Die Verdienste des Christian Wulff

Erst allmählich ergibt sich ein vollständiges Bild über die Verdienste des (noch) amtierenden Bundespräsidenten Christian Wulff, die hier kurz gewürdigt werden sollen:

Probleme mit dem Grundgesetz
Im Jahre 2010, als die Juristin Aygül Özkan Ministerin für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration in Niedersachsen wird und verfassungsgemäß das staatliche Neutralitätsgebot in niedersächsischen Schulen (keine religiösen Symbole) durchsetzen will, distanziert sich Ministerpräsident Christian Wulff umgehend von ihr:

In Niedersachsen werden christliche Symbole, insbesondere Kreuze in den Schulen, seitens der Landesregierung im Sinne einer toleranten Erziehung auf Grundlage christlicher Werte begrüßt.

Mit dieser Distanzierung bezeugt Christian Wulff, selbst Jurist, daß er entweder das im Grundgesetz vorgegebene Neutralitätsgebot des Staates nicht kennt oder sich willentlich über das Grundgesetz — wohl aus missionarischem Eifer — hinwegsetzt.

Gläubiger Katholik
Religion ist eigentlich Privatsache, aber bei Personen in öffentlichen Ämtern wird das Private zwangsläufig zum öffentlichen Interesse. Da sich Christian Wulff als gläubiger Katholik versteht, kann man davon ausgehen, daß er die Ziele der katholischen Kirche unterstützt. Anders ausgedrückt, Bundespräsident Christian Wulff bekennt sich zu Homophobie und stellt sich gegen die Gleichberechtigung von Frauen. Darüberhinaus ist er geschieden und hat sich wiederverheiratet, was nach katholischer Weltsicht überhaupt nicht geht. Aus katholischer Sicht lebt er derzeit im Konkubinat zusammen mit seinem Kegel. Glaubwürdigkeit sieht anders aus.
Kuratoriumsmitglied bei Pro Christ
Noch bei seinem Amtsantritt saß er bei den evangelikalen Christen von „Pro Christ“ im Kuratorium. Zur Erinnerung, evangelikale Christen sind diejenigen, welche die biblische Schöpfungeschichte für bare Münze nehmen und daher die Evolutionstheorie ablehnen und die ausgeprägt homophobe sowie missionarische Aktivitäten zur Verbreitung christlicher Mythen entfalten. Erst als der Druck von außen zu groß wurde, schied er dort aus. Inzwischen wurde auch sein Name von der Webseite entfernt. Wohlgemerkt, Christian Wulff schied dort nicht aus, weil er sich von den Zielen der Evangelikalen distanziert hätte, sondern aus rein taktischen Motiven. Da von ihm keine zweifelsfreie inhaltliche Distanzierung bekannt ist, ist die Annahme gerechtfertigt, daß er weiterhin mit den Zielen der Evangelikalen übereinstimmt, jetzt eben nur als Sympathisant im Untergrund. Er ist also nichts weiter, als ein evangelikales U-Boot in höchstem Staatsamt.

Nicht vergessen werden sollte, daß sich außer Christian Wulff weitere bekannte Namen zu den Zielen der Evangelikalen bekennen, wie ein Blick in die Liste der derzeitigen Kuratoriumsmitglieder zeigt:

  • Prof. Jerzy Buzek, Präsident des Europäischen Parlaments
  • Christine Lieberknecht, Ministerpräsidentin des Freistaats Thüringen
  • Erwin Teufel, Ministerpräsident a. D.
  • Dr. Günther Beckstein, Ministerpräsident a. D.
  • Frank-J. Weise, Vorsitzender des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit
  • Peter Hahne, Fernsehmoderator (ZDF)

Da es sich hier nur um Kuratoriumsmitglieder handelt, dürfte die Liste prominenter Unterstützer weitaus umfangreicher sein.

Unterstützung zweifelhafter Promotionsverfahren
Die Universität Hildesheim gibt sich in der Promotionsordnung für den Fachbereich 1 (Erziehungs- und Sozialwissenschaften) in §1 Abs. 4 das Recht, einen Dr. h. c. zu verleihen:

(4) Für hervorragende wissenschaftliche Leistungen und kulturelle Verdienste kann der Fachbereich den Doktorgrad auch ehrenhalber (Dr. phil. h. c.) verleihen. Die Entscheidung darüber trifft der Fachbereichsrat mit einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder und der Mehrheit der Stimmen der Professor/inn/en des Fachbereichsrates. Die Entscheidung über eine Ehrenpromotion bedarf der Zustimmung des Senats.

Von diesem Recht hat sie beispielsweise am 08.05.2009 bei dem Drückerkönig und Multimillionär Carsten Maschmeyer, dem Mitbegründer des Allgemeinen Wirtschaftsdienstes (AWD), Gebrauch gemacht – oder besser gesagt mißbraucht –, nachdem dieser dort am Institut für Psychologie eine Professur mit einer Spende von 500.000,-€ gefördert hatte. Da man die Bereitstellung von Geld an eine Universität weder als wissenschaftliche Leistung, noch als kulturellen Verdienst bezeichnen kann, fällt diese Promotion wohl unter Titelhandel. Die Laudatio zu dieser gekauften „Ehren“promotion hielt niemand geringerer als Carsten Maschmeyers Freund Christian Wulff, damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen.

