Titel und Gestaltung der Talkshow „Gewalt in Allahs Namen – wie denken unsere Muslime?“ von Günther Jauch waren äußerst unglücklich gewählt. Gerade einen Salafistenprediger, zu Gast war der Imam Abdul Adhim Kamouss (Facebookseite, @AKamouss), der gern und oft in der al-Nur Moschee in Berlin-Neukölln predigt, als stellvertretenden Sprecher für die in Deutschland lebenden Moslems heranzuziehen war mehr als gewagt und zeugt von Unkenntnis der Situation. Die Vertreter der größeren Islamverbände in Deutschland nehmen zwar für sich in Anspruch die Moslems in Deutschland zu vertreten, aber die Mitgliederzahlen sprechen objektiv dagegen, jetzt also ausgerechnet einen Imam einer radikalen Splittergruppe zum Sprachrohr für alle hiesigen Moslems zu ernennen war grob fahrlässig, denn ihm wurde dadurch weitaus mehr Bedeutung zugeschrieben als real vorhanden ist. Die Redaktion wäre wohl kaum auf die Idee gekommen, einen Pius-Bruder zu einer Talkshow „Wie denken unsere Christen?“ als einzigen Gast für das Christentum einzuladen. Jedenfalls muss aus Sicht von Hr. Kamouss dieser Auftritt auf großer Bühne ein Gottesgeschenk für ihn gewesen sein. Dennoch scheint aber bisweilen untergegangen zu sein, daß Hr. Kamouss auf seine Art die Wahrheit sagt, sofern man ihm mit den Ohren des Islam zuhört.
Im Verlauf der Sendung schwärmte Hr. Kamouss geradezu euphorisch von der schönen und überaus warmherzigen Religion Islam und selbstverständlich sieht er sich selbst nicht als Hassprediger, logisch welcher Hassprediger sieht sich schon selbst als solcher, sondern als Friedensprediger. Wer hat es nicht schon dutzende Male gehört, das ewige Mantra der Islam sei eine Religion des Friedens, geradeso als müssten sich Moslems immer wieder selbst daran erinnern. In der Sendung hat er auch offen zugegeben seine Zuhörer zu radikalisieren, radikalisieren zu wollen, nämlich zu „radikalen Friedensstiftern“.
Seine Aussagen sind ein wundervolles Beispiel religiöser Rhetorik durch einseitige und teilweise subtile Abänderung der den Begriffen unterlegten Semantik. Bei der Sprache handelt es sich zweifelsfrei um Deutsch, man vernimmt die Worte und doch versteht man nicht wirklich was gesagt wurde, da Sprecher und Zuhörer mit jeweils eigenen Begriffsdeutungen arbeiten.
Der Punkt ist der, nach islamischer Auffassung ist der Islam eine Religion des Friedens und überall soll Frieden einkehren. Hört sich gut an, dagegen kann doch niemand etwas haben, oder? Nun, Frieden wird aber erst dann einziehen, wenn sich alle zum Islam bekennen und nach seinen Regeln ein gottgefälliges, d.h. nach Koran und Scharia, Leben führen. Damit dies geschehen kann, braucht man eben Friedensstifter, also Missionare die den Islam verbreiten, notfalls auch radikale Friedensstifter.
Weiterhin betonte Hr. Kamouss das Grundgesetz zu achten. Zum Verständnis dieser Aussage kann es hilfreich sein zu wissen, daß Moslems verpflichtet sind, die Gesetze des „Gastlandes“ zu achten … solange sie in der Minderheit sind!
In einem Eintrag auf seiner Facebookseite versucht er seine frühere Aussage, die in einem kurzen Videoausschnitt von 2002 in der Talkshow gezeigt wurde, daß die Frau ohne die Erlaubnis ihres Ehemannes das Haus nicht verlassen dürfe, dahingehend abzuschwächen, daß er heute eine andere Auffassung verträte:
Grundsätzlich darf die Frau allen Erledigungen des Alltags nachgehen, ohne bei jeder Kleinigkeit ihren Mann fragen zu müssen, weil das zu den Selbstverständlichkeiten einer Ehe gehört. Bei Dingen jedoch, die auch den Mann betreffen, und Absprachen untereinander bedürfen, soll die Frau mit ihrem Mann darüber sprechen.
Kling durchaus vernünftig, aber gibt es denn in einer streng islamischen Ehe überhaupt Dinge, die den Mann nicht betreffen, vom Abwasch mal abgesehen?
Der Wechsel der Semantik könnte vielleicht auch eine der Ursachen sein, warum eine beginnende Radikalisierung oftmals auch von engen Freunden, sogar von Familienmitgliedern nicht bemerkt wird. Mit dieser Taktik können Prediger und andere Demagogen bei ihren Mitmenschen daher auch sehr schnell Sympathiepunkte sammeln, da man meint in den sprachlichen Aussagen Gemeinsamkeiten erkennen zu können. So kann man zwar dieselbe Sprache sprechen und doch Welten aneinander vorbeireden.