Zeitungssteuer

Der Bundesvorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV) nimmt seinen Hut und zieht in einem Interview bei Kress.de (via heise) Bilanz.

Wenn sich der Auflagenrückgang so fortsetzt, werden wir in zehn Jahren weniger Zeitungen haben. Das heißt aber nicht, dass dann Online dominiert. Denn wenn Print stirbt, stirbt auch Online, da das Geld immer noch über die Printprodukte erwirtschaftet wird. Trotz der Bezahlschranken gibt es bisher noch kein tragfähiges Geschäftsmodell für den Online-Journalismus. Wichtig ist daher eine neue Art der Finanzierung. Die muss aber staatsfern sein.

Wir werden ein ähnliches Modell wie bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten brauchen. Ich halte es für realistisch, dass eine Haushaltsabgabe für Zeitungen, egal ob sie als Printprodukte oder online erscheinen, eingeführt wird. Wie soll sonst zum Beispiel Lokalpolitik noch an die Bürger vermittelt werden? Dafür brauchen wir starke Lokal- und Regionalzeitungen.

Das ist die typisch deutsche Lösung, das Geschäft läuft nicht mehr so wie gewünscht und deshalb müssen die Leute gezwungen werden es zu finanzieren, ob sie wollen oder nicht. Dabei wäre es vermutlich richtig gut, wenn das ein oder andere der alten, größeren Blätter mit einem Knall verschwände (verzichtbar sind sowieso etliche, wenn doch nur Meldungen der Presseagenturen abgeschrieben werden). Dies würde vielleicht bei den Verbleibenden zu einem Umdenken und besserer Qualität führen.

Meint er mit staatsfern genauso wie beim Rundfunk? Lachhaft. Wie sollen die Einnahmen dieser Steuer (auch wenn man es Abgabe, Beitrag, Gebühr o.ä. nennt) verteilt werden, ohne daß sie von Parteien gekpapert werden? Über die Parteien wird letztendlich die Höhe der Steuer festgelegt werden und ein entsprechendes, dann zu schaffendes Gremium — das schreit geradezu nach neuen Posten für Funktionäre — wird einen Verteilerschlüssel beschließen. Den Einfluss auf dieses Gremium werden sich die Parteien mit Sicherheit nicht entgehen lassen. Ich kann mir jedenfalls nur schwer vorstellen, daß die Parteien stillhalten würden, wenn von dem eingenommenen Geld auch rechte und aus ihrer Sicht rechte Zeitungen finanziert werden müssen. Eine Zeitungssteuer dürfte daher eher ein weiterer Schritt hin zu einer sich weiter verfestigenden Meinungsmonokultur sein.

Die Idee der Zeitungssteuer ist übrigens nicht so ganz neu, dazu hatte ich hier im Blog vor gut einem Jahr einen längeren Artikel unter dem Titel Presserettung. Volker Kauder hatte die Überlegung gäußert der darbenden Zeitungsbranche („unverzichtbares Kulturgut“) unter die Arme greifen zu wollen, nur bei der Finanzierung blieb er vage („staatsfern“) und die rot-grüne Landesregierung in NRW wollte eine Gesetzesänderung, um unter dem Dach der Landesmedienanstalt, also finanziert aus Rundfunkgebühren, eine Journalisten-Stiftung zu errichten. Und eine Kulturflatrate war auch schon im Gespräch.

Da gibt es inzwischen in vielen Medien eine fließende Grenze. Die Leser und Zuschauer wollen aber informiert und nicht beeinflusst werden. Die Menschen merken, dass wir uns zunehmend von der klassischen Berichterstattung verabschieden.

Und weil sich die Menschen von der Berichterstattung verabschieden sollen sie genau die Fortsetzung dieser Berichterstattung über eine Zeitungssteuer subventionieren müssen. Das nenn’ ich dreist. Wir haben ja noch nicht genug Zwangsabgaben in Deutschland. Bestes Beispiel für den Niedergang der Presse hat kürzlich der Axel-Springer-Verlag in seinem Kampf gegen Adblocker mit seiner Argumentation, daß der redaktionelle Teil nur das Vehikel ist, um Werbung ausliefern zu können, gebracht. Wer mit diesem Anspruch eine Zeitung betreibt muss sich nicht über das Wegbleiben der Leser wundern.

