Internet-StartUps und Geheimdienste

Aljazeera America berichtet in seiner gestrigen Ausgabe (via heise, FAZ) darüber, daß es deutlich engere Kooperationen zwischen Google und anderen Internetuntenehmen auf der einen Seite und der NSA auf der Anderen gibt, als bisher zugegeben wurde. Wirklich überraschend ist die Meldung nicht, denn es muss einfach Kontakte gegeben haben, die Frage war bisher halt nur in welchem Umfang. Auch handelt es sich bei einem Informationsaustausch zu Sicherheitsrisiken zwischen Regierung und Unternehmen durchaus um ein legitimes gesamtgesellschaftliches Interesse.

Dennoch gibt es noch einen anderen Aspekt. Praktisch alle relevanten, weltweit agierenden Internetunternehmen sind US-amerikanische Unternehmen, die als kleine StartUps mit — oftmals erstaunlich viel — Risikokapital ausgestattet, begonnen haben. Europäische Gründungen tun sich deutlich schwerer. Das liegt einerseits an den verkrusteten Strukturen, die es schwierig machen neue Dinge auszuprobieren. Auch ist der amerikanische Markt weniger differenziert und es stehen durch den einheitlichen Sprachraum von Anfang an deutlich mehr potentielle Interessenten zu Verfügung, als im kleinräumigen Europa, obwohl die Gesamteinwohnerzahl der EU ungleich größer ist. Andererseits ist eine weitgefasste Meinungsfreiheit, die es so nur in den USA gibt, die Grundlage vieler bekannter Internetunternehmen. Unternehmen wie Yahoo, Google etc. wären in Deutschland, überhaupt in Europa, bereits in ihrer Gründungsphase in Grund und Boden geklagt worden. Ein Übriges tut die Ignoranz und das technische Analphabetentum der Politiker (Stichwort Neuland).

Vielleicht kommt aber noch etwas anderes hinzu, was einen dazu veranlassen sollte einen Paradigmenwechsel in Betracht zu ziehen. Bisher wird immer davon ausgegangen, daß die Internet-StartUps durch zunehmende Beliebtheit beim Publikum wachsen, Risikokapital auftreiben und schließlich das Interesse der Geheimdienste, namentlich der NSA, wecken. Es gibt durchaus Gründe anzunehmen, daß es genau anders herum sein könnte. Die StartUps werden von vornherein durch Kaptial, getarnt als Risikokapital, und vielleicht sogar Personal der NSA entwickelt und gegründet.

Auffällig ist bei vielen StartUps, wie lange sie ohne ein erkennbares Geschäftsmodell Jahr für Jahr Millionen verbrennen können. Sind die Kapitalgeber wirklich derart vom kommenden Erfolg der jeweiligen Idee überzeugt, daß sie hier bereitwillig diese enormen Beträge zur Verfügung stellen? Oder empfinden die eigentlichen Kapitalgeber die investierten Millionen gar nicht als verbrannt? Wenn man als Geschäftsmodell nicht „Geld verdienen“ annimmt, sondern „Informationsgewinnung“, sieht die Sache anders aus, dann nämlich ist das Geld sehr gut investiert und liefert einen außerordentlich hohen ROI (Return of Investment). Man erhält von den Benutzern freiwllig und frei Haus alles über Lebendsumstände, Kontakte, politische Einstellungen und Aktivitäten, sexuelle Vorlieben etc. Und wenn das ein oder andere StartUp später tatsächlich auch noch Geldgewinne erwirtschaften sollte, um so besser.

Anfang April wurde bekannt, daß von den USA aus mit Hilfe des von ihnen gegründeten Twitter-Ersatzes „ZunZuneo“ versucht wurde, die Kubaner zum Widerstand gegen ihre Regierug zu animieren. Ende April wurde dann öffentlich, daß dies nicht der einzige Versuch war. Auch in Ländern wie Afghanistan, Pakistan und Kenia (Netzpolitik, NY Times) wurde versucht über lokale soziale Netzwerke Einfluss zu nehmen, weitere Länder wie Nigeria und Simbabwe stehen auf der „To-Do-Liste“. Sollte man nun im Lichte der Snowden-Enthüllungen nicht von vornherein besser davon ausgehen, daß dies keine Einzelfälle sind, sondern die Regel und es eben nicht allein um Einflussnahme und pro-amerikanische Meinungsbildung, sondern vordringlich um das Abgreifen von Daten ging?

Die amerikanischen Geheimdienste mit ihren Milliardenetats, allen voran die NSA, würden somit strukturell wie ein gigantisches Wirtschaftsförderungs- und Beschäftigungsprogramm wirken, in dem sie soziale Netzwerke jedweder Art gründen und subventionieren. Deshalb müssen diese Dienste auch für den Benutzer kostenlos sein, denn nur dann kommen genügend hohe Teilnehmerzahlen aus allen Bevölkerungsschichten zusammen, was die Analyse der Beziehungen ungemein erleichtert. Alles zusammen würde zumindest plausibel erklären, warum die USA gerade im Bereich der sozialen Netzwerke eine herausragende Stellung einnehmen.

Vielleicht sind viele Kosentlosangebote im Internet nocheinmal deutlich teurer für uns alle, als bisher angenommen und wir müssen uns häufiger die Frage stellen wer die eigentlichen Auftraggeber, Kapitalgeber und Nutznießer sind.

2 Kommentare

  1. […] weiß nicht welche StartUps Geheimdienste empfehlen würden, aber ich bin sicher, jeder Teilnehmer macht sie ein klein wenig glücklicher, […]

  2. […] Rücklauf von Aberhunderten von Millionen oder steckt doch noch etwas Anderes dahinter? Ich hatte vorletztes Jahr schon mal darüber nachgedacht, ob hinter derartigen Startups nicht auch […]

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