Arbeitskreis Christlicher Publizisten (ACP)
Kurz gesagt ist der ACP das klerikalfaschistische Sprachrohr für alle rechtskonservativen Christen, denen der Papst zu linksliberal ist. Selbst die Großkirchen gehen zum ACP auf Distanz. Hier scheint sich Christian Wulff auch wohl zu fühlen, wie sonst erklären sich seine umfangreichen Kontakte (Christian Wullf beim Arbeitskreis Christlicher Publizisten, Wulff: Ein Missionar auf dem Weg nach Bellevue?) mit dem ACP?
Aber auch hier steht Christian Wulff nicht allein, so unterstützen bspw. Dr. Hans Apel (Bundesminister der Verteidigung a. D.), Prof. Dr. Karl Carstens (Bundespräsident a. D. und Mitbegründer der esoterisch-dubiosen Karl und Veronica Carstens-Stiftung), Dr. Günther Beckstein (Ministerpräsident a. D., Vizepräses der EKD), Volker Bouffier (Ministerpräsident Hessen) und viele andere Prominente den ACP.
Kreditaffäre
Es ist nicht das erste Mal, daß Christian Wulffs Beziehung zu einem Unternehmer ins Zwielicht gerät. Mag es gerade noch angehen, daß er seine Urlaube in den Häusern enger Freunde (Egon Geerkens) verbringt — Carl Maschmeyer ist nur ein Freund von Macht und Geld —, wird es bei der Kreditvergabe an einen amtierenden Ministerpräsidenten, was Christian Wulff damals noch war, durch den Unternehmer Egon Geerkens dann mehr als anrüchig. Dabei spielt es auch keine Rolle, daß der Kredit (angeblich) von der Ehefrau Edith Geerkens gekommen sein soll, noch dazu wo sich jetzt herausstellt, daß Egon Geerkens während der Kreditlaufzeit mehrfach zu Ministerpräsident Wulffs Reisedelegation gehört hatte. An Korruption muß nicht unbedingt ein Schild dranhängen auf dem Korruption steht. Inzwischen hat er zwar eingestanden einen Fehler gemacht zu haben, aber wiederum erst als es eng wurde. Keine unbekannte Taktik, denn oftmals kann es besser sein, einen (kleineren) Fehler zuzugeben um von den eigentlichen Leichen im Keller abzulenken.

Wie dem auch sein, womöglich erging es Christian Wulff ja nur ähnlich wie dem Lügenbaron und er wußte einfach auch nicht — vielleicht noch ganz wuschig von der Bettina — was er tat, als er den Kreditvertrag unterschrieb.

Andenpakt
Christian Wulff gehört von Anfang an zum Andenpakt, ein konspirativer, CDU-interner Zirkel, dem so ehrenwerte, über jeden Zweifel erhabene „Herren“ wie Roland Koch, Friedbert Pflüger, Matthias Wissmann, Günther Oettinger, Franz Josef Jung, Volker Bouffier u. a. angehören.

Alles in allem läßt sich also sagen, daß der derzeitige Bundespräsident Christian Wulff geradezu das Paradebeispiel für eine personelle Fehlbesetzung darstellt. Wenn ein Bundespräsident weder bei seinen wenigen Reden — vielleicht ist ja Dieter Nuhr sein spiritueller Führer: „Wenn man keine Ahnung hat: Einfach mal Fresse halten“ — noch im Handeln, intellektuell in der Lage ist, irgendwelche weiterführenden Impulse für das Land zu geben, dann sollte er wenigstens eine moralisch integre Person sein. Aber nicht einmal das ist er.

Es ist schwer zu sagen ob Christian Wulff ein Überzeugungstäter oder nur ein unbedarfter Mitläufer und Opportunist ist, aber in beiden Fällen ist er für ein politisches Amt ungeeignet. Selbst wenn er endlich das Bundespräsidialamt räumen würde oder müsste, wird sich leider nicht viel ändern, denn spätestens jetzt dürfte jedem klar geworden sein, daß weite Teile der politischen Klasse — quer durch alle relevanten Parteien — von religiösen Eiferen unterwandert sind, mit einem deutlich höheren Anteil in den C-Parteien. Erinnert sei in diesem Zusammenhang noch die Gruppierungen um Volker Kauder und Ursula von der Leyen, aber auch Andreas Nahles und Oskar Lafontaine sollen nicht unerwähnt bleiben.

Ein Nachfolgekandidat wird also mit hoher Wahrscheinlichkeit, wie schon seit Jahren, wieder aus dem Umfeld der Theofiktionspromotoren kommen (auch Wulffs Gegenkandidat, Joachim Gauck, war übrigens ein Theologe). Man denke hier nur an Bruder Johannes (Rau) oder auch an Wulffs Vorgänger, den unsäglichen Feigling Horst Köhler, der von sich behauptet „die Bibel ist das wichtigste Buch welches ich kenne“ (dem ließe sich durch Bildung abhelfen) und das „die Bibel einen wichtigen Beitrag für die frühkindliche Erziehung“ (die schwarze Prügelpädagogik galt eigentlich als überwunden) leistet. Und genau der Horst Köhler der auch in seinem Namen durch Christine Lieberknecht, der Ministerpräsidentin des Freistaats Thüringen, einem Kreationisten von der Studiengemeinschaft „Wort und Wissen“ das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen ließ.

Was bleibt nun von der Amtszeit eines Christian Wulff? Außer Spesen nichts gewesen! Ich jedenfalls will keinen korrupten Missionar zum Bundespräsidenten.

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