Gemeinsamkeit von SPD und Saudiarabien

Irgendwie sind bei allerlei Feministinnen Vergleiche mit islamischen Theokratien wie Afghanistan oder Saudiarabien ziemlich en vogue (Strickkurs, Informatikstudentinnen, Frauenkino). Diesmal ist es die Spiegelkolumnistin Margarete Stokowski:

Was haben die SPD und Saudi-Arabien gemeinsam? Frauen kommen erst ans Steuer, wenn es gar nicht mehr anders geht. Ein Armutszeugnis.

Schräger kann dieser beinlose Vergleich nicht mehr hinken. In Saudiarabien ist Frauen das Autofahren bisher verboten (erst ab 2018 dürfen sie), auch haben die saudischen Frauen keine Wahlmöglichkeit, die es ihnen durch Mitbestimmung erlauben würde die Verhältnisse zu verändern. Frauen wie Männer die sich dort gegen die Mullahs und das Königshaus engagieren riskieren ihr Leben, wohingegen deutsche Salonfeminstinnen in ihren warmen Stuben allenfalls mit ein paar schlechten Kommentaren zu dem Unfug den sie vertreten, rechnen müssen. In Deutschland dürfen sich Frauen vollumfänglich politisch sowohl aktiv wie passiv beteiligen, aber offenbar stoßen die, die sich aktiv zur Wahl stellen nicht mal bei allen Frauen auf wahlentscheidende Zustimmung, was wiedrum durchaus für die Wählerinnen spricht.

Der französische Frühsozialist Charles Fourier hat geschrieben: „Der soziale Fortschritt vollzieht sich entsprechend den Fortschritten in der Befreiung der Frau, und der Verfall der Gesellschaftsordnung vollzieht sich entsprechend der Abnahme der Freiheit der Frau.“ Fourier war der Meinung, solange Frauen in der Gesellschaft nicht „an allen Einrichtungen jeweils zur Hälfte beteiligt sein werden“, könne von Freiheit und Gleichheit nicht die Rede sein. Er schrieb das vor 200 Jahren. Zwei-hun-dert.

Bloß weil jemand etwas vor längerer Zeit gesagt oder getan hat, heißt das noch lange nicht, daß es jemals richtig war und auch noch heute richtig sein muss. Eine Aussage oder Tat wird nicht durch die Dauer ihrer Existenz wahr(er), genausowenig wie jeder Wein mit der Zeit zum Besseren reift. Manche sind nun einmal schlicht Essig. Esoteriker, Heilpraktiker und andere Scharlatane legen dieselbe Argumentation vom „Alten Wissen der Vorfahren“ an den Tag, wenn sie ihre schamanistischen Praktiken gewinnbringend an Mann, Frau und _* bringen wollen.

Exakt zu dem Zeitpunkt, als alle verfügbaren und irgendwie relevanten Männer den Wagen einmal vollständig vor die Wand gefahren haben. In der „Süddeutschen Zeitung“ schrieb Nico Fried dazu: „Merkel wie Nahles wurden in ihren strukturkonservativen Parteien erst vorgelassen, als auch der letzte Mann an der Wiederaufrichtung des jeweiligen Ladens gescheitert war. Nahles ist somit wie Merkel eine politische Trümmerfrau.“

Merkel und Nahles als Trümmerfrauen zu bezeichnen hat rein sprachlich durchaus etwas für sich, denn beide Frauen legen das was sie angehen erst in Trümmer, erledigen also genau das Gegenteil dessen, was die Trümmerfrauen einst getan haben.

Die SPD hätte übrigens mit Hannelore Kraft eine Kanzlerkandidatin in ihren Reihen gehabt, aber diese wollte nicht und es darf angenommen werden, daß die SPD mit ihr nicht besser abgeschnitten hätte. Das Nichtwollen hat sie mit vielen Frauen gemein, Frauen sind in vielen Fällen andere Dinge wichtiger. Da die SPD sich jetzt erneuern und mit vielen Frauen wie Kraft, Nahles, Schwesig, Özoğuz unter Beihilfe von vielen Ferners eine Wende herbeiführen will, sollten die Feministinnen aufhören zu nörgeln und stattdessen die Sache anpacken, wenn sie es besser können. Ich persönlich bin durchaus geneigt zu glauben, daß für die SPD mit den genannten Frauen und etlichen ungenannten desselben Schlags problemlos ein Wahlergenbis von 50% erreichbar ist, also 50% von den 20,5% der vergangenen Bundestagswahl.

Die Essayistin Rebecca Solnit hat mal geschrieben, es sei ein irreführendes Bild, sich gesellschaftlichen Fortschritt als eine Straße vorzustellen, die die Gesellschaft linear abschreitet, in tausenden mühsamen Kilometern. Solnit findet ein anderes Bild passender: das der Büchse der Pandora, deren Öffnen sich nicht mehr rückgängig machen lässt. So seien Ideen, die Revolutionen bewirken, nicht mehr aus der Welt zu kriegen, auch wenn die Umstände widrig erscheinen. Ich fand das beim ersten Lesen keine besonders schlaue Metapher, weil in der Büchse der Pandora bekanntlich das Übel der Welt steckte.

Tja und wenn Fr. Stokowski auch den kompletten Mythos von Hesoid kennen würde, dann hätte sie gewusst, daß sich in der Amphore auch die Hoffnung befand, die beim Öffnen mit entfleuchte und daraus eine passende Metapher für ihre feministische Sichtweise basteln können, in der die Frauen, die dann ran dürfen wenn der Karren im Dreck ist, die Hoffnung darstellen. Aber vermutlich war das jetzt wohl wieder Mansplaining.

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