Gaia-X, zweiter Akt

Mal wieder ein Offenbarungseid der Politik in Sachen IT. Letztes Jahr wurde von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) großmundig ein europäisches, föderales Netzwerk für Cloudcomputing, Gaia-X genannt, der Öffentlichkeit vorgestellt. Ein wesentlicher Aspekt dabei war, daß Gaia-X — zumindest ist das die öffentlich kommunizierte Begründung — mit den GAFAM-Unternehmen (Google, Apple, Facebook, Amazon, Microsoft) in Konkurrenz treten soll.

Dringend notwendig wäre dies tatsächlich, aber ich hatte letztes Jahr dazu geschrieben, daß sich durch staatliche Intervention solange kein zum GAFAM-Komplex wettbewerbsfähiges Produkt entwickeln lassen wird, wie nicht die Ursachen des europäischen Rückstands benannt werden, denn es muss einen Grund geben weshalb sich in Europa im Gegensatz zu den USA kein relevanter Mitspieler aus einem kleinen Unternehmen entwickelt hat. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Ignoranz (Stichwort „Neuland“) von Politik und Wirtschaftsführern, Technikfeindlichkeit, Wissenschaftsfeindlichkeit, mangelnde Meinungsfreiheit, Genderismus. So wird bis heute das Internet in der Politik nur als Bedrohung gesehen, aber selbst mit der Regulierung irrlichtert die Politik durch den Cyberspace (was jetzt nicht heißen soll, daß ich diese Regulierungsversuche befürworte!), weil es an Expertise und Lernwilligkeit fehlt (Stichwort: Ursula von der Leyen — Zensursula — mit ihren Kinderpornosperren oder Heiko Maas mit seinem NetzDG).

Forschungsministerin Anja Karliczek (CDU) hat damals verkündet (auch wenn sie selbst höchstwahrscheinlich die Tragweite ihrer Aussage nicht verstanden hat), daß „die Macht über die Daten nicht mehr in den Händen einiger weniger internationaler Konzerne liegen“ dürfe. Genau das dürfte der Knackpunkt sein. Daher bin ich, wie schon vor einem Jahr, weiterhin der Meinung, daß es der Politik nicht per se um die Konkurrenzfähigkeit geht, sondern um den von fremden Mächten ungehinderten Zugriff auf die Daten der hiesigen Bevölkerung. Bestärkt sehe ich mich durch aktuelle Gesetzesvorhaben zur Wiederbelebung der Kryptokriege in Deutschland und der EU, die den Behörden Zugriff auf die private Kommunikation durch Aushebelung der weiter zunehmenden Verschlüsselung bei Messangern ermöglichen sollen (Regulierung von Messengern: WhatsApp, Telegram und Co. sollen Bestandsdaten herausgeben, „Europäischer Aktionsplan für Demokratie“, „Digital Services Act“).

Der Offenbarungseid liegt nun in der Entscheidung, daß jetzt doch amerikanische Unternehmen bei Gaia-X mitmachen können (oder können müssen?). Allerdings sollen die Europäer in der jetzt für Gaia-X zuständigen belgischen AISBL-Stiftung tonangebend bleiben. Zu vermuten ist, daß die amerikanische Administration da auf die ein oder andere Art entsprechend Druck ausgeübt hat, denn die Amerikaner können neben den Chinesen nicht noch einen zweiten unabhängigen Akteur gebrauchen. Im Gegensatz zu China fehlt ist Europa allein wegen dem Mangel des notwendigen breit gefächerten Wissens erpressbar.

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