TK: Wir garantieren seriösen Betrug

Nach einem dümmlichen Tweet der Technikerkasse hatte sich auf Twitter ein Schlagabtausch zum Thema Homöpathiekostenübernahme durch die Kasse entwickelt. Für den Tweet hat sie sich zwar mehrfach (hier und hier) entschuldigt, doch die daraufhin angekündigte und sogar erschienene Rechtfertigung zum Thema offenbart erst das eigentliche Verständnisproblem bei der Kasse, so das wieder einmal „si tacuisses, philosophus mansisses“ gilt.

Fakt ist: Kundenbefragungen haben uns gezeigt, dass manche Versicherte sich sogenannte komplementärmedizinische Angebote – in Ergänzung zur Schulmedizin – wünschen. Sie setzen bei Beschwerden auf eine (begleitende) ergänzende Therapie. Wir nehmen diese Wünsche ernst und setzen sie auf einem qualitativ hochwertigen Niveau um.

Durchschaubare Argumentation, wie auch schon einige Antworten auf Twitter anmerkten, würden Kundenbefragungen zu Brillen, Zahnersatz und Freibier zum gleichen Ergebnis führen, nur will man eben nicht die Wahrheit schreiben, daß es bei der Erstattung „komplementärmedizinischer“ Therapieformen um die Gewinnung einer im Durchschnitt besserverdienenden Klientel als Kunden geht, unter der rein betriebswirtschaftlichen Annahme, daß die Summe der (Folge-) Kosten komplementärmedizinischer Angebote die Einnahmen aus den Versichertenbeträgen nicht übersteigt. Anders ausgedrückt, sobald eine genügend große Zahl von allen Kunden der Kasse komplementärmedizinische Therapieformen als tatsächliche Alternative in Anspruch nehmen würde, würde die Erstattung dieser Angebote schnell eingestellt werden (müssen), da der Schaden durch Folgekosten zu spät behandelter Erkrankungen rapide ansteigen würde.

Bedenklicher ist aber der zweite Satz, daß der Kundenwunsch auf qualitativ hochwertigem Niveau umgesetzt werde. Das ist derselbe logische Unsinn, wie man ihn im Zusammenhang mit Astrologen findet, wenn von seriösen Astrologen die Rede ist. Bei Homöopathie wie Astrologie und ähnlichen esoterischen Produkten wird eine Leistung versprochen die nicht erbracht werden kann, mithin liegt im umgangssprachlichen Sinne Betrug vor. Es ist Scharlatanerie, Quacksalberei. Nur weil der Scharlatan ein ausgebildeter Mediziner ist, wird die Scharlatanerie dadurch nicht weniger scharlatanisch. Im Gegenteil, man muss sogar grundsätzlich an der Qualifikation der teilnehmenden Ärzte zweifeln. Ein approbierter Betrüger ist und bleibt ein Betrüger. Aber wahrscheinlich gibt es nicht nur bei der TK Menschen, die annehmen, daß die Regentänzer, die Mitglied im Deutschen Zentralverein der Regenmacher (DZR) sind, seriösere Regenmacher sind, als die Unorganisierten. Im Prinzip kann jedermann für jedwede beliebige Angelegenheit einen Zentralverein gründen. Geht es um Betrug nennt man es dann auch organisierte Kriminalität. Ebenso sind die Flache-Erde-Gesellschaften noch nicht mangels Mitgliedern vom Globus verschwunden. Zweck des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) ist letztendlich — wie bei allen anderen Vereinigungen auch — nur die Bündelung der Interessen der Mitglieder um eine (bessere) Außenwirkung erzielen zu können.

Das soll eine hochwertige Versorgung sicherstellen und Einnahmefehler oder Fehldiagnosen in der Selbstmedikation vermeiden.

Wonach bemisst sich, ab wann Unsinn als hochwertig gelten kann? Unsinn bleibt Unsinn. Die Verschreibung von Homöopathika ist per se bereits ein ärzlichler Kunstfehler und der Unfug mit dem Einnahmefehlern, nicht vorhandener Wirkstoff kann nicht falsch oder richtig eingenommen werden, wird auch von anderen Kassen, wie der DKV verbreitet.

Übrigens: Der Gesetzgeber hat den besonderen Therapierichtungen – also der Homöopathie, der Anthroposophie und der Pflanzenheilkunde – ausdrücklich einen Platz in der gesetzlichen Krankenversicherung eingeräumt: „Behandlungsmethoden, Arznei- und Heilmittel der besonderen Therapierichtungen sind nicht ausgeschlossen“ heißt es im Gesetz.

Das ist sachlich richtig, es heißt aber eben leider „nicht ausgeschlossen“, nicht „muss finanziert“ werden, d.h. den Kassen ist nur das Recht eingeräumt worden, nicht die Pflicht auferlegt worden, unwissenschaftlichen Unsinn zu finanzieren, das bedeutet nun mal nicht zwingend, daß sie ihn auch befördern müssen. Im Grunde wäre es an den Kassen und der Ärzteschaft hier auf eine adäquate Abänderung der Bestimmungen zu dringen, nur grübe man sich dadurch eine veritable Einnahmequelle ab.

Angemerkt sei noch, daß Pflanzenheilkunde etwas grundlegend Anderes ist, als esoterische Pseudomedizinen wie Homöopathie, Schüßler-Salze und Anthroposophie.

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