Impfpflicht: Ab 18, ab 50, ab 60, wer bietet mehr?

In den letzen Woche konzentrierte man sich auf eine Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ab 18 Jahren, besonders Karl Lauterbach (SPD), Janosch Dahmen (Die Grünen) und — nach seinem Umknicken (Spiegel, Welt) — auch Bundeskanzler Scholz (SPD) traten (und tun es immer noch) als vehemente Verfechter einer Impfpflicht hervor. Nachdem offensichtlich wurde, daß sich für eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren keine Mehrheit findet, weil die verschiedenen Lager aus den Impfbefüwortern uneins über die Details einer Impfpflicht sind (nur die AfD ist von Anfang gegen jegliche Impfpflicht) wurde der Antrag abgeändert um so doch noch eine Mehrheit zu Stande zu bringen: Impfpflicht ab 50 Jahren und „eine Impflicht ab 18 auf Vorrat bei Bedarf“. Die „Impflicht ab 18 bei Bedarf“ ins Gesetz zu schreiben ist keine Großzügigkeit, sondern ein übler Trick. Die Aktivierung Selbiger erfolgt dann erlativ unkompliziert. Mit Karl Lauterbach als Gesundheitsminister kann man sich ausmalen, wie dessen Entscheidung unseiner Anhänger in ein paar Monaten aussehen wird.

Dieser Vorschlag wurde allerdings schnell wieder verworfen:

Momentan sieht es danach aus, als ob man sich aus dem Kreis der Impfbefürworter auf einen Vorschlag zu einer Impfplicht ab 60 Jahren verständigt hat, um in der kommenden Abstimmung im Bundestag doch noch eine Mehrheit zu bekommen (Spiegel, Welt).


Es ist ein ziemlich peinliches Hickhack. Im Grunde will eine Gruppe von Abgeordneten auf Teufel komm raus impfen, daher wird inzwischen um Altersgrenzen für die Impfpflicht wie auf einem orientalischen Basar geschachert. Mal abwarten wie es weitergeht, aber bei der ganzen Diskussion stellt sich für den Zuschauer, den zukünftigen Impfling, — egal wie er zu dieser Impfung und einer Impfpflicht steht — eine Frage: Was hat das alles mit Wissenschaft und evidenzbasierten Entscheidungen zu tun? Und wieso wird „nur“ über die Covid-19-Schutzimpfung, die ihren Namen nicht verdient, diskutiert? Gemäß dem Sachstand zu Corona, dessen Gefährlichkeitsgrad inzwischen den einer Grippeinfektion unterschritten hat, müsste auch eine Impfpflicht gegen Grippe zur Debatte stehen.

Mir scheint, daß es im Wesentlichen drei Triebkräfte gibt:

Wirkliche Angst
Ein Teil der Abgeordneten hat echte Angst und will sich schützen, in dem sie auch andere behandeln lassen wollen. In diese Gruppe fallen die rein emotional agierenden, in Kollektiven Denkenden, ansonsten jedoch fachlich völlig unbedarfen Abgeordneten.
Gesichtswahrung
Die Situation ist politisch derart Verfahren, daß manch einer nur deshalb eine Impfpflicht wollen könnte, um sowohl vor seiner Klientel, als auch vor sich selber nicht als Umfaller dazustehen.
Kontrollfetischismus
Dafür spricht die Forderung nach Einführung eines Impfregisters. Für die derzeitige Lage bringt ein Impfregister rein gar nichts, weil zu spät, denn es müsste noch weit vor dem 01.10.2022, also in sechs Monaten, voll einsatzfähig sein. Rein technisch sehr ambitioniert, aber machbar, nicht aber in Deutschland unter besonderer Berücksichtugung des desolaten Zustandes der Fähigkeiten bei der Digitalisierung in Deutschland, denn bisher ist eigentlich noch so gut wie jedes größere IT-Projeḱt mit Wucht gegen die Wand gefahren worden. Das geforderte Register kann also nur für zukünftige Szenarien gedacht (Denkprozesse mal großzügig ungerstellt) sein. Wie die Erfahrung lehrt wird ein jedes einmal errichtetes Register über kurz oder lang um weitere Funktionen erweitert werden, um es für andere Zwecke als den ursprpünglichen Gedachten verwendbar zu machen. Das Impfregister, welches mindestens die gesamte Bevölkerung Deutschlands enthalten würde, wäre wie geschaffen als Grundlage für ein Bewertungssystem für Sozialverhalten (Social Scoring, Sozialkreditsystem), wie es die Volksrepublik China für ihre Bürger einführt und auch hier an einige Stellen auf Zustimmung gestoßen ist.

Tatsache ist, dieser Bundestag hat in seiner bisherigen Amtszeit (magere vier Monate!) in allen anstehenden Fragen, also nicht nur zu denen der Coronaviruspandmie, grundsätzlich versagt und es besteht nicht die geringste Aussicht, daß sich dies in der kommenden vier Jahren bis zum Ende der Legislaturperiode zum Besseren verändern wird, im Gegenteil.

Aber ich will nun keinesfalls destruktiv erscheinen und werfe daher den folgenden Kompromissvorschlag in die Runde: Sofortige Impfung gegen alles für über 99-jährige in Begleitung von mindestens Elter-1 und Elter-2.

Nachtrag 04.07.2022:

Der Impfpflicht wurde heute nach mehrstündiger Debatte im Deutschen Bundestag mit deutlicher Mehrheit von 378 Nein-Simmen zu 296 Ja-Stimmen eine Absage erteilt.

3 Kommentare

  1. […] Ablehung der Überwachungsdystopie eines Impfregisters war damit deutlich größer, als für eine reine Impfpflicht. Das ist […]

  2. […] Ablehung der Überwachungsdystopie eines Impfregisters war damit deutlich größer, als für eine reine Impfpflicht. Das ist […]

  3. […] er (aus Versehen?) eingestand, daß es ihm nicht um die Impfung der über 60-jährigen, sondern — wie ich vor der Abstmmung vermutet hatte — im Kern um die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht ging. In seinen Tweet „drohte“ er […]

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert