Tag Archiv für Abhörprogramme

Mehr Spione hat’s im Land

Die Spionage-Affäre nimmt Fahrt auf:

Nach Informationen von „Bild am Sonntag“ aus US-Geheimdienstkreisen führt der amerikanische Auslandsnachrichtendienst CIA mehr als ein Dutzend Regierungsmitarbeiter in Deutschland als Quellen. Im Visier der CIA sind dabei die vier Ministerien Verteidigung, Wirtschaft, Innen und Entwicklungshilfe.

Allmählich wird die Geheimdienstgeschichte unübersichtlich. Nicht daß mich die Nachricht von mehr (amerikanischen) Spionen in irgendeiner Form überraschen würde, aber daß die sogenannten US-Geheimdienstkreise eine Zeitung und dann auch noch ausgerechnet die „Bild am Sonntag“, über weitere Spione von ihnen in Regierungskreisen in Kenntnis gesetzt haben sollen, halte ich doch für ziemlich ungewöhnlich. Sind die Informanten nun weitere Whistleblower, Verräter oder einfach doch nur Wichtigtuer? Ich bin durchaus überzeugt davon, daß einige Leute bedenkenlos Informationen an die Amerikaner weitergeben ohne sich im Klaren darüber zu sein, daß sie Spionage treiben, denn die Verflechtungen der politischen Akteure mit den USA sind teilweise einfach zu intensiv, um Gedankenaustausch und Spionage noch auseinander halten zu können. Genau dieser engen Verzahnung dienen auch die unzähligen deutsch-amerikanischen Verbände, wie bspw. die Atlantikbrücke. Weiterlesen

Datenweitergabe durch den BND

Jetzt ist es also auch endlich offiziell, daß Telekommunikationsdaten am Frankfurter Knoten ausgeleitet wurden bzw. werden. Allerdings erfolgte die Ausleitung durch den BND, der sie an die NSA weitergab und nicht direkt durch die NSA. Offiziell soll das Austauschprogramm 2007 beendet worden sein, aber wie glaubwürdig ist dies tatsächlich? Damit kann es jetzt auch als sicher gelten, daß man am DE-CIX davon wusste, denn vor knapp einem Jahr hat man noch eine gewundene Presseerklärung herausgegeben, in der man versicherte, daß die „NSA und andere angelsächsische Dienste“ keinen Zugriff auf die Daten im Austauschknoten haben. Tja, der BND ist eben kein angelsächsicher Geheimdienst. Jetzt fehlt noch die Aufdeckung der Beteiligung des BSI an der Ausspähung, denn auch dessen Presseerklärung vor einem Jahr war derart überspezifisch, daß man gar nichts anders kann, als davon auszugehen, daß es eigentlich — allein schon wegen seiner Herkunft — in irgendeiner Form beteiligt sein muss. Vielleicht leistet das BSI auch nur indirekte Unterstützung, in dem es dafür sorgt, daß das Nationale Cyber-Abwehrzentrum (NCAZ) gerade nicht funktioniert.

Gewiss sollte man jetzt aber nicht davon ausgehen, daß die NSA nicht doch einen Zugriff auf die Daten am DE-CIX hatte und immer noch hat. Einerseits widerspräche es dem mißtrauischen, ja paranoiden Wesen eines jeden Geheimdienstes, sich allein auf fremde Zuträger — in diesem Falle den BND — zu verlassen und auf Eigenbeschaffung zu verzichten wenn sie denn möglich ist. Außerdem kann man so auch die Zuverlässigkeit des „befreundeten“ Dienstes besser einschätzen, da die Daten aus zwei Quellen fließen. Andererseites bleibt das Hardwareproblem an den Knoten bestehen. Praktisch die gesamte relevante Hardware kommt von Herstellern aus den USA. Da zwischenzeitlich auch bekannt geworden war, daß die NSA Frachtsendungen von Herstellern abfängt, den Inhalt manipuliert und dann wieder in die Lieferkette einführt, kann es somit als sicher gelten, daß auch am DE-CIX Hardware mit Hintertüren eingesetzt wird, wenn auch vielleicht unwissentlich und unwillentlich.

Etwas fehlt noch …

Allmählich vervollständigt sich das Bild über das Ausmaß der geheimdienstlichen Vorratsdatenspeicherungen. Der e-Mailverkehr wird direkt an den Überseekabeln abgegriffen, die infiltrierten Händinetze liefern neben den Gesprächsinhalten auch gleich biometrische Akkustikproben und die Pässe enthalten biometrische Fotos und digitale Fingerabdrücke. Damit keiner von uns verloren geht, schaut die NSA auch gleich routinemäßig mal nach, wer, wann und mit wem auf Fotos auftaucht („Tundra Freeze“) und das bundeseigene Dienstleistungsunternehmen BKA übermittelt unsere Fingerabrücke in die USA.

Dennoch klafft trotz des umfangreichen Schutzes vor Terroristen immer noch ein riesiges Loch in diesem Schutzschild, denn aus unerfindlichen Gründen hat es der Gesetzgeber unverzeihlicherweise bisher überall versäumt, Regelungen einzuführen, die den Bürger zu einer freiwilligen Überlassung einer DNS-Probe verpflichten. Bei neuen biologischen Funktionseinheiten könnte dies mit der Ausstellung der Geburtsurkunde verknüpft werden, in dem eine Vorführung beim zuständigen Standesamt zwecks Abgabe einer Blutprobe an einen Amtsarzt zur Auflage gemacht wird, andernfalls wird die Geburt amtlich nicht anerkannt.

Bis es aber soweit ist und solange der Gesetzgeber seine Fürsorgepflicht sowohl gegenüber dem individuellen Staatsbürger, als auch gegenüber dem Gemeinwohl sträflich vernachlässigt, muß der freie Markt hier korrigierend eingreifen, in dem er den Bürger im Rahmen einer Aufklärungskampagne zur Stärkung des Bewußtseins für eine gesunde Lebensführung ausreichend informiert, damit dieser nicht nur ein extensives „Self Tracking“ (Self-Tracking für Manager, Quantified Self) durchführt, sondern auch seine DNS bei Dienstleistern freiwillig, natürlich nur unter strengster Einhaltung des Datenschutzes, einreicht. Selbstverständlich ist es dem mündigen Bürger freigestellt ob er die Dienstleistung lokaler Anbieter wie DNA Plus, DNA Direkt oder IhreGene in Anspruch nehmen oder sich als Weltbürger lieber auf internationalem Parkett bewegen möchte. Wem die einheimischen Offerten zu karg erscheinen, wird bei den Eidgenossen fündig. Das Geld ist sowieso schon dort, zum Sterben fährt man erster später hin, also kann man zwischendrin auch ruhigen Gewissens seine DNS in die Schweiz zu iGENEA schicken. Dafür erhält man dann eine Herkunftsanalyse und darf anschließend seine Daten mit der „grössten DNA-Genealogie-Datenbank der Welt“ verknpüfen. Aber auch wer internationalen Unternehmen, also US-amerikanischen, den Vorzug geben möchte wird nicht enttäuscht. Hier buhlen 23andMe, deCODEme (ist zwar 2009 in Insolvenz gegangen, aber es findet sich bestimmt ein Philanthrop, der den Datenbestand rettet) oder Navigenics um des freien Bürgers DNS. Allen gemein ist jedoch ein kleiner Wermutstropfen, denn sie verlangen Geld für ihre Analyse. Noch!

Ich weiß nicht welche StartUps die Geheimdienste empfehlen würden, aber ich bin sicher, jeder Teilnehmer macht sie ein klein wenig glücklicher, schließlich lieben sie doch alle, alle Menschen.

UAA, es reicht!

Spähfreie Hardware: Dumm, dümmer, SPD

Die SPD und das Internet, was soll man dazu sagen? Wenn Blinde über Farben reden. Der SPD-nahe „progressive Think Tank“ D64 möchte no-spy Hardwaresiegel im EU-Raum (via Heise) einführen. Kunden sollen die Sicherheit haben, „abhörfreie Geräte“ zu kaufen. Und sie setzen noch eines drauf, die Hardware soll nicht nur abhörfrei, sondern sogar spähfrei sein. Spähfrei, das ist doch mal eine Innovation! Das glaub’ ich gerne, solche Hardware wird man nie im Laden erspähen können. Ob es dann wohl von Apple iSpähfreifones geben wird? So und jetzt kommen wir zur Preisfrage: Warum heißen Geheimdienste Geheimdienste und Hintertüren Hintertüren? Was für’n Stoff nehmen die bei der SPD? Weiterlesen

Rechtsanwalt für Internetrecht klagt gegen BND, bietet aber keinen PGP-Schlüssel an

Wie der Spiegel berichtet (via CR-Online), klagt der Berliner Anwalt Niko Härting (Twitter: @nhaerting) vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen eine Durchleuchtung von e-Mails aus dem Jahre 2010, da aus dem Jahresbericht (vgl. hier) des parlamentarischen Kontrollgremiums hervorging, daß der BND 37 Mio. e-Mails abgefangen, aber nur in 12 Fällen auf nachrichtendienstlich relevantes Material gestoßen sein soll. Soweit so gut, je mehr Klagen vor unterschiedlichen Gerichten gegen diese Schnüffelei vorliegen, desto größer ist auch die Wahrscheinlichkeit, daß Licht in die Sache kommt und Verantwortliche mindestens Rede und Antwort stehen müssen (man wird ja bescheiden, bei dieser Regierung).

Was den Fall aber interessant macht ist etwas Anderes und genau passend zu zwei anderen Artikeln zu Rechtsanwälten hier im Blog (hier und dort): Weiterlesen

Merkel: völlig inakzeptabel

Das ich Frau Merkel für eine Egoistin, aber keinesfalls für eine Demokratin halte, hatte ich bereits vor einiger Zeit erwähnt. Meiner Meinung nach hat sie noch nicht einmal das Prinzip des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates verstanden, aber jetzt legt sie auch noch Realitätsverlust an den Tag. Weiterlesen

Abhörsichere Händis

Heise berichtet gerade von einer kräftigen Absatzsteigerung bei abhörsicheren Händis nach den Enthülungen von Edward Snowden. Bereits wenige Tage nach Verkaufsstart sollen 23 Behörden über 1.200 derartige Geräte bestellt haben. Es stellt sich natürlich die Frage wie abhörsicher die überhaupt sind, denn die verbaute Technik ist proprietär und damit nicht durch unabhängige Dritte weder einseh- noch überprüfbar. Aber in Anbetracht der Tatasche, daß die Snowden-Affäre, von der man gar nichts wußte, nicht nur beendet ist, sondern es nicht einmal Hinweise auf ein großflächiges Abhören durch NSA und GCHQ gibt, muß man dann wohl hierbei eindeutig von einer Verschwendung von Steuergeldern ausgehen, mithin ein Fall für den Rechnungshof.

Betriebsblindheit eines Verfassungsjuristen


Der ehemalige Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier hat sich in einem Interview in der Welt u.a. zu der Abhöraffäre geäußert. Für ihn grenzt ein Schutz vor der Spionage durch fremde Geheimdienste an Unmöglichkeit und damit endet für ihn die Schutzpflicht des Staates. Mit dieser Einstellung offenbart er ein hohes Maß an Betriebsblindheit. Weiterlesen

BSI dementiert Beteiligung an Prism und Tempora

Das Bundesamt für Sicherheitstechnik in der der Informationsverarbeitung (BSI) hat heute in einer Presseerklärung eine Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten geschwurbelt dementiert: Weiterlesen

Prism und die Telefonabzoker

Kreativ ist die Branche der Telefonabzocker, das muss man ihr lassen. Anscheinend versuchen sie jetzt mit den Ängsten rund um die von Edward Snowden aufgedeckte Abhöraffäre Kasse zu machen.

Man erhält einen Anruf, bei dem nach dem Abheben eine automatische Ansage abgespielt wird, die einem mitteilt, daß man aus Gründen des Datenschutzes aus allen Verzeichnissen ausgetragen wurde, und ab jetzt keinerlei Vertragsverhältnisse beim Glücksspiel mehr bestünden (man hatte ja gar keine!). Anschließend möge man bitte die „1“ drücken, um mit der Rechtsabteilung verbunden zu werden.

Ich habe es natürlich nicht ausprobiert auf welche Nummer zu horrenden Preisen man mich weiterleiten wollte, aber die Masche ist altbekannt, nur daß einem früher ein Gewinn in Aussicht gestellt wurde.