Tag Archiv für Zensur

Selektive Löschung von Twitterkonten der IS

Wie für alle nach Aufmerksamkeit Gierenden ist auch für die Organisastion Islamischer Staat (IS/ISIS) Twitter zu einem bevorzugten Medium geworden, um die Welt daran teilhaben zu lassen, daß sie bei ihren Eroberungsfeldzügen genau so vorgeht, wie einst Mohammed vor 1.400 Jahren. Allerdings werden von Twitter regelmäßig Konten gesperrt, wobei für mich die Kriterien nach denen eine Stilllegung¹ erfolgt nicht nachvollziehbar sind. Blutrünstigkeit allein kann es jedenfalls nicht sein, so wurde der Benutzer @raqqaa, benannt nach syrischen Hochburg der IS, recht schnell gesperrt, so wie auch manche wenig aktiven Konten, wohingegen andere hochaktive Konten (>25.000 Tweets) mit jeweils aktuellen Splattervideos aus dem Irak ungestört weitermachen. Die Löschaktivitäten lassen sich meines Erachtens nicht allein durch das Melden von fragwürdigen Inhalten durch andere Twitternutzer erklären. Beim Twitterkonto @KhalifatMuslims von Abu Bakr al-Baghdadi alias Kalif Ibrahim handelt es sich sogar um ein verifiziertes Twitterkonto (Der Verifizierungsprozess wird offiziell von Twitter aus eingeleitet, nicht vom Nutzer). Weiterlesen

Wir sind das Volk! … und der größte Zensor

Mal wieder ein wuderschönes Beispiel wie wenig Meinungsfreiheit von bestimmten Kreisen akzeptiert wird. Die 19-jährige Texanerin Kendall Jones postet, wie viele andere auch, Fotos zu ihrem Hobby auf ihrer Facebookseite. Allerdings geht sie einer weniger alltäglichen Freizeitbeschäftigung nach: Der Großwildjagd in Afrika (Welt, Focus). Sie betreibt ein hochumstrittenes, hochemotionales und ausgesprochen teures aber vollkommen legales Hobby. Daher hat sie auch das Recht darüber zu berichten. Dennoch bricht nicht nur ein Sturm der Entrüstung los, sondern über eine viertel Million Menschen hat bereits eine Petition an Mark Zuckerberg zur Löschung der Facebookseite unterzeichnet. Selbstverständlich kann man darüber diskutieren ob Jagd im Allgemeinen und Großwildjagd im Besonderen sein muss und sein darf, insbesondere nur um der Trophäen Willen, aber darum geht es im Grunde gar nicht. Es geht bei der Seitenlöschung um die Unterdrückung unliebsamer Meinungen und anderer Lebensentwürfe. Wenn man an der Großwildjagd etwas ändern will, muss man die Staaten angehen, die die Lizenzen zum Abschuss erteilen, aber das dauert und es ist viel einfacher mit ein paar Klicks Morddrohungen gegen den Jäger auszustoßen. Eine gelöschte Webseite, macht ein mögliches Problem unsichtbar, beseitigt es aber nicht. Weiterlesen

Fischers Filterideen

Vor ein paar Tagen hat der Direktor der Niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM), Andreas Fischer, vorgeschlagen in Deutschland Internetfiler nach britischem Vorbild einzuführen. Jetzt konkretisiert er, mit einer für einen studierten Juristen seltsam anmutenden Begründung, seine Pläne:

„Es soll keine Netzinfrastruktur geschaffen werden, die derart kontrolliert werden kann.“ Fischer betonte nun gegenüber heise online jedoch, dass eine staatsfreie Lösung zu bevorzugen sei: „Es soll kein staatlicher Filter per Gesetz eingeführt werden, sondern die Provider sollen das von sich aus machen.“
[…]
Es sei unbestritten, dass die Filter nicht einwandfrei funktionierten. Umso wichtiger sei es daher, dass die Provider schnell auf Beschwerden reagieren und korrigieren.

