Pille danach verweigert — Wer trägt die Verantwortung?

Bei der gegenwärtigen Diskussion um die beiden Kölner Skandalkrankenhäuser in katholischer Trägerschaft, die eine vermutlich vergewaltigte Frau abgewiesen haben und um einen weiteren, ähnlich gelagerten Fall, weil die dort beschäftigten Ärzte keine „Pille danach“ verschreiben dürfen stellt sich, neben der Tatsache warum für die „Pille danach“ überhaupt eine Rezeptpflicht besteht, die Frage nach der ursächlichen Verantwortlichkeit. Bei der Suche nach der Antwort, sollte man streng logisch vorgehen, andernfalls droht man seine Energien sinnlos an der falschen Stelle zu verschwenden.

Es ist keine Neuigkeit, daß die katholische Kirche sowohl Verhütungsmittel, als auch Abtreibung ablehnt. Für die Beurteilung der Verantwortlichkeit spielt es daher keine Rolle ob nun die „Pille danach“ eine Abtreibungspille ist oder nicht (sie ist es nicht!), da eben Beides von der Kirche abgelehnt wird. Aus katholischer Sicht war (ist) die Vorgehensweise der Ärzte richtig und war durchaus zu erwarten. In der Bevölkerung liegt ein Denkfehler vor, da sie sich nicht im Klaren darüber zu sein scheint oder es nicht wahrhaben will, daß der Träger selbstverständlich Einfluss auf die Behandlung nehmen will. Wozu sonst sollte es überhaupt konfessionell ausgerichtete Einrichtungen geben? Das liegt mit Sicherheit auch an dem unverdient guten Ruf den christliche Einrichtungen in diesem Lande genießen, der dazu führt, daß mit zweierlei Maß gemessen wird. Niemand, außer den jeweiligen Anhängern natürlich, würde sich freiwillig in eine Klinik unter scientologischer Trägerschaft (womöglich noch in eine Psychiatrische) oder in eine der Zeugen Jehovas, die bekanntlich Bluttransfusionen ablehnen, begeben. Kurz gesagt, die Verweigerung der Behandlung war, rein logisch betrachtet richtig, da systemtreu im Sinne des Trägers und ist in ähnlicher Form immer wieder erwartbar. Diese Erkenntnis mag bitter sein, aber sie liefert auch den Schlüssel zur Lösung des Problems, denn selbstverständlich war und ist unter ethischen Gesichtspunkten das Handeln falsch gewesen.

Doch wer trägt die Verantwortung, wenn nicht die Träger? Der Patient jedenfalls nicht, denn in einer Notlage hat er keine Wahl, er muß darauf vertrauen können, daß er in diesem Falle in eine Einrichtung kommt, die ihn nach bester wissenschaftlicher Erkenntnis behandelt. Mit Sicherheit trägt aber die Politik den ausschlaggebenden Teil der Verantwortung, denn ihr obliegt es, die Grundzüge des Umgangs miteinander in der Gesellschaft durch für alle verbindliche Regeln zu gestalten. Dazu gehört eben auch, alle mit öffentlichen Geldern finanzierten Angelegenheiten weltanschaulich neutral, auf wissenschaftlicher Grundlage und den Menschenrechten verpflichtet zu gestalten. Im Falle der Krankenhäuser ist dies nicht geschehen, da die Politik es versäumt hat, die Träger auf entsprechende bundesweit einheitliche Richtlinien zu verpflichten. Der auszuübende Druck muß somit vornehmlich der Poltik gelten, nicht der katholischen Kirche, denn diese wird ihre Spielräume immer maximal ausnutzen, so wie seit rd. 1.600 Jahren.

Der Hauptverantwortliche ist aber im Grunde der Bürger, in seiner Rolle als Wähler. Er belohnt mit seinem Kreuz auf dem Wahlzettel seit Jahren immer wieder kirchentreues, im Grunde sogar verfassungsfeindliches Verhalten von Politikern. Eine substanzielle Änderung ist momentan nicht in Sicht, eher das Gegenteil:

  • Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) soll der Schutz verfolgter Christen, nicht etwa aller Verfolgten, ein wesentlicher Bestandteil deutscher Außenpolitik sein. Darüberhinaus spricht sie sich für eine aktive Mission in Deutschland aus, wie sie auf Synode der EKD verlauten ließ.
  • Uwe Schünemann (CDU) schlägt als strammer Konservativer in dieselbe Kerbe. Auch er tritt für einen besonderen Schutz der Christen durch den deutschen Staat in Krisengebieten (z.B. Westafrika, Naher Osten) ein. Auch wenn er bei der letzten Landtagswahl in Niedersachsen erfreulicherweise eine Abfuhr kassiert hat und Mandat und Ministeramt verloren hat, entfaltet er dennoch weiterhin sein Wirken in der CDU-Politik.
  • Auch Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) kämpft für ein christliches Europa und befürwortet die Missionierung.
  • Die Plagiatorin und Religionsministerin Annette Schavan (CDU) — fälschlicherweise als Wissenschaftsminsiterin eingestellt — schwärmt nicht nur von muslimischer Frömmigkeit, sondern verfolgt aktiv eine weitere Religionisierung von Schulen und Universitäten.
  • Peer Steinbrück (SPD), der designierte Kanzlerkandidat der SPD, ist gerade wieder in die Kirche eingetreten. Begründet hat er dies mit der stabilisierenden Funktion der Kirche für die Gesellschaft:

    Ich habe festgestellt, dass die Kirche über die Glaubensstiftung hinaus eine enorm wichtige, nicht nur karitative, sondern auch stabilisierende Funktion in dieser Gesellschaft ausübt, und ich würde gerne eine solche Institution stützen wollen.

    Das einzige was die Kirche stabilisiert ist ein archaïscher Geisteszustand, der zu einer Weiterentwicklung nicht fähig ist und die karitative Funktion der Kirchen ist ein Ammenmärchen, denn so gut wie alle sozialen und karitativen Einrichtungen werden gar nicht oder nur zu einem sehr geringem Teil von ihr finanziert. Die Hauptlast tragen immer alle Steuerzahler. Auch vorher stand Steinbrück der Institution Kirche nicht fern, sondern er war Mitglied der „Kammer für Soziale Ordnung“ der EKD (in der sich noch vier weitere Parlamentarier tummeln).

  • Andrea Nahles (SPD) spricht sich ausdrücklich gegen eine Trennung von Staat und Kirche aus.
  • Auch Frank-Walter Steinmeier (SPD) hält die Kirchen für unverzichtbar.
  • Sigmar Gabriel (SPD) will keinen laizistischen Arbeitskreis in der SPD, der für eine strikte Trennung von Staat und Kirche eintritt, weil es nicht Mehrheitsmeinung in der Partei ist.
  • Die Spitzenkandidaten der Grünen für die Bundestagswahl 2013, Katrin Dagmar Göring-Eckardt, ist Theologin ohne Abschluss, aber dafür Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, sowie Mitglied des Präsidiumsvorstandes des Deutschen Evangelischen Kirchentages und ganz nebenbei auch Abgeordnete und Vizepräsidentin des Bundestages.
  • Die Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU) ist ebenso Theologin wie der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck.

Die Liste ließe sich noch lange mit vielen weiteren prominenten Politikernamen über Parteigrenzen hinweg erweitern, wie mit den Gebrüdern Kauder, von der Leyen, Christian Wulff, Gregor Gysi etc. pp. Die Grünen sind sogar doppelt belastet, da bei ihnen zu den bei Politikern üblichen fehlenden naturwissenschaftlichen Kenntnissen auch noch ein ausgeprägter Hang zu Esoterik und Quacksalberei (z. B. Barbara Steffens) hinzukommt. Kurz gesagt, die Führung Deutschlands hat mehr Ähnlichkeit mit einem Wächterrat, als mit der Regierung einer säkularen Republik. Unter diesen schlechten Bedingungen, wird es nicht so schnell zu der dringend notwendigen Beschränkung kirchlicher Einflüsse auf das Gemeinwesen kommen. Hier ist der Bürger gefragt, der konsequent gegen kirchliche Übergriffe votieren muß.

Weiterführendes:

5 Kommentare

  1. […] ist zwar ver­schlei­ernd, aber letzt­lich kon­se­quent. Denn wie der Feuerwächter rich­tig fest­stellte: Es ist keine Neuigkeit, daß die katho­li­sche Kirche sowohl Verhütungsmittel, als auch […]

  2. […] seit Wochen nichts gehört oder gesehen, hat er zu keinem anderen Thema was zu sagen? Bei soviel Speichelleckerei der Politik braucht man sich nicht zu wundern, daß die Kirchen tonangebend sind. Armes […]

  3. […] bezahlt von unser aller Steuergeld, betreiben und die von den politischen Akteuren als unverzichtbarer Bestandteil einer Gesellschaft erachtet werden. […]

  4. […] politische Kaste gibt sich nicht mal mehr die Mühe auch nur den Anschein weltanschaulicher Neutralität zu erwecken. Diese Entwicklung sollte zu […]

  5. […] Kirchensteuereinzug durch die Finanzämter etc. Die Ursache dazu findet sich in der teilweise sehr engen Verflechtung, die streckenweise schon an Hörigkeit grenzt, einer großen Zahl an Politikern und Amtsinhabern […]

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