Tag Archiv für EuGH

Warum die Scharia auch nicht teilweise in Deutschland und Europa akzeptiert werden sollte

Im Tagesspiegel wird in einem Kommentar für die Anerkennung von Privatscheidungen nach dem islamischen Recht der Scharia plädiert, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) genau dies abgelehnt hat. Weiterlesen

Gegendarstellungsbutton

Unsere Abgeordneten sind schon ein merkwürdiges Völckchen. Wenn sie Fragen beantworten sollen beharren sie nicht nur auf Mitteilung des Namens, sondern wollen auch die Wohnanschrift haben. Pseudonymität oder gar Anonymität sind ihnen ein Gräuel. Nun stellt sich der Petitionsausschuss ausgerechnet hinter eine schlecht formulierte, wenig durchdachte und von gerade einmal 378 Mitzeichnern getragenen, anonym eingereichte Petition (via heise). Der Petent fordert in seiner Eingabe, daß

Alle Einträge über Personen, die in Suchmaschinen oder Informationsdiensten für die Öffentlichkeit bereitstehen, müssen bei schriftlichem Einspruch durch die Betroffenen innerhalb von 72 Stunden mit einem „Button“ vergleichbar einer presserechtlichen Gegendarstellung versehen werden, wenn sie nicht aufgrund des Einspruchs sofort gelöscht werden.

weil das herkömmliche Verfahren über ein Gericht für den Betroffenen zu aufwändig ist, da sich „Suchmaschinen und Informationsdienste“ häufig weigern würden Einträge zu löschen. Aufhänger ist das bei Jugendlichen beliebte Cyber-Mobbing.

Der Petent definiert nicht, was genau er unter einem Informationsdienst versteht, aber ich nehme einmal an, daß er jede Webseite meint, auf der Benutzer Kommentare hinerlassen können, da er auf Mobbing abzielt. Eigenartig erscheint mir die Idee, auf Suchmaschinen eine Gegendarstellung hinterlassen zu wollen, aber wahrscheinich handelt es auch nur um eine unpräzise Formulierung. Was soll überhaupt mit der Einschränkung auf „Suchmaschinen und Informationsdienste“ bezweckt werden? Wäre denn nicht bei allen der Öffentlichkeit zugänglichen Seiten ein Gegendarstellungsbutton in seinem Sinne?

Technisch richtig anspruchsvoll wäre aber die Realisierung dieses Vorhabens. Auf den Seiten der Presseerzeugnisse greift das Recht auf Gegendarstellung, bei Foren mit Kommentarfunktion kann der Betroffene selbst eine Gegendarstellung hinterlassen. Wie aber soll ein Gegendarstellungsbutton brauchbar umgesetzt werden? Es kann ja nicht angehen, daß dann jeder ohne Identitätsprüfung eine Gegendarstellung, die offiziell als Solche gekennzeichnet ist, hinterlassen kann. Auch stellt sich die Frage welchen Sinn ausgerechnet bei Mobbing eine Gegendarstellung ergeben soll. Dürfen wir dann in Zukunft auf die Beschimpfung „Lieschen ist eine Schlampe“ etwas wie „Die Betroffene stellt hierzu fest, daß es sich bei der gemachten Aussage um eine unwahre Tatsachenbehauptung handelt. Richtig ist vielmehr: Lieschen ist keine Schlampe.“ lesen? Ich bin mir nicht sicher, ob dies wirklich der Intention des Petenten entspricht. Gegendarstellungen, womöglich noch selbst verfasste, bei Mobbingattacken dürften wohl eher Futter für die Mobber und ihr böses Spiel darstellen. Nicht umsonst heißt es in Foren „don’t feed the troll“.

Im Wesentlichen stellt sich nun der Petitionsauschuss hinter diese Forderung. Er verweist zwar sowohl auf die Möglichkeit einer Gegendarstellung bei Presseerzeugnissen, als auch auf die Möglichkeit, daß in Foren Kommentare hinterlassen werden können, aber die Begründung geht vollkommen an der Sache vorbei.

Gleichwohl ist aus Sicht der Abgeordneten das Argument des Petenten nachvollziehbar, dass in besonderen Situationen das bestehende Recht nicht mehr ausreiche. Die gelte insbesondere im Fall des Cybermobbings unter Kindern und Jugendlichen, bei dem möglichst schnelle Abhilfe zugunsten der Opfer notwendig sei. In diese Richtung zielt nach Aussage des Petitionsausschusses auch das am 13. Mai 2014 ergangene Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH), welches das Recht auf Vergessen im Internet stärke.

Bei dem merkwürdigen Urteil des EuGH gegen Google (und damit auch gegen alle anderen Suchmaschinen) geht es um das Löschen von Verweisen aus dem Suchindex, wohingegen die Petition ein für den Benutzer vereinfachtes Prozedere auf Gegendarstellung fordert, also so ziemlich das Gegenteil von Löschen.

SPD-Innenpolitiker wollen an Vorratsdatenspeicherung festhalten

Wie bereits von mir am Tag des EuGH-Urteils, in dem die Richtlinie 2006/24/EG zur Vorradatenspeicherung rückwirkend für nichtig erklärt wird, vermutet, verschwindet damit die Vorratsdatenspeicherung (VDS) nicht vom Tisch. Die Unionspolitiker hatten noch am Tag des Urteils verlauten lassen, daß man eine VDS dringend bräuchte. Heute ziehen nun die die Innenpolitiker der SPD nach. In einer „Berliner Erklärung“ bekräftigen sie die Notwendigkeit der VDS.

Der EuGH und das Bundesverfassungsgericht haben aufgezeigt, dass die Sicherheitsinteressen des Einzelnen und datenschutzrechtliche Vorgaben in Einklang zu bringen sind. Wichtig ist aber jetzt erst einmal, das Urteil auszuwerten und genau zu analysieren. Danach muss die Koalition in Berlin entscheiden, wie eine rechtstaatliche Lösung aussehen kann. Die Innenminister und -senatoren der A-Länder bekräftigen, dass eine angemessene Mindestspeicherung zur Verfolgung schwerster Kriminalität notwendig ist. Verbindungsdaten müssen unter größtmöglicher Beachtung der Grundrechte und des Datenschutzes zur Verfolgung von Kinderpornographie, schwerster Fälle von Cybercrime und organisierter Kriminalität für eine sehr begrenzte Zeit zur Verfügung stehen.

Seit Jahren derselbe Tenor, obwohl bisher keinerlei Belege dafür erbracht werden konnten, daß die VDS die Aufklärungsquote deutlich steigert, bzw. daß ohne die VDS die Aufklärungsquote sinkt.

Da der EuGH die VDS nicht prinzipiell abgeleht hat, sondern diesen schwerwiegenden Grundrechtseingriff an — zugebenermaßen schwierig zu erfüllende — Bedingungen geknüpft hat, bleibt nun die Möglichkeit nach einer geeigneten Lösung zu suchen. Wie genau eine rechtskonforme VDS aussehen könnte, hat das Gericht offen gelassen. Allerdings ist es auch nicht die Aufgabe eines Gerichtes neue Gesetzesvorschläge zu unterbreiten, sondern es hat nur über Bestehendes zu urteilen. Solange Deutschland von einem Klüngel aus Sicherheitsbeamten regiert wird, wird daher die VDS, neben anderen grundrechtsverletztenden Maßnahmen, immer wieder auf der Tagesordnung erscheinen.

Nicht vergessen werden sollte, daß auch die (ausländischen) Geheimdienste ein gesteigertes Interesse an der VDS haben dürften. Selbst wenn ihnen der direkte Zugriff auf die Vorratsdaten durch rechtliche und technische Maßnahmen nicht möglich sein sollte, gibt es für sie eine andere Möglichkeit. In Verbindung mit dem im Urheberrecht verankerten Anspruch auf Auskunft (§ 101 UrhG, Abs. 1 & 2) haben diese eine ausgesprochen diskrete und legale Möglichkeit zur Abfrage erhalten. Eine Rechtsanwaltskanzlei behauptet einen Urheberrechtsverstoß und verlangt daraufhin Auskunft über den Anschlussinhaber. Was danach bei der Kanzlei mit den Daten geschieht ist dann nicht mehr nachvollziehbar. Es bleibt schließlich im Ermessen der Kanzlei, ob sie rechtlich gegen den Anschlussinhaber vorgehen will oder nicht. Allerdings funktioniert dies genaugenommen nur mit VDS, denn ohne VDS stellt sich die Frage auf welcher Rechtsgrundlage die Provider die Daten speichern dürfen sollten, denn im Zeitalter weitverbeiteter „Flatrates“ ist die Speicherung der Verbindungsdaten für die Rechnungsstellung nicht mehr notwendig.

EuGH kippt EU-Richtlinie zur VDS, nicht aber die VDS selbst

Heute hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) sein Urteil zur Rechtmäßigkeit der EU-Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) bekannt gegeben: Die Richtlinie ist unrechtmäßig, da unverhältnismäßig!

Was sich zunächst nach einem Riesenerfolg für die Gegner der VDS anhört, entpuppt sich bei näherem Hinsehen mehr als eine vorläufige Niederlage der VDS-Befürworter, denn es wurde nur die Richtlinie gekippt, nicht jedoch die VDS grundsätzlich in Frage gestellt. Ähnlich hatte auch das BVerG in der Sache geurteilt. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis die Überwachungsfanatiker in SPD und insbesondere der CDU/CSU eine neue Regelung präsentieren werden. Angekündigt haben sie es bereits. Dem EuGH ist die Richtlinie schlicht nur zu unspezifisch formuliert. Mit der Begründung im Urteil haben die Richter den VDS-Befürwortern auch gleich konkrete Verbesserungsvorschläge für die nächte Richtlinie an die Hand gegeben. Weiterlesen