  • Die Filterung bedeutet einen tiefen Eingriff in die Kommunikation des jeweiligen Kunden. Sollte sich herausstellen, daß ein Kunde nur unzureichend über die Folgen in den Eingriff seiner Grundrechte informiert worden ist, muss der Provider mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen.
  • Offenbar weiß Herr Fischer als Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes nicht, wie privatwirtschaftliche Unternehmen arbeiten: Sie sind gewinnorientiert. Warum sollte daher ein Provider solche Filter auf freiwilliger Basis anbieten? Zunächst ist der Aufbau und vor allen Dingen die ständige Wartung der Filter, die sich nur sehr bedingt automatisieren lässt, eine Kostenstelle, der keine zu erwartende Mehreinnahme gegenübersteht. Auf diesen Mehrkosten dürfte der Provider sitzen bleiben, denn im harten Wettbewerb kann er diese nicht ohne Weiteres an die Kunden durch Preiserhöhungen weitergeben.
    Fazit: Aus betriebswirtschaftlicher und wettbewerblicher Sicht spricht somit alles gegen die freiwillige Einführung von Filtern.
  • Bereits heute ist die überwiegende Zahl der Hotlines ein Ärgernis für die Kunden und dies nur bei den ureigensten Aufgaben, die die Provider heute leisten, also Internetzugang und Hosting. Jetzt sollen diese Hotlines auch noch zusätzlich die Bearbeitung von Beschwerden von bekanntermaßen mangelhaft arbeitenden Filtersystemen übernehmen? Den daraus resultierenden Ärger und damit verbundene Kosten wird sich kein Unternehmen ohne Zwang antun.
    Fazit: Aus marketingstrategischer Sicht spricht daher ebenfalls alles gegen die freiwillige Einführung von Filtern.
  • Mit der freiwilligen Einführung dieser Filter setzt sich ein Provider unkalkulierbaren Haftungsrisiken aus, denn, wie Hr. Frischer selbst freimütig zugibt, arbeiten die Filter hochgradig fehlerhaft. Es ist also sichergestellt, daß binnen kürzester Zeit Unternehmen ungerechtfertigterweise auf den Sperrlisten landen werden, denen dann unter Umständen erhebliche finanzielle Einbußen drohen, ganz zu schweigen von der Rufschädigung. In der heutigen Zeit kann es für ein Unternehmen binnen Tagen den wirtschaftlichen Tod bedeuten, von der Internetkundschaft abgekoppelt zu werden. Ein Provider müsste für diese Fälle Vorsorge treffen, will er nicht selbst in den wirtschaftlichen Ruin getrieben werden. Ob er sich dagegen versichern kann — und wenn, dann nur zu horrenden Prämien —, dürfte fraglich sein, denn die Eintrittswahrscheinlichkeit falscher Sperrungen liegt bei 100%.
    Fazit: Auch aus haftungstechnischer Sicht spricht alles gegen die freiwillige Einführung von Filtern durch ein Unternehmen.

Es gibt also keinen logischen Grund warum ein Unternehmen solche Filtersysteme freiwilig einführen sollte. Allenfalls für kleine Nischenprovider mit einer kleinen, homogenen Zielgruppe, bspw. von Sekten für ihre Mitglieder genossenschaftlich betriebene Provider (gibt es solche in Deutschland überhaupt?), könnte die freiwillige Einführung in Betracht kommen, nicht aber für die breite Masse. Daß Hr. Fischer die flächendeckende Einführung von Filtern bei den Providern anstrebt ist von seiner Warte aus gesehen folgerichtig, werden doch die bereits vorhandenen Filtersysteme zur lokalen Installation auf dem PC von der Bevölkerung weitestgehend ignoriert. (Wobei ich der Überzeugung bin dies erfolgt mehr aus Unwissenheit, Desinteresse und Faulheit, denn aus aktiver Überzeugung.)

Was aber an der Begründung durch den Juristen Fischer am meisten überrascht ist seine Einstellung zu unserem Rechtssystem. Entweder der Jugenschutz ist eine staatliche Aufgabe, dann fällt es auch in den Aufgabenbereich des Staates für die einheitliche Durchsetzung auf seinem Hoheitsgebiet zu sorgen oder es ist nicht die Aufgabe des Staates, dann hat er sich allerdings auch rauszuhalten. Es kann aber keinesfalls angehen, daß hoheitliche Aufgaben unter der Prämisse einer freiwilligen Einführung mit unabsehbaren Rechtsfolgen privatisiert werden, noch dazu mit der Folge vollkommen uneinheitlicher Regelungen, da die Filter von Unternehmen zu Unternehmen Unterschiede aufweisen werden.

