Neuauflage der Kryptokriege: Edward Snowden ist schuld

Bereits Ende der 90er Jahre gab es den Versuch Kryptografie zu verbieten (Stichwort Crypto Wars). Damals ging die Initiative zur Einschränkung von Verschlüsselung von den USA aus, wohl weil sie um ihre Abhörmöglichkeiten fürchteten. Relativ plötzlich versiegte dann in der westlichen Welt die Disskussion um ein Verbot der Kryptografie. Warum? Seit dieser Zeit hat die Bedeutung des Internet während der letzten Jahre ein erhebliches Ausmaß angenommen, ist sogar in vielen Bereichen unverzichtbar geworden.

Schon allein aus Eigeninteressen müssen sich Geheimdienste seit ihrer Erfindung um Methoden der Verschleierung und Verschlüsselung beschäftigen. Einserseits um beim Gegner mitlesen zu können, andererseits um die eigene Kommunikation vor nicht authorisiertem Mitlesen zu schützen. Zur Erfüllung dieser Aufgabe benötigen sie Leute, die ihr Handwerk wirklich verstehen und davon gibt es nicht allzu viele, da die Materie recht komplex ist. Anders ausgedrückt, um solches Personal zu finden müssen sich die Geheimdienste an den Universitäten umsehen. Auf Grund der guten finanziellen Ausstattung der Geheimdienste und der relativ Schlechten der Universitäten sind sie in der Lage für Könner des Faches geradezu paradiesische Arbeitsbedingungen zu schaffen. Allerdings bedeutet dies auch, daß sie versuchen (müssen), Ideen und Projekte, die ihren Interessen entgegenlaufen sowie deren Entwickler zu torpedieren.

Durch die Veröffentlichungen der Dokumente von Edward Snowden ist bekannt geworden, daß es den Geheimdiensten nicht nur gelungen ist weite Teile des Internet abhzuhören, sondern auch einige Verschlüsselungstechniken zu ihren Gunsten zu beeinflussen (Hintertüren, Schwächung). Somit bestand kein wirklicher Bedarf mehr an einem umfassenden Kryptoverbot. Im Gegenteil, Mund halten war die bessere Strategie, denn jedermann wog sich in Sicherheit. Bis Edward Snowden kam. Nach der ersten Schockphase, begann ein Umdenken, was dazu führte, daß verschiedene Lücken aufgedeckt wurden (und sicherlich noch werden, da nun die Kryptobibliotheken verstärkt auditiert werden), neue, sichere Dienste entwickelt werden und insgesamt der Anteil an verschlüsselter Kommunikation steigt. Genau dies wirft langfristig die Geheimdienste zurück und eine Gegenstrategie tut not.

An dieser Stelle kommt der Terroranschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo und das Entsetzen in westlichen Welt wie gerufen, erneut ein Kryptoverbot zu fordern. Daß Kryptografie bei dem Anschlag keine Rolle spielte (einer Täter hatte offenbar weder Internet noch Händi) ist bedeutungslos. Entscheidend war das breite Entsetzen über den Terroranschlag. Mit Vorbeugung vor Terroranschlägen meint man nun alles begründen zu können. Somit ist der Anschlag nicht die Ursache, sondern der Anlass für das Aufleben der Kryptokriege. Die Opfer, die ihr Recht auf freie Meinungsäußerung wahrgenommen haben, werden nun dazu benutzt die Grundrechte zu beschränken. Daher gehe ich auch davon aus, daß die erneute Kryptodebatte keine eigene Idee der Politik ist, sondern von den Geheimdiensten — da David Cameron den Anfang gemacht hat, liegt der GHCQ nahe, aber der ist eine Quasinebenstelle der NSA — lanciert wurde. Obama und Innenminister Thomas de Maizière, letzterer nach einer 180°-Wende (Bei der Präsentation der Digitalen Agenda: „Wir wollen Verschlüsselungsstandort Nummer eins auf der Welt werden“) wurde bereitwillig auf den Zug geholfen.

Bei der Verkündung eines kompletten Kryptoverbotes dürfte die Politik, auf Grund mangelnden Sachverstandes, über’s Ziel hinausgeschossen sein. Den Geheimdiensten geht es mit Sicherheit um Kontrolle und Hintertüren, aber gerade dort dürfte man sich weitaus mehr bewusst sein, daß ein totales Kryptoverbot nicht nur wenig zielführend (bzgl. Terrorismus) und erfolglos sein würde, sondern auch immense Gefahren für die eigene Wirtschaft mit sich brächte, als in der Politik, da Poliliker im Allgemeinen nicht wissen wovon sie reden.

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