Ungewollt weil Befürworter des Föderalismus

Die EU plant seit längerer Zeit eine sogenannte zweijährige „Zukunftskonferenz“ mit dem Ziel mehr Bürgerbeteiligung zu erreichen. Der Beginn war für den Europatag am 09.05.2020 geplant, ist aber bis heute nicht gestartet. Zum Einen ist die Coronaviruspandemie dazwischen gekommen, zum Anderen streitet man sich darüber wer den Vorsitz übernehmen soll und genau da wird es interessant.

Die Europäische Kommission hat heute (Mittwoch) ihre Ideen zur Konferenz zur Zukunft Europas vorgestellt. Ziel des Projekts ist es, dass die Stimme der Europäer beim Handeln der Europäischen Union besser gehört wird. Die Konferenz soll auf früheren Erfahrungen, zum Beispiel mit Bürgerdialogen, aufbauen. Die Kommission schlägt aber auch neue Elemente vor, wie etwa eine mehrsprachige Online-Plattform, um die Reichweite zu vergrößern und den Menschen bessere Möglichkeiten zur Mitgestaltung zu geben. Inhaltlich sollten sich die Debatten an den politischen Prioritäten der EU wie Klimawandel und soziale Gerechtigkeit orientieren. Zudem sollten auch institutionelle Fragen wie das Spitzenkandidaten-System diskutiert werden. Beginnen soll die Konferenz am Europatag, also am 9. Mai 2020. Sie soll für zwei Jahre laufen.

22/01/2020

Die heutige Mitteilung ist der Beitrag der Kommission zu der bereits lebhaft geführten Debatte rund um die Konferenz zur Zukunft Europas – ein Projekt, das Präsidentin Ursula von der Leyen in ihren politischen Leitlinien angekündigt hatte. Die Konferenz soll offene, inklusive, transparente und strukturierte Debatten mit Bürgern unterschiedlichen Hintergrunds und aus sämtlichen Gesellschaftsschichten ermöglichen. Die Kommission ist entschlossen, die Ergebnisse weiterzuverfolgen.

[…]

Für mich sieht das mehr nach einem der üblichen sozialistischen Quatschgremien aus, die Demokratie vorgaukeln sollen. Außerdem steckt Ursula von der Leyen dahinter, von der kommt nichts Gutes, schon gar keine Demokratie, denn die verträgt keinen Widerspruch.

Ich hatte es vor einiger Zeit schon mal angesprochen, daß ich mir Demokratie im Sinne von Mitbestimmung bei hunderten Millionen Menschen und etlichen Sprachen nur schwer vorstellen kann. Je größer und unterschiedlicher die Population, desto geringer ist das Gewicht einer einzelnen Stimme. Aber darauf will ich momentan nicht hinaus, das ist ein anderes Problem. Das Politblog „Politico“ berichtet ein paar Einzelheiten zum Streit über den Vorsitz der Konferenz.

The deadlock arose after the European Parliament made senior MEP and former Belgian Prime Minister Guy Verhofstadt its pick to preside over the conference. Verhofstadt is considered a nonstarter by several EU governments, who see him as a champion of European federalism.

Guy Verhofstadt ist aussichtslos, weil er ein Befürworter des europäischen Föderalismus ist. Interessante Einblicke tun sich da auf, denn im Umkehrschluss bedeutet dies, daß diejenigen Regierungen, die ihn ablehnen auch den Föderalismus ablehnen. Kein Föderalismus bedeutet dann aber eine Zentralregierung, was bisher immer lautstark abgestritten wird. Weniger Föderalismus und mehr Zentralismus bedeutet in der Praxis eben auch weniger Mitbestimmung, wiewohl sie rein formal gegeben ist. Wer gehört denn nun zu den Ablehnenden? Deutschland und Frankreich!

Frankreich selbst kennt keinen Föderalismus und ist zentral regiert, aus Paris. Das sieht man selbst auf der Ĺandkarte: Alle Wege führen nach Paris. Es ist aber schwer vorstellbar, daß sich Frankreich einer übergeordneten Instanz so einfach unterordnen sollte, denn bisher hat es durchaus immer auf Erhalt seiner Souveränität gepocht.

Deutschland wiederum ist nicht nur föderalistisch aufgebaut, sondern der Föderalismus hat hier Verfassungsrang und eine ganze Reihe Artikel des Grundgesetzes regeln das Verhältnis von Bund und Ländern zueinander. So zu Beispiel Art. 30 GG:

Artikel 30

Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zuläßt.

Unabhängig von logischen Problemen bei der Anwendung sieht das Grundgesetz sogar in Art. 20 (4) GG ein Recht für jedermann gegen denjenigen vor, der diese verfassungsmäßige Ordnung beseitigen will:

Artikel 20

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Die Bundesregierung ist also per Grundgesetz an den Föderalismus in Deutschland gebunden, tritt aber auf europäischer Ebene gegen Föderalismus ein. Sie steht also nicht hinter dem Gedanken des Föderalismus und es ist durchaus naheliegend anzunehmen, daß sie ihm auch für Deutschland ablehnend gegenübersteht. Die linken Parteien, also die, die immer am lautesten von Vielfalt sprechen, setzen sich ja schon länger für eine „Überwindung der Nationalstaaten“ und für ein Aufgehen Deutschlands in einem einheitlichen, sozialistischen Europa ein.

Für wen setzen sich nun Deutschland und Frankreich ein? Für die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt, die ehemalige dänische Ministerpräsidentin.

Helle Thorning-Schmidt, the former Danish prime minister, has emerged as the front-runner to lead the Conference on the Future of Europe, according to EU officials.
[…]
As a pro-European and experienced female politician, Thorning-Schmidt meets many of the criteria EU leaders have been considering in their search for a candidate. Officials say French President Emmanuel Macron, the driving force behind the conference, is an admirer of Thorning-Schmidt, who even participated in a congress of his LREM party in 2018.
[…]
Thorning-Schmidt has been mentioned as a candidate for a big EU job previously. Speaking to POLITICO’s EU Confidential podcast in 2018, she suggested it was time for both more women and for a “truly European” Scandinavian in a top EU post.

Kurz: Föderalismus ist schlecht und man präferiert daher eine Sozialistin und Feministin für den Vorsitz der Zukunftskonferenz, einmal mehr nicht wegen Qualifikation, sondern weil eine Frau her soll. Wikipedia weiß noch über sie zu berichten, daß sie seit Mai 2020 bei Facebook für die „richtige“ Meinung zuständig ist:

Seit Mai 2020 ist Thorning-Schmidt Co-Vorsitzende des Facebook Oversight Board, welches als unabhängiges Gremium das Vorgehen des Unternehmens gegen Hassreden und Falschnachrichten überwachen soll.

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