Internetfilter, die nächste Runde

Gerade erst wurde von Berliner Beamten unfreiwillig die Fehlerhaftigkeit und Gefährlichkeit von Internetfiltern aufgezeigt, kommt der Nächste und fordert Netzsperren, natürlich nur für Pornografie.

Zum „Safer Internet Day“ forderte der Direktor der Landesmedienanstalt von Niedersachsen (NLM), Andreas Fischer, Internetfilter nach dem Vorbild Großbritanniens:

Die sogenannten Pornofilter sind ein Instrument, um Eltern zu helfen, ihre Kinder vor nicht altersgerechten Inhalten aus dem Netz zu schützen“, sagte Fischer der Nachrichtenagentur dpa anlässlich des Safer Internet Day an diesem Dienstag. „Die großen deutschen Internetprovider sollten den britischen Weg ohne Vorurteile prüfen.

Gerade die Filter in Großbritannien haben ihre vorgebliche Aufgabe Pornografie zu filtern besonders schlecht ausgeführt und es steht nicht zu erwarten, daß sie dies in Deutschland auch nur einen Deut besser tun würden. Selbst wenn sie ihre Aufgabe fehlerfrei erfüllen würden, geht es letztlich darum eine umfangreiche Zensurinfrakstruktur aufzubauen, mit der auch andere Inhalte gefiltert werden können und auch werden. Steht eine solche Infrakstruktur ersteinmal zur Verfügung, kommen zu den Pornoseiten auch sehr schnell Seiten mit anderen Inhalten auf den Index. Anwärter gibt es genug. Glücksspiel sowieso — aber nur solches, welches nicht direkt dem Staat Einnahmen verschafft — , die Religionsgemeinschaften werden Religionskritisches gesperrt haben wollen, die „Contenindustrie“ Links auf unliebsame Seiten und selbstverständlich kann man dem Volk auch nicht alle politischen Inhalte zumuten. Auch sollten Seiten die eine ungesunde Lebensführung in irgendeiner Form (Tabak, Alkohol, Schokolade, etc.) zum Inhalt haben strikt kontrolliert werden. Ein weiterer ganz heißer Kandidat für vielfältige Sperrungsforderungen kommt aus der Ecke der Genderisten, bei denen es inzwischen ernsthafte Bestrebungen — man beachte hierzu das „Europäische Rahmenstatut zur nationalen Förderung der Toleranz¹ — gibt, Kritik am Feminismus als Haßrede zu verbieten.

Internetfilter jeglicher Art haben im allgemeinen Teil des Internets, also u.a. bei Providern, nichts zu suchen. Wer meint sie zu benötigen, soll sie sich dann in seinem Heimnetz installieren. Diese Lösung ist aber politisch eben nicht gewollt. Einerseits ist eine lokale Installation von Filterprogrammen nicht zentral steuerbar und kann jederzeit vom Inhaber abgeschaltet werden, andererseits wird schneller allgemein bekannt, welche Seiten auf dem Index (bspw. nicht-öffentliche Listen der BPjM) stehen.

Fuck Zensur

Deutsche Behörden haben gerade Beweis erbracht, daß Zensur des Internets nicht wirklich einwandfrei funktioniert und auch andere Sachverhalte gesperrt werden. Nachdem ein YouTube-Video eines abgehörten, privaten Telefongespräches zwischen der US-Diplomatin Victoria Nuland und dem US-Botschfter Geoffrey Pyatt in der Ukraine, in dem sie mit einem robusten „Fuck the EU“ unmißverständlich ihre Meinung kundtat, für reichlich Diskussionsstoff sorgt, konnten etliche Berliner Beamte die Berichterstattung darüber nicht verfolgen, da der behördeneigene Pornofilter auf Grund des Wortes „Fuck“ den Abruf entsprechender Seiten unterdrückte.

