Die Ente des Tages als Armutszeugnis des Journalismus

Heute Vormittag setzte der Redakteuer Moritz Hürtgen vom Satiremagazin „Titanic“ auf seinem persönlichen Twitterkonto, bei dem er kurzfristig seinen Namen durch hr Tagesgeschehen ersetzt hatte, einen Tweet ab, in dem gemeldet wird, daß Seehofer das Unionsbündnis mit der CDU aufkündigt.

Zahlreiche „Qualitätsmedien“ (Bild mal wieder vorne mit dabei), sowie die Nachrichtenagentur Reuters haben diesen Tweet völlig ungeprüft übernommen, weil sie ihn als vom Hessischen Rundfunk kommend wahrnahmen und als Meldung weiterverbreitet. Kurze Zeit später ist dann Einigen aufgegangen, daß man einer Satire aufgesessen ist, aber da hatte die Meldung in Onlinemedien und auf Phönix bereits die Runde gemacht.

Im Grunde ein höchst erschreckender Vorgang und ein Offenbarungseid der „Mainstreammedien“. Sie sehen sich selbst als Hüter der Qualität im Journalismus, gar als Bewahrer der Demokratie und werfen der neu aufgekommenen Konkurrenz durch Blogs permanent vor, Nachrichten ungeprüft zu übernehmen und Verschwörungstheorien zu verbreiten. Sie werben unbeirrt damit, daß nur sie allein mit ihrem Redakteursstab aus ausgebildeten Journalisten in der Lage seien, Nachrichten zu bewerten und richtig einzuordnen, ja selbst „Faktenfinder“ werden installiert um die Verfehlungen bei der ungeliebten Konkurrenz aufzudecken. Genau diese „Qualitätsmedien“ regen sich nun darüber auf, daß sie vom Titanic-Magazin nach allen Regeln der Kunst vorgeführt wurden. Die angebliche Nachricht betraf ja nicht irgendeine entlegene Weltgegend in der es keine Korrespondenten gibt, sondern der Tweet stammte von einem im Narichtenwesen völlig unbekannten Twitterkonto (Wenn auch von einem durch Twitter Bestätigten, aber was heißt das schon?) und betraf ein aktuelles, höchstbrisantes innenpolitisches Thema. Es wäre den großen Medien nicht nur ein Leichtes, sondern ihre Pflicht gewesen, diese wirklich spektakuläre Meldung zu validieren, wenn denn die Journalisten ihrer Aufgabe nachgegangen wären, aber man schreibt lieber voneinander ab. Es gibt inzwischen sogar Journalisten, die lassen sich nur von Twitter beliefern, weil es ihrer Meinung nach so einfach ist, da die Meldungen kontinuierlich von selbst einlaufen. Eigene Recherchre? Fehlanzeige.

Dennoch ist der heutige Vorfall kein Einzelfall, Agenturmeldungen werden seit lanhgem in großem Umfang wortgleich von verschiedenen Medien veröffentlicht, desgleichen wird voneinander abgeschrieben.

Die Bildzeitung klärte ihre Falschmeldung auf, in dem sie wiederum, von einem einleitenden Satz abgesehen, nur die Agenturmeldung von Reuters weitergab. Indirekt schiebt Bild die Schuld für die Ente auf Reuters.
Übrigens heißt es in der Einleitung:

Das Satire-Magazin „Titanic“ hat heute Mittag eine Falschmeldung über ein angebliches Aus für das Unionsbündnis verbreitet.

Kann ein Satiremagazin überhaupt eine Falschmeldung verbreiten? Wenn ja, wäre diese Falschmeldung dann nicht logischerweise die Wahrheit, denn das Merkmal von Satire ist die Unwahrheit durch Überspitzung der Realität.

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