Die wollen sich ihre Meinung selber bilden, und damit haben sie durchaus Recht. Andererseits gibt es natürlich auch Medienkonsumenten, die diese Beeinflussung nicht bemerken – und die werden von uns in eine Richtung gelenkt. Das ist keine gute Entwicklung. Wir müssen uns verstärkt um die Glaubwürdigkeit des Journalismus kümmern. Der Begriff „Lügenpresse“ ist üble Hetze, aber es gibt auch bei anderen Bürgern, die nicht den Pegida-Rattenfängern auf den Leim gehen, ein Unbehagen an manchen Veröffentlichungen. Wir müssen das als Warnung verstehen und verstärkt daran arbeiten, wieder wahrhaftiger zu berichten. Es gilt auch, Journalismus so zu betreiben, wie wir das alle einmal gelernt haben.

Ja was denn nun, entweder Lügenpresse ist Hetze, weil man korrekt berichtet oder man muss wahrhaftiger berichten, dann ist Lügenpresse keine Hetze sondern eine Tatsache. Aber immerhin, er gibt Mängel in der Berichterstattung zu. Das kann er sich auch nur deshalb erlauben, weil er auf Grund seines Alters keine Ambitionen mehr hegt, auf die er Rücksicht nehmen müsste. Da er sich nicht mehr zu Wahl stellt, kann er seine Meinung offen sagen.

Wir müssen einfach die Grenze zwischen Meinung und Information wieder klarer ziehen.

Das ihm das auch schon auffällt, aber das Problem ist doch, daß weite Teile der Presselandschaft von einer politischen Meinung dominiert werden und diese dem Rezipienten auch so vermittelt werden soll. Als Mittel dazu werden anderslautende Auffassungen unisono in die rechte Ecke gestellt, um sie dauerhaft zu diskreditieren. Übersehen wurde dabei, daß sich diese Masche allmählich abnutzt und die Wirkung zunehmend verpufft. Die Leute wollen das einfach nicht mehr lesen. Die sinkenden Leserzahlen sprechen das deutlich aus, aber dafür soll es jetzt eine Zeitungssteuer richten. Wenn der Bürger es schon nicht lesen will, soll er wenigstens dafür blechen.

5 Kommentare

  1. bs sagt:

    Hallo,

    obwohl ich bei sehr vielen Themen ihrer Meinung bin, habe ich hier eine andere Meinung.

    „.. daß der redaktionelle Teil nur das Vehikel ist, um Werbung ausliefern zu können..“

    Das ist das in der Marktwirtschaftl. Die Redaktionen müssen bezahlt werden. Und dass geht nur über Verkäufe (Klassisch oder Online), Werbung, Zwangsabgabe oder Philanthropie (Beispiel Jeff Bezog).
    Wobei für mich die beiden zuletzt aufgezeigte Wege, die problematischste sind.
    Denn am Ende gibt es keinen freie Aufklärung mehr.
    Die Organisationen die durch die Haushaltsabgabe leben, sind für mich aber auch ein großes Problem.
    Die (richtig) dort Beschäftigten haben die Beste aller Welten. Job Garantie wie im Öffentlichen Dienst und Gehälter wie in der Privatwirtschaft.
    Wenn z.B. das Prantelhausener Tageblatt (SZ) indoktrinierisch agiert, machen sie dass mit dem Geld das sie von ihren Konsumenten erhalten.
    Das Problem, dass immer weniger für freie Medien ausgegeben wird, sehe ich allerdings auch. Vor 10 Jahren gab ich persönlich auch mehr für Zeitungen und Zeitschriften aus. Ich lese jetzt nicht weniger, nur eben frei im Internet.
    Das Thema Bezahlschranken hat bis jetzt auch nirgend funktioniert. Es könnte nur klappen, wenn alle mitmachen würden. Bei solch einer Absprache würde sicher das Kartellamt nicht Lächeln…
    Anderseits gibt es schon genug Zwangsabgaben. Noch eine halte ich ebenso für unvernünftig.
    Was ich mir vorstellen könnte währe ein Art Zwangs Flattr.
    Ein Teil oder besser die ganze ehemals GEZ pro Haushalt wird in ein Flattr ähnliches Konto eingebracht.
    Damit kann der mündige Bürger dann den Journalisten sein Wahl beglücken.
    Die nicht mündigen können ihr Geld weiter über Kommisionen verteilen lassen.

