Denkmal der Schande

Während die Entrüstung über die Rede von Björn Höcke (AfD) anhält, verkürzt sich mit zunehmenden Abstand dazu die Entrüstung auf die Formel, er habe das Holocaustdenkmal als „Denkmal der Schande“ bezeichnet. Mit dieser zusammenfassenden Formulierung seiner Rede spielt man den falschen Kräften in die Hände, denn man kann es zu Recht als Schande bezeichnen, Menschen systematisch im industriellen Maßstab vernichtet zu haben. Die Formulierung als Solche ist durchaus zutreffend, hingegen ist der Kontext seiner gesamten Rede das eigentliche Problem.

Mit dem inzwischen alleinigen Rumreiten darauf, daß Hr. Höcke die Gedenkstätte als „Denkmal der Schande“ bezeichnet hat, begibt man sich auf’s Glatteis, denn in dem Antrag 14/3126 zur Errichtung eines Denkmals [1] für die Deutsche Einheit von 176 Bundestagsabgeordneten taucht dieser Begriff bereits in einem offiziellen Dokument auf, allerdings in weitaus weniger zweifelhaftem Zusammenhang:

Wir Deutsche tun uns schwer mit Denkmälern und Gedenkstätten. Es wird auch um ein Denkmal der Deutschen Einheit Streit geben. Die Unfähigkeit zu feiernund die Unfähigkeit zu trauern gehören zusammen. Sie können auch nur zusammen überwunden werden. Denkmäler der Schande und der Trauer, des Stolzes und der Freude sind notwendige Grundsteine des neuen Deutschland und der neuen Bundeshauptstadt.

Mit dieser Begründung wandten sich im Mai 1998 die Initiatoren für ein Denkmal Deutsche Einheit, der Direktor des ARD-Hauptstadtstudios, Jürgen Engert, der Rechtsanwalt und letzte, frei gewählte Ministerpräsident der DDR, Lothar de Maizière, der Präsident des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung, Florian Mausbach, und der Bundestagsabgeordnete von Berlin-Mitte, Günter Nooke, die jeweils als Privatpersonen aktiv wurden, an den damaligen Bundeskanzler, Dr. Helmut Kohl, die damalige Bundestagspräsidentin, Prof. Dr. Rita Süssmuth, den damaligen Bundesratpräsidenten, Gerhard Schröder, und den Regierenden Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen. Sie baten damit um Unterstützung für die Errichtung eines Einheits- und Freiheitsdenkmals. Viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens unterstützen dieses Anliegen.

Das Einheitsdenkmal steht übrigens bis heute nicht, wegen explodierender Kosten. Aber wer hätte von Berlin auch etwas Anderes erwartet?

Literatur

  1. Errichtung eines Einheits- und Freiheitsdenkmals auf der Berliner Schlossfreiheit. Deutscher Bundestag, 14. Wahlperiode, Drucksache 14/3126, 06.04.2000

3 Kommentare

  1. […] oftmals nur die allerwenigsten Fälle. Man denke nur an die vor Kurzem geführte Debatte um das „Denkmal der Schande“. Mit erheblichen Schwierigkeiten dürte auch die Forderung des Gesetzes, daß ein einmal als […]

  2. […] speziell in diesem Zusammenhang die von Hrn. Höcke nicht mögen, aber wie ich mir schon früher erlaubte hinzuweisen, wurde der Begriff des „Denkmals der Schande“ bereits im Jahre 2000, also ziemlich genau 13 […]

  3. […] der Schande haben die Altparteien, von CDU über SPD bis Grüne und Linke, selbst so in einem Bundestagsbeschluss formuliert, er stammt nicht von der […]

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