Philosophie für jedermann: Philosophie Magazin

Titelblatt der Erstausgabe vom Philosophie Magzin.

Erstausgabe vom Philosophie Magzin

BERLIN — Der Verleger Fabrice Gerschel des seit 2006 erscheinenden französischen „Philosophie Magazine“ versucht jetzt auch in Deutschland mit dem „Philosophie Magazin“ Fuß zu fassen (Twitter: @philomagde). Das französische Vorbild erscheint in einer Auflage von 52.000 Exemplaren und soll gewinnbringend arbeiten. Beginnend mit der knapp 100-seitigen, gehefteten Doppelausgabe Dez. 2011/Jan. 2012 vom 16.11. erscheint die deutsche Ausgabe unter dem Chefredakteur Dr. Wolfram Eilenberger zunächst 10 mal jährlich zum Preis von 5,90 € pro Heft, bzw. 52,- € im Abo. Auch wenn auf Inhalte der franz. Ausgabe zurückgegriffen wird, soll eine eigenständige Linie geboten werden.

Das Layout ist modern, optisch aufgelockert in dezenten Farben und vermeidet „Bleiwüsten“. Länge und Aufmachung der meisten Artikel entspricht in gewisser Weise eher der Art eines typischen Blogs, bei der Sachverhalte schlaglichtartig beleuchtet werden, dennoch finden wirklich Interessierte konkrete Anregungen auf entsprechende Texte. Zusätzlich enthält das Heft eine 15-seitige Sammelbeilage im DIN A5 Format. Im ersten Heft die Kapitel 9-12 (Über die Freundschaft) aus dem IX. Buch „Nikomachische Ethik“ von Aristoteles. Aufmachung und Inhalt des Philosophie Magazins richten sich aber explizit nicht an studierte Philosophen und Akademiker. Es versteht sich also nicht als Fachzeitschrift, sondern als Mittler zwischen der Philosophie im „Elfenbeinturm“ und dem durchschnittlichen Bürger mit Interesse für die Welt.

In seiner ersten Ausgabe setzt das Philosophie Magazin auf Beiträge von bekannteren Persönlichkeiten aus dem deutschsprachigen Raum wie Florian Henckel von Donnersmarck, Julian Nida-Rümelin, Gert Scobel, Juli Zeh u. a., sowie auf einen per Skype geführten Dialog zwischen den beiden, mehr oder weniger umstrittenen, Australiern Julian Assange (Wikileaks-Gründer) und Peter Singer (Moralphilosoph).

Für manch einen überraschend dürfte sein, daß der Wikileaks-Gründer Julian Assange von sich selbst sagt, kein großer Freund der Transparenz zu sein und er das Internet nicht nur für einen Raum in dem sich jeder ausdrücken kann hält, sondern für das ausgeklügelste Massenüberwachungssystem, da seiner Meinung nach die Menge an privater Information in den Händen mächtiger Gruppen schneller steigt, als die öffentliche Information. Der Moralphilosoph Peter Singer hingegen ist sich noch nicht sicher, ob zumindest ein Teilverlust von Privatheit wirklich schlecht ist, da man, wenn alles droht bekannt zu werden, geneigt sein könnte, weniger Schlechtes zu tun.

Dem aktuellen politischen Thema geschuldet, ist ein Gespräch mit dem Philosophen Axel Honneth (Das Finanzkapital ist zu entmachten) über Anerkennung, Sozialismus, Wutbürger und die Occupy-Bewegung.

Das zentrale Thema des ersten Heftes ist jedoch die Suche nach den Gründen, warum wir Kinder haben (oder auch nicht) und ein Abriss zum Wirken von Aristoteles.

Wie insbesondere bei einem Philosophiemagazin nicht anders zu erwarten gibt es auch mehrere Seiten mit Buchvorschlägen. Über ein Farbschema wird jeder Titel einer von vier Kategorien (für alle, für Neugierige, mit Vorwissen, hoch motiviert) zugeordnet. Von Rezensionen zu sprechen wäre an dieser Stelle wohl zuviel gesagt, da die Beschreibungen nicht über Klappentextlänge hinauskommen und somit in der Kürze keine weitergehende Auseinandersetzung mit dem Inhalt erfolgen kann.

Das erste Heft ist zwar nicht uninteressant, wer aber unter Philosophie tiefergehende Analysen versteht wird sich hier nicht wiederfinden, denn dafür bleibt alles zu oberflächlich. Auch scheinen sich die Herausgeber noch der Art der Philosophie verbunden zu fühlen, die versucht aus sich heraus die Welt erklären zu wollen und weniger der Art welche die Naturwissenschaft als Basis der Erkenntnis benennt. Abgesehen davon, wird sich der Charakter des neuen Magazin wohl auch noch etwas ändern, da es erst noch seinen Platz in der deutschen Leserschaft finden muss. Es bleibt zu hoffen, daß das Versprechen aus dem Editorial Ein Magazin, allein in dem Sinn radikal, keinen Zweifel für tabu zu erklären den Machern ein ernstgemeintes Anliegen ist, denn im ersten Heft ist man noch weit davon entfernt überhaupt ein Tabu anzusprechen.

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