, Du bist noch nicht reif für Esoterik. Du wirst noch viel Seelenarbeit leisten müssen, um auf eine höhere Ebene der Erkenntnis zu gelangen. 😉
Seit die Homöopathen nicht mehr umhin können anzuerkennen, daß in ihren Mitteln nichts mehr von der Ausgangssubstanz enthalten sein kann, hat man sich darauf verlegt die Wirkung mit der reinen Übertragung von Information und Quanteneffekten (bspw. durch die Verschränkung des Heilers mit dem Patienten!) zu erklären. Ist zwar Unfug, macht aber auf Vorträgen eine Menge her, da es sich hochwissenschaftlich anhört.