Man denke an die Zeit von Zensursula und ihre Kinderpornosperre zurück, wo hoch und heilig versprochen wurde, daß derartige Filter präzise funktionieren würden und niemals andere Inhalte gesperrt werden. Anders lautende Einwände von Kritikern wurden als substanzlos beiseite geschoben und diese als „pädokriminelle“ verunglimpft. Nun haben die Behörden selbst den Gegenbeweis erbracht und dabei auch mit aufgezeigt, daß eine einmal geschaffene Zensurinfrastruktur auch mit Leichtigkeit mißbraucht werden kann, um die Verbreitung beliebiger Inhalte zu behindern.

Um Weihnachten kam heraus, daß Großbritannien dieselbe Erfahrung mit Filtern gemacht hat, allerdings waren hier die Bürger betroffen. Der britische Internetfilter blockte nicht nur die Webseiten der Politikerin — Claire Perry —, die für die Einführung des Filters maßgeblich war, sondern u. a. auch die der British Library und der National Library of Scotland, sowie des Parlaments und von Wohltätigkeitsorganisationen.

Abgesehen von der Tatsache, daß wohl eine nicht unerhebliche Anzahl von EU-Bürgern Fr. Nuland zustimmen würde, ist die Aufregung über ihre Aussage übertrieben und scheinheilig. Viel interessanter ist der restliche Inhalt des Gespräches (Transkript), zeigt er doch einmal mehr recht gut auf, daß die Revolution in der Uraine von erheblichen äußeren Interessen gesteuert ist und keine Sache der Ukrainer alleine ist. Das wäre der eigentliche Diskussionspunkt in der Angelegenheit.

Größte Bedrohung der Freiheit im Netz

In einem Interview mit der Berliner Zeitung hat Ober-Piratin Marina Weisband (@Afelia, Homepage)eine bemerkenswerte Einsicht verlauten lassen: Weiterlesen

Filtersoftware gegen Kinderpornografie auf jedem Rechner

Bereits seit 2009 entfaltet das von Uwe Schünemann (CDU) gegründete Bündnis „White IT“ seine Aktivitäten zur Bekämpfung von Kinderpornografie. Hierzu bedarf es nach eigener Aussage mehr als einer „Sperre“ (besser bekannt als Internet-Stoppschild). Auf der CeBIT wurde nun eine Software als dieses „Mehr“ vorgestellt, doch dazu unten mehr. Verantwortlich für White IT zeichnet laut Impressum das »Niedersächsische Ministerium für Inneres und Sport Geschäftsstelle „White IT“«. Niedersachsen ist nicht nur bekannt für seinen Sumpf um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff, sondern auch für eine der vehementesten Kämpferinnen für das Stoppschild und Internetsperren: Ursula von der Leyen, auch bekannt als Zensursula. Diesmal ist allerdings die treibende Kraft Uwe Schünemann, der Innenminister von Niedersachsen. Die Aktivitäten rund um „White IT“ spielen sich im undurchsichtigen Bereich der „Public Private Partnership“ ab. Für die Gründung solcher PPPs in diesem Bereich gibt es eigentlich nur zwei Gründe: Weiterlesen

Hetze auf Facebook versus Meinungsfreiheit

Viele stimmen der Aussage Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut sofort zu, doch die Zustimmung läßt meist schnell nach, wenn die geäußerte Meinung allzu sehr von der eigenen abweicht. Einen harten Stresstest hierzu liefert derzeit die Facebookgruppe „Das saudische Volk will Vergeltung¹ an Hamza Kashgari“. Weiterlesen

Offener Brief an den Zentralrat der Muslime

Liebe Ratsmitglieder,

mir ist bewusst, daß Sie sich derzeit in einer schwierigen Lage befinden, seit ihr Glaubensbruder, der saudische Journalist Hamza Kashgari von Malaysia an Saudi Arabien ausgeliefert wurde und dort womöglich wegen dreier Tweets die Hinrichtung zu erwarten hat. Weiterlesen

Schuhe für ein Königreich

Wie bereits hier vor zwei Tagen (Todesstrafe wegen drei Tweets?) und an anderer Stelle ausführlich berichtet wurde, droht dem saudischen Journalisten Hamza Kashgari (حمزة كشغري) die Todesstrafe nachdem er von Malaysia an Saudi Arabien ausgeliefert wurde. Weiterlesen