Brexit: Sigmar Gabriel will Briten möglichst schnell loswerden

Nachdem Vizekanzler und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Tag nach dem erfolgreichen Brexit-Referendum in vorauseilender Panik seine Reise nach Moskau für diese Woche abgesagt hat, verlangt er nun von Bundeskanzlerin Angela Merkel Druck auf die Briten auszuüben. Es scheint als habe Gabriel das Austrittsverfahren nicht verstanden. Herr des Verfahrens sind allein die Briten! Es gibt keine Handhabe sie aus der EU werfen zu können und es bleibt ihre alleinige Entscheidung wann und ob überhaupt sie einen Austrittsantrag stellen wollen. Da Cameron seinen Rücktritt erklärt hat und selbst keinen Antrag stellen will, wird dieser wohl erst nach den Wahlen eingereicht werden, wenn das britische Parlament sich nicht noch entschließen sollte, das Referendum ganz zu irgnorieren, wie es ihm zusteht. Im Grunde heißt es für die EU zunächst einmal „offiziell ist von einem Austritt nichts bekannt und Maßnahmen werden erst nach Eingang des Antrags eingeleitet“. Diese plötzliche betriebsame Hektik die Briten durch Druck zu raschem Handeln bewegen zu wollen, dürfte hochgradig kontraproduktiv sein. Wie sollte der Druck auch aussehen? Will er Wirtschaftssanktionen verhängen? Reiseverbote erteilen? Den Geldverkehr stoppen und Guthaben einfrieren oder gar mal wieder die Kavallerie schicken?

Nochmal Sigmar Gabriel ist Wirtschaftsminister und seine ihm eigentlich zugedachte Aufgabe ist es, die Wirtschaft Deutschlands am Laufen zu halten und anzukurbeln. Eigentlich. Bevor er also weitergehende Aktivitäten bei seinen Bemühungen die Briten unter Druck setzen zu wollen entfaltet, um sie nun möglichst schnell aus der EU zu bekommen, kann man ihm nur dringend anraten, einen Blick in die Daten des Statistischen Bundesamtes zum Außenhandel Deutschlands zu werfen. Danach liegt das Vereinigte Königreich in 2015 nach den USA und Frankreich mit 89 Milliarden Euro auf Platz 3 beim Export von Deutschland (Importe: Platz 9 mit 38 Milliarden Euro). Großbritannien ist also Deutschlands drittwichtigster Außenhandelspartner. Aus ökonomischer Sicht ist es daher eine völlig idiotische Idee, ohne wirklich zwingenden Grund irgendetwas unternehmen zu wollen, was den Handel zwischen beiden Ländern behindern könnte. Mit einem solchen Wirtschaftsminister braucht Deutschland wirklich keine Feinde mehr. Das ist Selbstkasteiung. Außerdem will er bei der nächsten Bundestagswahl auch noch zum Bundeskanzler gewählt werden. Hoffentlich bleibt uns wenigstens das erspart. Allein aus ureigenem Interesse müssten wir den Briten beim Ausstieg die Möglichkeit geben, weiter unkompliziert am Binnenhandel der EU teilnehmen zu können. Aber wann überhaupt hat sich die deutsche Regierung das letzte Mal für deutsche Interessen eingesetzt?

Auch blitzt hier wieder der Irrwitz deutscher (und europäischer Politik) durch. Beim wirtschaftlich völlig unbedeutenden Pleiteland Griechenland (Exporte: Platz 39 bei 4,5 G€) tat man alles, damit ja kein Grexit in Erwägung gezogen wird („einen Grexit darf es nicht geben“) und überweist weiterhin nahezu beliebig Geld dorthin, aber den drittwichtigsten Handelspartner mit einem Volumen von 89 G€ will man nun möglichst schnell loswerden.

Warum werden solche Leute immer wieder von Neuem in Ämter gewählt? Warum um alles in der Welt?

Ein Kommentar

  1. […] nach Art. 50 (1) EUV stellen will oder das Referendum ignorieren möchte und daher — wie ich gestern schrieb —, die ganze derzeitige Panik vollkommen daneben ist, da die Briten Herr über das Verfahren […]

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