Lobbyismus von der FH-Köln

Wissenschaft ist immer ergebnisoffen (Daher ist u.a. die Theologie keine Wissenschaft) und eine wissenschaftliche Aufarbeitung muß auch zwingend schlüssig auf Gegenargumente eingehen und darf diese nicht einfach unter den Tisch fallen lassen, weil sie nicht in ein erwünschte Ergebnis passen. Genau dies passiert aber gerade an der FH-Köln. Wie einer Presseerklärung zu entnehmen ist, wurde hier vor Kurzem der eingetragene Verein enGAGE! gegründet. Man beachte die typisch wissenschaftlich wertneutrale Namensgebung und Schreibweise (to engage = jmd. anstellen, beschäftigen u.ä; GAGE = Entgelt)! Die Aufgaben von enGAGE! e.V. werden wie folgt beschrieben:

Das Urheberrecht und das Geistige Eigentum werden in der Öffentlichkeit kontrovers diskutiert. Um diese Debatte wissenschaftlich aufzubereiten und damit gleichzeitig zu versachlichen, haben die Kölner Forschungsstelle für Medienrecht und die Fakultät für Wirtschafts- und Rechtswissenschaften der Fachhochschule Köln im August 2012 den Gesprächs- und Arbeitskreis Geistiges Eigentum e.V. (enGAGE!) gegründet.

Versachlichung der Debatte und wissenschaftliche Aufarbeitung klingt gut, aber muss man dafür an einer Hochschule neuerdings extra einen Verein gründen?

Mit verschiedenen Veranstaltungen und Maßnahmen wird der Verein Vertreterinnen und Vertreter von Wissenschaft, Politik und Gesellschaft miteinander ins Gespräch bringen, um das Bewusstsein für den Wert Geistigen Eigentums zu stärken. Der Verein enGAGE! e.V. wird dabei projektbezogen durch den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gefördert.

Das hat aber nichts mit Wissenschaft zu tun, denn offensichtlich steht das Ergebnis bereits fest. Vereinszweck ist also weder Versachlichung der Debatte noch wissenschaftliche Aufarbeitung, sondern massives Lobbying und Werbung für „Geistiges Eigentum“. Das Ganze wird auch noch projektbezogen gefördert, d.h. es werden nur Projekte als förderungswürdig erachtet werden, bei denen schon im Voraus feststeht, daß sie den Wert des „Geistigen Eigentums“ für die Gesellschaft bestätigen. Bei derart viel öffentlichkeitswirksamer Aufmachung ist dies nicht nur eine Initiative eines Lehrstuhlinhabers, der offensichtlich den Begriff der Wissenschaftlichkeit nicht verstanden hat, sondern auch eine Selbstdarstellung der Fachhochschule Köln, die sich selbst als „die größte Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Deutschland“ sieht. Wenn an dieser Hochschule noch ein Funken an Verständnis für Wissenschaft vorhanden sein sollte, sollten sich die Rektoren schnellstens von dieser Veranstaltung distanzieren¹ und darauf dringen, das die Veranstaltungen dieses dubiosen Vereines nicht in Verbindung mit dem und im Namen der Hochschule veranstaltet werden.

Eigentlich fehlt jetzt nur noch, daß in den Dissertationen von Prof. Dr. Rolf Schwartmann und Dr. Christian-Henner Hentsch unerlaubte Übernahmen — vulgo Plagiate — gefunden werden.

Für die Auftaktveranstaltung am 6. November, bei der sich die Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaft vor den Karren hat spannen lassen, wird nach der Einführung durch den Vereinsvorsitzenden Prof. Dr. Rolf Schwartmann, Kulturstaatsminister Bernd Neumann eine Rede über den Wert des Geistigen Eigentums halten. Anschließend ist eine Podiumsdiskussion mit der Bundesjustizministerin a.D. Brigitte Zypries, dem Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für das Urheberrecht Ansgar Heveling und dem Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates e.V., Olaf Zimmermann, unter der Moderation von Dr. Reinhard Müller von der FAZ vorgesehen. Bekanntermaßen sind dies alles ausgewiesene Befürworter einer Verschärfung der Regelungen vom „Geistigem Eigentum“. Ausgewogenheit Fehlanzeige, dies ist eher ein Tribunal mit dem Titel „Jetzt erklären wir dem Volke ‚Geistiges Eigentum’“.

Die Frage ist, ob sich nicht mal ein Rechnungshof die Sache näher anschauen sollte, abgesehen von der Tatsache, daß hier eine vollkommen einseitige Werbeveranstaltung unter dem Namen Wissenschaft betrieben wird, sieht es für mich wie verdeckte Parteipropaganda aus.

Nachtrag 03.11.2012:
Wie ich gerade erfahre ist die FH-Köln schon mal als Büttel der Industrie aufgefallen. Offensichtlich haben sie dort ein ernsthaftes Verständnisproblem bei der Begriffsdeutung „Wissenschaft“.

Nachtrag 09.11.2012:


1Dem Versuch einer wissenschaftlichen Diskussion steht das Präsidium der FH-Köln offen gegenüber:
Präsident Prof. Dr.-Ing. Christoph Seeßelberg
Telefon: 02 21 82 75 – 0
Telefax: 02 21 82 75 31 36
E-Mail: Praesidium AT FH-Koeln DOT de

2 Kommentare

  1. IMV sagt:

    Lieber Feuerwächter,
    danke für diese Informationen!
    Es gibt noch eine relevante Ergänzung zu diesem Thema – nämlich, dass die FH Köln offensichtlich nicht gegen die eigenen Plagiatoren vorgeht…
    http://www.scharf-links.de/45.0.html?&tx_ttnews%5Btt_news%5D=25062&tx_ttnews%5Bcat%5D=46&cHash=dbf6e77c5e

  2. IMV sagt:

    Der empfohlene Beitrag heißt: Mehr Spielraum für Plagiatoren
    und kann über Google gefunden werden, falls der Link oben nicht funktioniert

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