  2. Bitte den sinnentsprechenden Teilsatz betrachen:

    […] der Axel-Springer-Verlag in seinem Kampf gegen Adblocker mit seiner Argumentation, daß der redaktionelle Teil nur das Vehikel ist, um Werbung ausliefern zu können, […]

    Das ist keine Meinungsäußerung von mir, sondern war die Argumentation der Rechtsanwälte des Axel-Srpinger-Verlages um ihr Vorgehen gegen Adblocker zu rechtfertigen. Nachdem sie gemerkt hatten, daß der Satz beachtet wurde, haben sie einige Zeit später versucht zurückzurudern und ihn abzuschwächen.

    Das die Verlage ein Problem haben, welches auch durch ein deutlich geändertes Leseverhalten der Menschen (mich eingeschlossen) mit entsteht sehe ich ebenso, ohne jetzt eine Lösung anbieten zu können. Nicht vergessen werden sollte aber auch, daß wesentliche Teile der Presse in den Händen einiger weniger Milliardärsfamilien oder parteigesteuert (die SPD ist groß darin) sind. Auf der einen Seite wird immer von freier Marktwirtschaft schwadroniert (dazu gehört, daß Produkte verschwinden und Unternehmen pleite gehen), aber wenn das eigene Geschäftsmodell betroffen ist, wird nach der Solidargemeinschaft gerufen, die das über eine Steuer auffangen soll.

    Mal provokant gefragt: Warum wollen eigentlich alle Verlage mit ihren Zeitungen ins Internet? Wenn es dort nichts zu verdienen gibt und sie der Meinung sind ein gutes Produkt zu machen müsste es sich doch auch so verkaufen (Bücher tun es).

    Es geht ja bei den Adblockern nicht um die (nervige) Werbung allein. Keine kommerzielle Webseite kommt heute mehr ohne Spionage am Leser aus. Man schaue sich mal an, von wie vielen unterschiedlichen Servern der Seiteninhalt zusammengeklaubt wird, mit allen Trackern, Skripten, Bildern, Texten kommen da Aberdutzende zusammen, weit über 100 ist keine Seltenheit. Für ein paar Bytes Text in HTML, werden etliche KByte an weiteren Inhalten geladen. Adblocker hätten es übrigens mMn deutlich schwerer, käme alles von einer Domäne, dann lässt sich aber der Kunde nicht übergreifend verfolgen.

    Fazit: Ohne Adblocker im Internet geht es praktisch nicht mehr und ein praktikables (und anonymes) Bezahlmodell ist bisher nicht in Sicht, das rechtfertigt aber nicht die Einführung einer weiteren Steuer.

  3. bs sagt:

    „rechtfertigt aber nicht die Einführung einer weiteren Steuer.“
    Sehe ich genauso. Ich will die Umwidmung einer bestehenden quasi Steuer, oder besser Einfluss haben was mit meinen Gebühren gemacht wird.

  4. In Deutschland soll eine Abgabe entfallen? Das geht nur, wenn die neue Abgabe mindestens doppelt so hoch wird. 😉

  5. […] die Arme greifen. In der CDU geistert schon eine Weile eine solche Idee unter dem Stichwort des „unverzichtbaren Kulturguts“ (Volker Kauder) herum und die Landesregierung von NRW hatte eine Mittelzweckentfremdung für die […]

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