Viele stimmen der Aussage Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut sofort zu, doch die Zustimmung läßt meist schnell nach, wenn die geäußerte Meinung allzu sehr von der eigenen abweicht. Einen harten Stresstest hierzu liefert derzeit die Facebookgruppe „Das saudische Volk will Vergeltung¹ an Hamza Kashgari“. Hamza Kashgari ist ein junger saudischer Journalist der vor einigen Tagen wegen dreier Tweets in denen er ein fiktives Gespräch mit Mohammed führte, von Malaysia an Saudi Arabien ausgeliefert wurde, wo ihm jetzt der Prozess wegen Apostasie und Blasphemie gemacht werden soll. Das Urteil ist daher bereits absehbar: Todesstrafe durch Enthaupten. Auf der Facebookseite haben sich inzwischen knapp 27.000 Mitglieder eingefunden, die hier lauthals mit harschen Worten die Todesstrafe für Hamza Kashgari fordern. Der Aufruhr scheint größer zu sein, als bei der Veröffentlichung der Mohammedkarrikaturen vor einigen Jahren (Muhammeds ansigt, Jyllands-Posten, 30. September 2005).
Wie soll der aufgeklärte Mensch damit umzugehen? Inhaltlich ist die Facebookgruppe abzulehnen, doch sollte sie gelöscht werden? Zunächst bleibt festzuhalten, daß in Saudi Arabien die Todesstrafe und andere barbarische Strafen im Rechtswesen vorgesehen sind und auch recht großzügig verhängt werden. Insofern verhalten sich die Mitglieder aus saudischer Sicht gesetzeskonform. Darüberhinaus ist zu berücksichtigen, daß Facebook ein amerikanisches Unternehmen ist. Die Vorstellung von Meinungsfreiheit ist in den USA deutlich umfassender, als in Deutschland oder anderen europäischen Ländern (vom Rest des größten Teiles Welt ganz zu schweigen). Hinzu kommt, daß auch in den USA die Todesstrafe verhängt wird. In anbetracht dessen, ließe sich von den USA aus, eine Zensur der Gruppe nicht schlüssig begründen.
Somit bleibt nur die Frage zu klären, ob die Seite aus ethischen Gründen gelöscht werden sollte. Ich neige zu der Auffassung, daß sie nicht gelöscht werden sollte, denn die Selbstentlarvung des Islam, als Religion des Friedens und der Bahrmherzigkeit, könnte wohl kaum besser erfolgen, als durch die Aussagen ihrer eigenen Mitglieder. Durch Zensur der Gruppe, würden solche Aussagen dann als die Meinung einzelner Verstörter abgetan werden. Abgesehen davon, zählen eben nicht nur die, die sich öffentlich zu der Gruppe bekennen, sondern auch diejenigen, welche der Gruppe nicht widersprechen. Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland schweigt und leistet Hamza Kashgari keine Unerstützung. Überhaupt fallen in dieser Sache weder die nicht-organisierten Moslems, noch die vielen Apologeten der sogenannten „westlichen Werte“ durch aktive Verteidigung der Menschenrechte auf.
Wer jetzt aber meint das Christentum sei in irgendeiner Weise besser, der irrt. Die grundlegenden religiösen Schriften nehmen sich in ihrer Menschenverachtung und Dummheit nichts. Auch bei uns wird von den „Katholiban“ immer hart am Limit gehetzt, was das Zeug hält und amerikansiche Hetzseiten christlicher Fundamentalisten gehen auch hier deutlich weiter. Alles im Namen und wohlbegründet durch das Christentum. Da beide Seiten selbst vor Mordanschlägen auf Andersdenkende nicht zurückschrecken, weiß man durch derartige Gruppen wenigstens welch niedriger Gesinnung das Gegenüber ist. Hetzgruppen aller Art sind ein beredtes Zeugnis menschlicher Geisteskrankheit, aber durch Mundverbot werden diese Krankheiten nicht geheilt. Maßnahmen müssen sich daher auf den Schutz vor physischen Angriffen beschränken.
Mehr zu Thema:
- Drohendes Todesurteil wegen Twitter-Nachrichten (Amnesty International DE)
- Schuhe für ein Königreich
1Vergeltung i. S. v. Blutrache u.ä. (Ghesas), was den Tod meint.