Eindrücke von der Mahnwache am Brandenburger Tor

Die Mahnwache für ein „weltoffenes und tolerantes Deutschland für Meinungs und Religionsfreiheit“ ging auf die Initiative des Zentralrates der Muslime in Deutschland (ZMD) zurück. Mal bei Seite gelassen, daß die Wirkung derartiger Veranstaltungen bei überzeugten Radikalen gegen Null strebt und alle anderen Religiösen sich nur bestätigt fühlen, waren weite Teile der Reden eher von Heuchelei geprägt und im Gegensatz zu den heutigen Presseberichten empfand ich das Ganze nicht als ein „beeindruckendes Signal für religiöse Toleranz und gegen Terror“, sondern eher als Ablenkungsversuch vom gewalttätigen Kern der Religionen. Ein paar Leute haben sich auf einer Bühne getroffen und sich gegenseitig versichert wie gut sie sind. Als Redner waren geladen …

  • Aiman Mazyek (ZMD)
  • Erol Pürlü (Sprecher des Koordinationsrates der Muslime)
  • Michael Müller (Regierender Bürgermeister von Berlin
  • Matthias Heinrich (katholischer Weihbischof von Berlin)
  • Markus Dröge (evangelischer Bischof)
  • Abraham Lehrer (Zentralrat der Juden)
  • Joachim Gauck (Bundespräsident & Pastor)

Zunächst sticht ins Auge, daß es eine fast rein religiöse Zusammenkunft war, auch wenn ansonsten säkulare Verbände ohnenhin nicht eingeladen werden, die genau das Problem widerspiegelt: Religion.

Auffällig war auch die Art, wie die Ansprachen begonnen wurden. Mehrheitlich waren sie nicht etwa an die eigentlichen Zuhörer vor der Tribüne gerichtet, sondern an die Podiumsmitglieder (Lieber Bundespräsident, verehrte Exzellenzen, sehr geehrter Hr. Bürgermeister etc. pp.). Man wollte mehr unter sich bleiben und hat sich gegenseitig versichert, wie friedlich doch alle Religionen sind und es nur im Glauben zu Gott Frieden gäbe. Amen!

Der regierende Bürgermeister von Berlin wünschte sich einen noch sichtbareren friedlichen Islam. Ein merkwürdiger Wunsch in einer in weiten Teilen glaubensfernen, meist stark atheistischen Stadt. Benötigt wird aber eher ein Weniger an (öffentlicher) Religion, als ein Mehr.

Mit einer einzigen Ausnahme wurde von allen Rednern jeweils betont, daß ein Mißbrauch des Islam stattfgefunden habe, gar von Pervertierung der Religion war die Rede. Der einzige Redner, der sich traute das Problem beim Namen zu nennen war Abraham Lehrer vom Zentralrat der Juden in Deutschland, der sehr deutlich von der „radikalisierten Auslegung des Koran“ sprach. So lange sich Moslems und Politik weigern den menschenverachtenden Kern des Islam auch nur zur Kenntnis zu nehmen und immer nur reflexartig jede Verbindung zum Islam negieren, kann man die diversen Distanzierungen nicht wirklich Ernst nehmen.

Zum Lachen reizte das Bekenntnis zur Meinungsfreiheit, deren Äußerung auch hart ausfallen dürfe, vom katholischen Weihbischof Heinrich in Berlin. Überraschenderweise war er der Einzige, der Atheisten mit einschloss. Gerade in der katholischen Kirche dürfte nach dem Anschlag dort manch einer ein Dankesgebet gesprochen haben und weiterhin hoffen, daß sich Charlie Hebdo nie wieder erholt. Immerhin hat die katholische Kirche in den letzten Jahren etliche Prozesse gegen die Satirezeitschrift angestrengt und jeden einzelnen verloren.

Auffällig auch der große Wert, den die Presseberichte (FAZ, FR-Online, RP-Online, Süddeutsche) der Rede von Bundespräsident Joachim Gauck beimessen. Warum eigentlich? Er ist an dieser Stelle die unwichtigste Persönlichkeit überhaupt, denn das Problem geht hier eindeutig von Islamisten aus. Dementsprechend merkwürdig auch sein Dank an alle Moslems, die sich vom Terror des Islam distanzierten. Muss man sich wirklich dankbar zeigen, daß jemand nicht zum Terrorist wird? Noch dazu wo diese Aussage in merkwürdigem Kontrast zu der sonstigen Aussage, des Mißbrauchs des Islam steht. Handelte es sich tatsächlich um Missbrauch wäre es eine nicht weiter erwähnenswerte Selbstverständlichkeit. Er war einer der wenigen Redner, der sich an die Zuhörer wandte. Den größten Teil seiner Rede widmete Gauck auch dem eher nicht sehr erfolgreichen Versuch so etwas wie ein patriotisches Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen. Irgendwie empfand ich den Inhalt seiner Rede in weiten Teilen ebenso deplaziert, wie den Titel der Mahnwache (s.o.). Sie war nicht etwa gegen religiösen Fanatismus, namentlich islamischen Terror, gerichtet, sondern Gauck schwört die Deutschen auf Weltoffenheit und Demokratie ein. Eine Anspielung auf die PEGIDA-Bewegung, auch wenn sie ungenannt blieb. Sicherlich prinzipiell kein falscher Standpunkt, aber — auch insbesondere im Hinblick auf seine Vermeidung jedweder Kritik am Islam —, konnte man den Eindruck gewinnen, daß er hier von den Deutschen eine Bringschuld erwarte, aber der islamische Terror ist keine Folge mangelnder Weltoffenheit und Demokratie in Deutschland.

Wirklich hin- und mitgerissen waren wohl nur wenige von der ohnehin mäßig besuchten — der Pariser-Platz war nicht mal voll und Moslems waren in der absoluten Minderheit — Veranstaltung, denn der Applaus fiel meist eher verhalten aus, insbesondere bei Gauck. Meine Prognose: Die Veranstaltung wird in einigen Tagen spurlos aus den Köpfen der Menschen veschwunden sein, sofern sie sie überhaupt mitbekommen haben.

3 Kommentare

  1. […] ist mir noch durch den Kopf gegangen, daß es vor einigen Tagen die etwas eigenartige Mahnwache vor dem Brandenburger Tor gab bei der viel prominente Bundespolitik vertreten war. Gab es hier evtl. auch Rundschreiben innerhalb […]

  2. […] Januar gab es nach dem Mordanschlag auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo eine „Mahnwache für Toleranz und gegen Extremismus“ auf dem Pariser Platz in Berlin. Ich fand die Veranstaltung damals schon merkwürdig, da […]

  3. […] Verbände von der Politik dazu genötigt in einem einzigen Schmierentheater in Form einer „Mahnwache für Toleranz und gegen Extremismus“ vor dem Brandenburger Tor in Berlin quasi ihre Unschuld zu beteuern. Was lässt sich die Politik […]

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